Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
dichten Haar, Armreifen reichen vom Handgelenk bis zum Ellbogen. Ein Wunder, dass sie die Arme überhaupt heben kann, aber immerhin ist sie so muskulös wie ein Mann. Ihre Haut ist pechschwarz, so wie die des Eunuchen Nus-Nus – der mit dem maskenhaften Gesicht. Sie hält ihren Unterarm an meinen und lacht über den Kontrast. Es ist kein freundliches, sondern ein spöttisches Lachen, als wollte sie sich über mich lustig machen, als wollte sie den Unterschied zwischen ihr – dunkel, leuchtend, üppig, sinnlich – und mir – blass, dünn, schwach – unterstreichen. Sie grinst so breit, dass ich ihre Goldzähne sehen kann, und auch die Lücken da, wo andere fehlen, doch ihre Augen funkeln mich an wie Stücke von steenkool , hart, kalt und versteinert.
Dann dreht sie sich um, nimmt einer ihrer Dienerinnen etwas ab und reicht es mir. Es ist eine Tasse, so golden wie der Gral, und darin schwappt eine dunkle, dampfende Flüssigkeit, die einen seltsamen Geruch verbreitet. Die ganze Zeit spricht sie behutsam auf mich ein und tätschelt meinen Arm, als wollte sie mir mit der Berührung eine Botschaft vermitteln.
Was immer diese Tasse enthält, ich möchte es nicht trinken. Ich schüttele den Kopf und schiebe ihre Hand so höflich wie möglich zurück, doch sie lässt nicht locker, sie hebt sie sogar an meine Lippen und umfasst mit der anderen Hand meinen Kopf, um mich zum Trinken zu zwingen. Die Flüssigkeit hat einen durchdringenden, bitteren Geruch. Ich drehe den Kopf weg. Sie versucht es erneut, nachdrücklicher, und wird ärgerlich, als ich mich wehre. Dann kneift sie mich mit unverhohlener Gehässigkeit in den Arm.
Ich schreie auf und schlage ihr die Tasse aus der Hand. Die dampfende Brühe ergießt sich über den Teppich, und sie stapft um mich herum, reißt frustriert die Arme hoch und verflucht mich mit klirrenden Armreifen vor ihrem heidnischen Gott.
Ich fürchte mich vor ihr, aber ich werde es nicht zeigen, obwohl meine Beine zittern, und ich hoffe, dass sie es nicht merkt. Sie wirft mir noch einen wütenden Blick zu und rauscht davon, nachdem sie den Frauen mit schriller Stimme befohlen hat, ihr zu folgen. Dann lassen sie mich zum Glück in Frieden.
Doch es dauert nicht lange, bis sie zurück ist, und diesmal hat sie einen Mann bei sich. Er ist so groß, dass er die ganze Türöffnung ausfüllt, und einen Augenblick lang habe ich das irrationale Gefühl, dass sie beide zusammen das gesamte Licht im Raum verschluckt haben, bis nichts mehr für mich da ist. Dann tritt er näher, und ich erkenne, dass es Nus-Nus ist.
»Guten Tag, Alys«, sagt er, ohne zu lächeln.
Ich bringe kein Wort heraus, denn seine Augen lassen mich nicht los, und das Gewicht seines Blicks lastet zu schwer auf mir.
»Geht es Euch gut, Alys? Ihr seid so blass.«
»Ich bin derart hellhäutig, wie wollt Ihr da einen Unterschied erkennen?«
Er senkt den Kopf. »Ich möchte mich für mein Verhalten beim letzten Mal entschuldigen. Hoffentlich habe ich Euch nicht beleidigt.«
Ich erinnere mich daran, wie er mich ausgelacht hat, und richte mich zu meiner ganzen Höhe auf. »Durchaus nicht, Sir. Es ist bereits vergessen.«
Unsere Worte sind vorsichtig, aber ein dunkler Abgrund erstreckt sich zwischen uns. Er hat mich nackt und misshandelt wie ein Tier gesehen.
Die Königin redet auf Nus-Nus ein, und ich sehe, wie sich seine Augen weiten. Dann sagt er: »Hört mir gut zu, Alys. Nickt und lächelt, wenn ich es Euch sage. Zeigt keinerlei Empörung, Äußerlichkeiten sind wichtig, wenn man hier überleben will. Ihr müsst lernen, ein zweites Gesicht zu tragen, eins, hinter dem Ihr Euer eigenes versteckt. Habt Ihr mich verstanden?«
Ich nicke, doch mein Herz beginnt zu rasen. Was kann schlimmer sein als das, was ich bereits erlebt habe?
»Sie hat Euch etwas zu trinken mitgebracht. Nehmt die Tasse und bedankt Euch. Nehmt sie und küsst ihr zum Zeichen Eurer Dankbarkeit die Hand. Ich werde ihr später erklären, dass Ihr die Ehre, die sie Euch zuvor erwies, nicht verstanden habt. Aber, und das ist sehr wichtig, Alys: Trinkt nicht davon. Tut so, als nähmet ihr einen Schluck, dann lasse ich mir irgendeinen Vorwand einfallen, um sie von hier wegzulocken. Gießt die Flüssigkeit weg, ohne dass jemand Euch dabei beobachtet, und bereitet Euch darauf vor, mir die leere Tasse in ein paar Minuten wiederzugeben.«
Mir wird erst heiß, dann kalt. »Versucht sie etwa, mich zu vergiften?«
»Lächelt«, drängt er, und ich gehorche. »Nicht ganz. Ich
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