Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

anzuziehen. Er legt eine Hand auf ihr nacktes Gesäß und bewegt es zärtlich hin und her; dann wechseln die beiden einen Blick, der niemals für die Augen eines Fremden bestimmt war, und zum ersten Mal überschwemmt mich Eifersucht wie Lava.
    »Ist es nicht erstaunlich, mit welcher Entschlossenheit dieses fragile Geschöpf meine Aufmerksamkeiten erträgt, Nus-Nus? Sie hat eine solche Willenskraft; sie zügelt sogar ihre Leidenschaft! Sie ist klug, sie versteht die wahre Natur des Überlebens und denkt an morgen. Statt sich mit Zähnen und Klauen zu wehren wie die kleine Berberhexe, hält sie ihre Gefühle unter Kontrolle. Sie erinnert mich an einen meisterlichen Reiter, der einem wilden Hengst seinen Willen aufzwingt. Stell dir vor, welche Stärke eine solche Zurückhaltung erfordert. Sie ist wunderbar! Solche Kinder wird sie mir schenken: körperlich kräftig und geistig durchsetzungsfähig.« Als er sich zu mir umwendet, leuchten seine Augen triumphierend. »Ich habe einen Plan, Nus-Nus, und auch er ist wundervoll. Ich werde mein Heer verstärken, werde es verhundertfachen, und mit diesem Heer werde ich alle fremden Invasoren zurückschlagen: die Portugiesen aus Mehdia, die Spanier aus Mamora, Larache und Asilah, die Engländer aus Tanger. Ich werde mein Königreich von den Ungläubigen säubern, zum Ruhme Allahs. Alle Fremden, die sich hier aufhalten dürfen, werden meiner Herrschaft unterliegen. Meine Korsaren werden die Meere und Küsten unaufhörlich nach weißen Frauen absuchen, damit ich sie mit meinen bukhari kreuzen und daraus ein Heer heranbilden kann, wie es die Welt noch nie gesehen hat, ein Heer, das das Beste aus der schwarzen und der weißen Rasse in sich vereinigt.«
    Er geht mit ausgebreiteten Armen in seinem Gemach auf und ab, und seine Stimme steigt bis zum Gewölbe der hohen Kuppel auf. Er spricht davon, dass er den mohammedanischen Glauben erneut über ganz Spanien verbreiten und bis an die Tore des katholischen Sonnengottes in Frankreich tragen wird: ein neues Kalifat, noch größer als das Reich der Almohaden-Dynastie. Seine Rede ist mitreißend, überzeugend und theatralisch. Doktor Lewis hat mich in die italienischen Theater mitgenommen, und dort sah ich ähnlich große Gesten wie diese, Gesten, die dazu bestimmt sind, ein Publikum zu erreichen. Hier sind es nur zwei, vor denen er auftreten kann. Ich werfe Alys einen Blick zu, um zu sehen, was sie von diesem wilden Drama halten mag, doch ihr Gesicht ist Ismail zugewandt wie eine Blume der Sonne. Sie kann höchstens hin und wieder ein Wort seiner flammenden Rede verstehen, aber seine Energie reißt sie offensichtlich mit. Der Sultan hat ein unwiderstehliches Charisma und zieht andere unwillkürlich in seinen Bann. Das macht ihn so mächtig – und so gefährlich.
    Die bukhari , von denen er sprach, sind eine Elitetruppe der Schwarzen Garde, die er aus den Ländern im Süden hierhergeholt hat, nachdem sie bei Überfällen in der Sahara gefangen genommen oder gegen Salz und Eisen eingetauscht worden sind. Er fängt oder kauft sie, bekehrt sie zum mohammedanischen Glauben und lässt sie den Treueid auf den Salih al-Bukhari schwören, die heiligen Worte des Propheten. Anschließend schenkt er ihnen ein Exemplar des Werks, ein wirklich kostbares Ding, und sichert sich damit ihre ewige Loyalität. Inzwischen hat er sie schon eine ganze Weile mit schwarzen Sklavinnen gekreuzt, im frühen Alter verheiratet und zu häufigem Geschlechtsverkehr ermuntert, damit sie viele Nachkommen zeugen. Tausende von diesen Kindern werden in den Provinzen erzogen, wo er seine Truppen stationiert hat, bis die Kasernen hier fertig gestellt sind. Wenn sie zehn Jahre alt sind, werden die Jungen in den Kriegskünsten, die Mädchen in den häuslichen Pflichten unterwiesen, und sobald sie die Pubertät erreichen, werden sie verheiratet und aufgefordert, selbst Kinder zu bekommen. Seit Jahren schon behauptet Ismail, dass die so herangezüchteten Truppen die besten der Welt sein werden. Doch das hier ist ein neuer Dreh in seinem Plan.
    Jetzt wendet er mir den Rücken zu, beflügelt von seiner eigenen Idee. »Stell dir vor, Nus-Nus, stell dir bloß mal vor, was für Kinder du mit einer Frau wie Alys machen könntest, wenn du ein ganzer Mann wärst.«
    Bei diesen Worten empfinde ich einen kalten Hass auf ihn, der mich selbst überrascht. Sogar wenn der Sultan mich zu Tode erschreckte, ja ganz besonders, wenn er mich zu Tode erschreckte, stand meine Loyalität außer Frage. Doch