Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
vertraut. Sex, Magie und Zärtlichkeit: Das sind die mächtigsten Waffen im Arsenal einer Frau, und niemand weiß sie besser zu gebrauchen als Zidana. Sie hat ihm bereits drei kräftige Söhne geboren – Zidan, den anerkannten Thronfolger, Ahmed den Goldenen, der jetzt drei ist, und zu Anfang des Jahres den kleinen Abdel Malik. Da sie so dick ist, hatte bis zur Geburt niemand gemerkt, dass sie schwanger war. Offenbar platzte er wie ein kleiner djinn aus heiterem Himmel in die Welt hinein. Sie ist die Hauptfrau, deshalb müssten erst alle drei sterben, ehe irgendwer anders ihren Platz in der Thronfolge einnehmen könnte. Bis vor wenigen Tagen noch hätte ich das für absolut unmöglich gehalten, doch jetzt bin ich mir auf einmal nicht mehr so sicher.
Ich warte, bis Zidana die letzte Salbe aufgetragen, mit heilendem Honig abgedeckt und einen Tuchstreifen kreuz und quer über die Bisswunden auf Rippen und Schultern geführt hat – wie entschlossen die Kleine gewesen sein muss, ihre Zähne in diese knochigen Teile zu versenken, tief genug, um ihn zu verletzen –, dann folge ich ihr hinaus in den Gang. Dort, außer Hörweite der Wachen, erzähle ich ihr, was ich im Diwanbuch gefunden habe.
»Ich wusste, dass etwas im Gange war, als er seinen Neffen kastrieren ließ.«
Ich werfe ihr einen raschen Blick zu. »Samir Rafik? Der meinen Platz eingenommen hat?«
»Natürlich. Glaubst du, Abdelaziz hätte kastrierte Neffen im Überfluss?«
Der Mann ist ein Monster. Selbst seine eigene Familie bedeutet ihm nicht mehr als ein Mittel zur Macht.
Sie stöhnt angesichts meiner Ahnungslosigkeit. »Warum kommst du mit dieser Information zu mir?«
»Wir beide hassen ihn. Ich dachte, du könntest Gebrauch davon machen.«
»Du meinst, du dachtest, ich sollte es dem Herrscher erzählen.«
Ich warte gespannt, aber sie seufzt nur. »Glaubst du wirklich, ich würde die Chance, meinen Feind zur Strecke zu bringen, am Schopf ergreifen? Es braucht viel mehr als ein paar in ein Buch gekritzelte Worte für einen Mann, der nicht lesen kann. Bring mir handfeste Beweise für die Verschwörung des hajib , wenn du seinen Untergang willst.« Sie lacht über mein bestürztes Gesicht. »Dummkopf! Leg dein Buch in die Truhe, wenn er heute Abend zum Beten geht, und es wird restauriert werden.«
Ich erinnere mich an den Safawiden-Koran und schaudere.
Vor dem letzten Gebet mache ich folgenden Eintrag in das Diwanbuch des Sultans:
Dritte Woche, erster Tag, Rabi’ al-thani
Illi, Berberprinzessin. Grauenhaft.
DREIZEHN
Alys
M ehr als eine Woche ist vergangen, und ich wurde nicht wieder zum Bett des Sultans gerufen. Im Moment bin ich erleichtert, dass sich diese abscheuliche Begegnung nicht wiederholen wird. Aber habe ich etwas erreicht? Das ist die Frage, die mich quält. Ist es denn überhaupt möglich, von solch einer seltsamen Paarung schwanger zu werden?
Nach der Vergewaltigung haben mich zwei schnatternde, dunkelhäutige Mädchen wie ein Baby gewickelt, um die Saat, die er möglicherweise eingepflanzt hat, nicht zu gefährden. Als sie mich am nächsten Tag wieder von den Tüchern befreiten, berührten sie meine Haut mit staunenden Händen, bohrten die Finger in meinen Arm oder kniffen mich ins Fleisch, um zu sehen, wie schnell es sich rot färbte. Nachdem sie mich gewaschen, abgetrocknet und angekleidet hatten, wurde ich auf eine schulterhohe Bahre gesetzt und durch die Innenhöfe des Harems getragen, während die übrigen Frauen hohe, schrille Schreie ausstießen, wobei sie ihre Zungen hin und her schnellen ließen wie die Insassinnen eines Tollhauses.
Für sie war es offenbar so etwas wie eine Feier, mir aber wurde fast übel, wenn ich sie nur ansah. Und so wandte ich den Blick ab. Über ihren Köpfen gab es bogenförmige Kolonnaden und üppig wuchernde Blumen, kleine Vögel, einen tiefblauen Himmel. Irgendwo da oben blickte der Gott herab, den ich verschmäht hatte, richtend, richtend …
Ich habe um meine Sünden geweint, bis ich keine Tränen mehr hatte.
»Alys!«
Mein Name, fremdartig ausgesprochen, als lägen die Silben weit auseinander. Ich blicke auf und sehe, dass es die Königin ist – oder welchen Status auch immer sie hat –, die mich besuchen will. Sie ist unglaublich dick und von Kopf bis Fuß mit protzigen Edelsteinen behängt. Ketten aus Gold und Perlen liegen um ihren kräftigen Hals, schwere Anhänger ziehen ihre Ohrläppchen nach unten, ein mit Pailletten und Juwelen geschmücktes Stirnband verschwindet unter dem
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