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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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erkläre es Euch, sobald ich kann.«
    Die Königin schnippt mit den Fingern, und eine Sklavin erscheint mit der wieder gefüllten Tasse. Ich kann den Blick nicht davon abwenden. Was ist das? Nicht ganz ein Gift. Etwas, das mich krank macht, aber nicht tötet? Wie kann sie mich in dieser kurzen Zeit dermaßen hassen? Welche Bedrohung stelle ich für sie dar?
    »Nehmt die Tasse und dankt ihr überschwänglich«, drängt Nus-Nus.
    Ich spüre, wie besorgt er ist. Ist das sein wahres Gesicht unter dem »zweiten«? Es hat Falten, die mir zuvor nicht aufgefallen waren, Zeichen von Anspannung um die Augen und den Mund. Er ist ein sehr gut aussehender Mann, würdevoll, beeindruckend, ein Gedanke, der mich selbst schockiert. Sofort meldet sich die Stimme meiner Mutter, wie sie außer sich sagt: Er ist ein Wilder, ein Sklave: rabenschwarz! Eigentlich ist er gar nicht ganz schwarz, seine Haut ist nur sehr dunkelbraun, etwa so wie die geliebte Eichenbank meiner Großmutter, poliert und verdunkelt von der Zeit und unzähligen Hosenböden, die darauf gesessen haben. Sie sieht warm aus, seine Haut, während meine kalt ist. Ich merke, dass ich schon wieder zittere und meine Knie unter dem fremden Gewand nachzugeben drohen.
    »Die Tasse«, sagt er heiser, und ich wende mühsam den Blick von ihm ab, nehme das Ding an und erinnere mich sogar daran, ihre Hand zu küssen. »Vielen Dank, Mylady, das ist sehr freundlich«, plappere ich. »Wie reizend von Euch.«
    Sie beobachtet mich aufmerksam. Ich komme mir vor wie eine Fliege im klebrigen Netz einer Spinne, die mich im Blick hat und sich trotzdem Zeit lässt, bevor sie sich über ihre Beute hermacht.
    »Tut so, als würdet Ihr daran nippen«, sagt Nus-Nus, und ich führe die Tasse zum Mund, bis meine Lippen die Flüssigkeit berühren. Sie ist warm und entsetzlich übel riechend. Mehr bringe ich nicht über mich.
    »Sagt ihr, der Geschmack sei mir fremd, doch ich sei sehr dankbar für ihre Sorge und würde jeden Tropfen trinken«, erkläre ich dem Eunuchen und beobachte, wie er es übersetzt. Die Königin nickt, rührt sich jedoch nicht vom Fleck. Ich nehme einen neuen kleinen Schluck, und diesmal gerät die Flüssigkeit zwischen meine Lippen und berührt die Zunge. Trotz des süßlichen Geruchs schmeckt sie bitter wie Wermut. Vielleicht ist es ja Wermut. Ich verschlucke mich, und die Frau lächelt. Nus-Nus wirkt alarmiert und redet eindringlich auf die Königin ein, um ihre Aufmerksamkeit abzulenken. Dann wenden sich beide zum Gehen und verlassen mein Zimmer. Einen Moment später folgen die anderen, denn es interessiert sie mehr, worüber die beiden reden, als zuzusehen, wie ich das bittere Zeug schlucke.
    Ich hebe einen Zipfel des Teppichs an und kippe die Tasse aus. Dann setze ich mich auf den Diwan und warte, bis sie wieder auftauchen, die leere Tasse pflichtbewusst im Schoß. Als sie zurückkommen, tritt die Königin zu mir und inspiziert erst die Tasse, dann meine Umgebung. Zidana ist misstrauisch, doch die Flüssigkeit ist bereits im ungefliesten Boden versickert. Wir lächeln uns unaufrichtig an, dann geht sie.
    Nus-Nus macht einen Schritt auf mich zu. »Der Sultan wünscht heute Abend erneut Eure Anwesenheit.«
    Es fühlt sich wie ein Schlag in die Magengrube an. Fast hätte ich gewürgt, aber dann reiße ich mich zusammen, weil ich weiß, dass sie mir nur noch mehr von der bitteren Flüssigkeit aufdrängen würden.
    »Haltet durch, Alys«, sagt er. »Es ist ein gutes Zeichen. Ihr steht in seiner Gunst.« Er wendet sich ab.
    »Was war in der Tasse?«, rufe ich ihm nach, doch er antwortet nicht. Stattdessen tritt er hinaus in den Innenhof und kommt einen Moment später mit einem grünen Zweiglein zurück.
    »Wenn Ihr mich je brauchen solltet, schickt mir Eure Sklavin mit einem Korianderstängel, dann komme ich sofort«, sagt er.

VIERZEHN
    A lys ist zur Lieblingsfrau des Sultans avanciert; drei Mal hat er in der letzten Woche nach ihr verlangt. Ich habe den Verdacht, dass er sie sogar jeden Abend rufen ließe, würde er damit nicht Zidanas Zorn endgültig heraufbeschwören.
    So wie es ist, schäumt sie ohnehin genug. Sie tituliert Alys als den Weißen Wurm, als Schlange, Englische Bohnenstange oder beschimpft sie mit anderen nicht besonders schmeichelhaften Ausdrücken. In dieser Angelegenheit bin ich wie in anderen auch zu Zidanas Vertrautem geworden. Ständig beschwert sie sich, dass Ismail sie vernachlässigt, denn seit Alys zum Harem des Sultans gehört, hat er keine einzige

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