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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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körperlich. Darin erinnert er mich an Ismail. Sie haben denselben rastlosen Geist und dieselben flinken Beine. Ich hörte, dass König Karl im Morgengrauen aufsteht, um zu wandern oder Tennis zu spielen, dass er schwimmt und reitet, auf die Jagd geht und tanzt – und zweifellos seine Mätressen beglückt –, und alles mit der Dynamik eines Mannes, der nur halb so alt ist wie er. Jedenfalls habe ich Mühe, ihm zu folgen, als er sich durch die Zuschauer zum Ausgang drängt und durch einen Gang nach dem anderen eilt, obwohl ich längere Beine habe als jeder andere. Ich blicke mich um und sehe, wie die mit Instrumenten bepackten Musiker, Mr. Pepys, der junge Cembalist und knapp dahinter ein misstrauischer ben Hadou vergeblich versuchen, mit uns Schritt zu halten. Ist jetzt die Gelegenheit gekommen? Man hat mir strikt beigebracht, nur dann mit einem Herrscher zu sprechen, wenn er zuvor mich angesprochen hat, doch vielleicht ist es meine einzige Chance. »Sire«, beginne ich, nachdem ich all meinen Mut zusammengenommen habe. »Ich würde Euch gern in einer wichtigen Angelegenheit sprechen.«
    Er wirft mir einen neugierigen Blick zu. »Tut Euch keinen Zwang an.«
    »Es gibt eine Dame, Sire …«
    Er bricht in Gelächter aus. »Ah, eine Dame gibt es immer. Wie ich sehe, habt Ihr Eure Zeit hier nicht vergeudet.«
    »Die Dame, um die es geht, lebt in Marokko, Sire, am Hof des Sultans. Im Harem des Sultans, um genauer zu sein. Sie ist Engländerin und stammt aus guter Familie.«
    »Ach ja, Nelly hat davon gesprochen. Fahrt fort.«
    Ich schildere ihm mit knappen Worten Alys’ Gefangenschaft.
    »Und wie heißt dieser Ausbund an Tugend?«
    »Alys, Sire, Alys Swann.«
    »Und woher, sagtet Ihr, kommt sie?«
    »Aus Den Haag, Sire. Ihr Vater war ein Anhänger der Royalisten und flüchtete während des Krieges in die Niederlande.«
    Sein Gesicht wird ausdruckslos, seine Schritte verlangsamen sich, bis er stehen bleibt. »Davon möchte ich nichts hören.«
    In meiner Unbesonnenheit fahre ich rücksichtslos fort. »Hört mich bitte an, Sire. Sie bat mich, Euch das hier zu geben, falls ich jemals die Gelegenheit bekäme. Sie hat es eigenhändig genäht und verschlossen, um den Inhalt geheim zu halten.« Ich hole die Schriftrolle hervor und reiche sie ihm, während ich sie mit meinem Körper abdecke, damit diejenigen, die hinter uns kommen, sie nicht sehen können. Und als er zögert, drücke ich sie ihm förmlich in die Hand. »Bitte lest sie, Eure Hoheit. Drei Menschenleben hängen davon ab.«
    Eine lange Zeit stehen wir da, während der Rest der Musikgesellschaft immer näher kommt und ich denke, jetzt ist alles vorbei, ich habe versagt. Vielleicht sieht er die Verzweiflung in meinen Augen, denn schließlich steckt er die Schriftrolle in sein Wams.
    »Ich mag keine Intrigen, junger Mann«, sagt er und geht dann weiter. »Doch ein Mensch, der die Musik so sehr liebt wie Ihr, muss ein ehrliches Herz haben, deshalb will ich Euch vertrauen.«
    Was in der nächsten Stunde geschah, weiß ich kaum mehr, so euphorisch war ich, nachdem ich meinen Auftrag erfolgreich erledigt hatte. Ich erinnere mich vage daran, dass ich mit dem König ein Duett auf der spanischen Gitarre spielte und dass er mir weit überlegen war. Mr. Pepys spielte das Flageolett und ich die Laute, begleitet von Violinen und Mr. Purcell am Spinett. Letzterer erzählte mir mit leuchtenden Augen, Nordafrika wäre ihm eine großartige Inspiration gewesen bei dem Stück, das er gerade komponiere, eine Liebesgeschichte zwischen einem griechischen Helden und einer tragischen Königin aus Karthago, es freue ihn ganz außerordentlich, meine Bekanntschaft zu machen.
    Meine euphorische Stimmung wird schon bald von ben Hadou zerstört. Als sich die Gesellschaft langsam zerstreut, packt er mich am Arm und zerrt mich in Richtung unserer Gemächer. »Du bist also allem Anschein nach entschlossen, unsere Mission zu sabotieren? Zuerst blamierst du uns im Park bis auf die Knochen, und dann behandelst du unseren Gastgeber, als wäret ihr ebenbürtig statt König und Sklave. Ich bin der Gesandte, und wenn einer von uns sich an den König wenden will, dann sollte ich es sein. Worüber habt ihr gesprochen?«
    »Über Musik«, lüge ich.
    Er grunzt. »Nichts anderes?«
    Ich schüttele den Kopf und wage es nicht, auch nur ein weiteres Wort zu sagen.
    Kurz nach Mitternacht klopft es leise an meiner Tür. Verschlafen öffne ich und stehe vor einem Lakaien, der mir ein Silbertablett entgegenstreckt,

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