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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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entsetzlichen Moment lang glaube ich, in einen verzauberten Abgrund gefallen zu sein, wo Zidana entweder eine Versammlung von Dämonen einberufen oder aber ihre Frauen in Monster verwandelt hat, denn die Gesichter, die sich mir jetzt im flackernden Licht zuwenden, sind zu grässlichen Grimassen verzerrt und klatschnass. Dann fällt mir ein, dass heute der fünfte Tag ist, an dem die Frauen sich ihren geheimnisvollen Schönheitsritualen widmen. Die Gestalten vor mir sind keine djenoun , sondern Haremsdamen mit Schönheitsmasken aus Ton oder zerstampftem Fruchtfleisch, das mit Henna und Öl behandelte Haar in klebrigen Spiralen hochgesteckt.
    In der Luft hängt der Duft von Mandeln und Myrte; in den Wandnischen ringsum brennt Räucherwerk. Beweise ihrer alchemistischen Machenschaften sind im ganzen Raum verstreut: niedrige Messingtischchen, auf denen sich Gerichte aus Eiern, Milch und Honig stapeln, Glasgefäße mit verschiedenen hellen Ölen, Granatapfelschale und Walnussrinde, Schalen mit gefärbtem Ton und Häufchen von Hennablättern.
    Selbst mit einer Gesichtsmaske aus Ton, die von herabgetropftem Henna beschmiert ist, bleibt Zidana unverwechselbar. Ihre schwarze Haut schimmert zwischen Unmengen von rotem Stoff und Dutzenden von funkelnden goldenen Armreifen an Hand- und Fußgelenken. Sie trägt eine mehrmals um den kräftigen Hals gewickelte Perlenkette, und schwere Goldringe ziehen die Ohrläppchen nach unten.
    »Ich bitte um Vergebung, Herrin …«, beginne ich.
    Sie macht den anderen Frauen ein Zeichen. »Verschwindet, raus mit euch! Kennt ihr denn keine Scham? Verhüllt eure Gesichter!«
    »Es ist doch bloß Nus-Nus«, gibt eine zurück, und die anderen kichern und werfen mir kokette Blicke über ihre Schleier zu, mit denen sie jetzt die untere Hälfte ihrer mit Ton verschmierten Gesichter verbergen. Dabei klappern sie mit den Wimpern, eine grauenvolle Parodie des Versuchs, mit mir zu flirten.
    Nur Nus-Nus. Das ist alles, was ich für sie bin. Ein Ding, an dem sie ihre Verführungskünste ausprobieren können.
    »Sind wir nicht schön, Nus-Nus?« Laila ist anmutiger als die meisten, mit schmalen Gelenken und Händen, die flattern wie die Flügel einer Lerche.
    Es gab eine Zeit, da hätte ich der hübschen Laila den Hof gemacht, doch jetzt spüre ich das nutzlose Verlangen und wende den Blick ab. »Zidanas Haremsdamen sind wie funkelnde Sterne neben dem vollkommenen Mond, der Herrscherin selbst«, gebe ich neutral zurück.
    »Hört auf, den armen Mann zu quälen, und verschwindet!« Zidana wirft eine Schale nach Laila und trifft sie an der Schulter, wobei ein Schauer von roten Blütenblättern herausflattert wie blutige Federn. Danach setzen sich die Frauen in Bewegung und lassen die Herrscherin und mich allein. Für jeden anderen Mann bedeutete das den sicheren Tod, ich aber bin nur Nus-Nus.
    Nus-Nus ist nicht der Name, mit dem ich zur Welt kam, und ich hoffe, es wird nicht der sein, mit dem ich eines Tages aus diesem Leben scheide, aber es ist der, den ich trage, seit ich Zidana vor fünf langen Jahren vorgestellt wurde. Zitternd und mit gesenktem Kopf wurde ich in ihr Gemach geführt, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, in Halseisen und Fußfesseln. Sie schrie die Wachen an, sie mir abzunehmen. Nicht etwa aus Mitgefühl, sondern weil die Präsenz von Eisen jeden Zauberspruch blockiert. Selbst als man mir die Fußfesseln abgenommen hatte, hielt ich den Kopf gesenkt. Ihre Füße waren genauso dunkel wie die meinen, mit rosafarbenen Sohlen. Die Gelenke, so sah ich, stämmig. Während ich beobachtete, wie die Füße um mich herumgingen, wusste ich, dass Zidana mich von Kopf bis Fuß in Augenschein nahm – die Stammesmale auf meinem Rücken, die kreuz und quer verlaufenden Narben, die von der Peitsche des Sklavenhändlers stammten, den silbernen Sklavenring im Ohr. Mit dem Stock, den sie stets bei sich hat, hob sie mein Kinn an und sah mir ins Gesicht.
    Man könnte meinen, dass ein Sultan, der sich bei den Frauen eines ganzen Kontinents und auch unter den fremden Gefangenen in seinem Reich bedienen kann, die schönste zu seiner Ehefrau erwählt. Zidana war niemals schön. Doch ihr Blick dringt durch die Haut und die Knochen bis auf den tiefsten Grund eines Mannes vor. Wenn sie dich ansieht, spürst du, dass sie jeden Makel und jede Schwäche in dir erkannt hat und obendrein die beste Methode, diese auszunutzen. Angst ist deine erste Reaktion, und auf erste Reaktionen kann man sich verlassen.
    »Wo ist dein

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