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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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Nus-Nus dich begleiten.«
    Ich öffne den Mund, um zu protestieren. Ich hatte gehofft, Momo in den Gemächern der Herzogin aufsuchen zu können, doch dann fällt mir ein, dass der König sicher auch an den Feierlichkeiten teilnehmen wird, und wer weiß, welche Möglichkeiten sich ergeben könnten? Also halte ich den Mund. Die Schriftrolle trage ich nun ständig bei mir. Ich habe sie sogar in die Bäder von Charing Cross mitgenommen, nachdem ich es leid war, mich mit lauwarmem Wasser aus einer Schüssel zu waschen, die ich von der Küche drei Stockwerke hochtragen musste. Dort wurde ich ziemlich seltsam beäugt, obwohl ich meine qamis anbehielt.
    Die Prozession wäre überall auf der Welt ein Spektakel, doch die Kirche selbst ist ein Wunder mit ihren turmhohen Säulen und dem prächtigen Kuppeldach. Nur die naturgetreuen Abbilder der Toten, die überall in ihren Nischen lauern, sind Furcht einflößend, denn im flackernden Licht der zahllosen Kerzen scheinen sie sich manchmal zu bewegen.
    Wenn ben Hadou gehofft hatte, Sharif und ich würden nicht auffallen, so wird er wahrscheinlich enttäuscht sein, denn kaum haben wir unsere Plätze unter dem gemeinen Volk eingenommen, bahnt sich ein Hofbeamter einen Weg zu uns und erklärt, man habe Plätze für uns reserviert, von wo aus wir einen besseren Blick auf die Prozession hätten, und nach einigem Geschiebe, bei dem wir etlichen Leuten auf die Füße treten, gelangen wir endlich zu den Kirchenbänken in Sichtweite Seiner Majestät, die den Gästen des Königs vorbehalten sind.
    Über die eigentliche Zeremonie will ich nur sagen, dass sie so beeindruckend und feierlich war wie ein Theaterstück, doch als die Musik einsetzt, versinke ich in Ehrfurcht, denn der Klang der riesigen Orgel erfüllt den ganzen Raum, bis hin zu der hohen Decke. Zuweilen hört sie sich an wie das Brüllen eines Löwen, dann wieder wie das Zwitschern eines Vogels, und jedes Mal, wenn der Chor mit seinen süßen Stimmen dazukommt, klingt es wie eine Unterhaltung von Engeln oder als hallte die Stimme Gottes durch die Abtei. Ich bin ergriffen und merke nicht einmal, wie mir die Tränen über die Wangen laufen, bis mich Sharif sanft mit dem Arm anstößt und mir beunruhigt ein Zeichen macht, sie wegzuwischen.
    »Wenn dem Sultan zu Ohren kommt, dass du bei diesem heidnischen Schauspiel in Tränen ausgebrochen bist, können wir alle was erleben«, zischt er mir während einer Pause zu.
    Natürlich habe ich keine Gelegenheit, mit dem König zu sprechen. Ich beobachte, wie er in den Huldigungen seiner Untertanen schwelgt, die in der Hoffnung, ein Wort oder eine Berührung ihres Königs zu erhaschen, denen sie offensichtlich eine besondere Magie zuschreiben, nach vorne drängen. Unwillkürlich muss ich an den Kontakt unseres Herrschers mit seinem Volk denken, der im Allgemeinen dessen Gesundheit weniger zuträglich ist.
    Gerade als wir gehen wollen, vernehme ich eine Stimme hinter uns. »Schönen guten Tag, die Herren.« Ich drehe mich um und stehe vor einem der Gäste neulich beim Abendessen der Herzogin von Portsmouth. Er lächelt, und da erinnere ich mich an die Beschreibung, die mir Nelly von ihm gab, und mir fällt rechtzeitig sein Name ein. »Guten Tag, Mr. Pepys, welche Freude, Euch wiederzusehen.« Ich stelle ihm Kaid Sharif vor, der nur gebrochen Englisch spricht. Sharif verbeugt sich und bleckt seine vom vielen Zucker verfaulten Zähne.
    »Habt Ihr es eilig, wieder nach Whitehall zu kommen, oder darf ich Euch einladen, den Lichtmessmarkt in Westminster Hall zu besuchen? Der Anblick lohnt sich.«
    Ich übersetze für Sharif. »Einen englischen souq ? Gewiss, das würde ich gern sehen.«
    Mr. Pepys führt uns durch die Kreuzgänge hinter der Abtei in den Garten, um der Menschenmenge aus dem Weg zu gehen. Es ist ein friedliches Fleckchen Erde in der blassen Februarsonne, mit Kräuter- und Gemüsebeeten und kahlen Obstbäumen. Ich bücke mich und sehe mir die silbergrünen Blätter einer Pflanze am Wegesrand an.
    »Diese Pflanze wächst auch in Meknès«, erkläre ich unserem Begleiter. »Wir nennen sie sheeba , Ihr werdet sie wahrscheinlich unter dem Namen Artemisia oder Wermut kennen.«
    Unser Begleiter bückt sich ebenfalls, um sich die Pflanze genauer anzusehen, und dabei rutscht ihm etwas aus dem Kragen. Zwar steckt er es hastig wieder hinein, doch in diesem kurzen Moment sehe ich ein Stück Fell und eine Kralle. Er bemerkt es und sagt verlegen: »Eine Hasenpfote, sie soll vor Koliken schützen.

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