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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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Herrscher bedient sich derselben Methoden.«
    »Achthundert Köpfe auf Stadtmauer von Meknès!«, tönt Sharif schadenfroh.
    »Achthundert?« Mr. Pepys wirft mir einen Blick zu. »Fünfhundert Kinder, achthundert Köpfe und tausend Frauen. In Marokko gibt es von allem überreichlich!«
    Überall in der Halle stehen Buden, in denen die Waren feilgeboten werden. Verkäufer schlängeln sich durch die Menschenmengen und tragen Tabletts voller Süßigkeiten, Kämme, Orangen, Messer. Ich entdecke einen Mann, der Kladden und Tintenfässer verkauft, und schlage zu. Und der Kaid ersteht nach langer Überlegung einen großen Beutel Honigkuchen. Ein Mann, der Geflügel verkauft, übertrumpft seine Konkurrenten, indem er einen gottserbärmlich aussehenden Pfau an einer Leine zur Schau stellt, ein anderer Händler bietet uns heiße Eselsmilch an. Mr. Pepys schreitet auf dem kürzesten Weg zu einer Bude, an der Damenbekleidung verkauft wird, und verbringt genauso viel Zeit damit, die hübschen Kundinnen zu betrachten, wie damit, seinen Einkauf zu tätigen. Ich beobachte, wie er eine anspricht, die errötet und dann eilig davongeht. Er zuckt die Achseln und kehrt zu uns zurück. »Kommt, wir sehen uns die Quacksalber an, da hat man stets etwas zu lachen.«
    Am Ende der Halle stehen Händler auf den Stufen einer Treppe, um ihre Waren besser anpreisen zu können, und um sie herum hat sich eine große Menschenmenge versammelt, meistens Männer. Der Erste bietet eine Kräutertinktur »vom finsteren afrikanischen Kontinent« an. »Eure Weiber werden euch garantiert dankbar sein! Einen Löffel davon am Tag, und ihr könnt die ganze Nacht!« Er legt den Finger an die Nase und beugt sich in einer gespielt vertraulichen Pose vor. »Sie werden nicht mit euch mithalten können, und dann könnt ihr euch noch eine oder zwei Mätressen zulegen!« Der Rubel rollt. »Euer König muss ja einen ordentlichen Vorrat an solchen Kräutern haben«, bemerkt Mr. Pepys und lacht.
    »Er braucht nicht«, entgegnet Sharif empört, der die Anspielung verstanden hat.
    Der nächste Marktschreier wedelt mit etwas, das aussieht wie ein Ochsenziemer und auch tatsächlich einer ist. Außerdem verkauft er die Geschlechtsteile eines Löwen, eines Tigers und eines Wals. Und noch mehr geheimnisvolle afrikanische Kräuter, die meiner Ansicht nach nicht mehr als einfaches Fieberkraut, Betonien und Raute sind.
    Ein Dritter hat eine »universelle Pharmakopöe« zu bieten, einschließlich Bezoarsteinen, Moos vom Schädel eines hingerichteten Verbrechers, Speichel eines fastenden Mannes und Urin eines »reinen Knaben«.
    Um den letzten Händler hat sich eine große Menge von Frauen versammelt. Er hält ein Glasgefäß mit einer Flüssigkeit in die Luft, von der er behauptet, es handele sich um den »reinen Tau des Lenz, im Morgengrauen unter einer mächtigen Eiche gesammelt, der wahre Wunder für die Haut wirkt, selbst bei jenen, die von den Pocken gezeichnet sind«. Ich kann nicht anders und lache laut los. Nicht einmal in Marrakesch mit all seinen Scharlatanen käme jemand damit durch, einfach nur Wasser verkaufen zu wollen. Er hat auch »Gesundheitserbsen, um überflüssiges Gewicht abzubauen«. Und als ich es Sharif übersetze, kratzt er sich am Kopf. »Damit käme man in Marokko auf keinen grünen Zweig.«
    »Bei uns zu Hause wollen die Frauen dick sein«, erkläre ich unserem Gastgeber. »Sie essen jeden Tag eine Paste aus den Samenkörnern der Bittermelone und Honig, um zuzunehmen.«
    Mr. Pepys rollt die Augen. »Tja, Frauen. Ich liebe sie, aber mit siebenundvierzig verstehe ich sie genauso wenig wie mit siebzehn.«
    »Was ist das?«, fragt Sharif neugierig und zeigt auf eine Kiste mit kleinen Hunden neben dem Händler, winzig klein, höchstens einige Tage alt.
    Mr. Pepys führt uns weiter. »Menschen sind zu den unmöglichsten Dingen im Stande, wenn es darum geht, ihre vermeintlichen Zipperlein oder Defizite zu bekämpfen. Ich fürchte, die Kleinen sind dafür bestimmt, in Wein gekocht und zu Saft verarbeitet zu werden, angeblich ein Bleichmittel für die Haut.«
    Wir wollen die Halle gerade verlassen, als ich ganz deutlich die Worte »magisches Elixier« und »… schenkt dem Patienten seine ursprüngliche Jugend und Schönheit wieder« vernehme. Ich zupfe unseren Begleiter am Ärmel. »Wartet!«
    »Was ist, lieber Freund?«
    »Jemand hat hier gerade ein Elixier angepriesen, doch ich weiß nicht, wer.« Vergebens blicke ich mich in der Menschenmenge um.
    Er lacht.

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