Die Smaragdreihe 1 - Der Zauberer der Smaragdenstadt
nicht schwerer fallen, als dem Scheuch ein Gehirn zu geben."
„Wenn ihr mich mitnehmt, so will ich auch in die Smaragdenstadt ziehen und den Großen Goodwin um ein Herz bitten. Das ist mein sehnlichster Wunsch."
„Oh, liebe Freunde", rief Elli aus, „wie froh ich bin! Jetzt seid ihr zwei, die sehnliche Wünsche haben!"
„Komm mit uns", sagte auch der Scheuch.
Der Eiserne Holzfäller bat Elli, seine Ölkanne zu füllen und in den Korb zu legen.
„Wenn's regnet, könnte ich wieder einrosten", sagte er, „und ohne die Ölkanne ergeht's mir schlimm..."
Er nahm die Axt, und sie schritten nun zu viert durch den Wald auf den gelben Backsteinweg zu.
Es war für Elli und den Scheuch ein großes Glück, einen so starken und geschickten Gefährten wie den eisernen Mann gefunden zu haben.
Als der Holzfäller sah, wie sich der Scheuch im Gehen auf seinen knorrigen Knüppel stützte, da schnitt er einen geraden Ast von einem Baum ab und machte daraus im Handumdrehen einen Spazierstock für den Strohmann.
Bald kamen die Wanderer zu einer Stelle, wo undurchdringliches Gestrüpp ihnen den Weg versperrte. Da machte sich der Eiserne Holzfäller mit seiner riesigen Axt ans Werk, und augenblicklich lag der Weg wieder frei vor ihnen.
Elli war so sehr in Gedanken vertieft, daß sie nicht merkte, wie der Scheuch in einen Graben stürzte. Er mußte seine Gefährten zu Hilfe rufen.
„Warum bist du dem Graben nicht ausgewichen?" fragte der Eiserne Holzfäller.
„Das weiß ich nicht", antwortete der Scheuch offenherzig. „Siehst du, mein Kopf ist voller Stroh, und ich gehe zu Goodwin, um mir bei ihm ein bißchen Gehirn auszubitten."
„Soso", sagte der Holzfäller. „Ich glaube aber, ein Gehirn ist noch lange nicht das beste auf der Welt."
„Wieso?" staunte der Scheuch. „Wie meinst du das?"
„Früher hatte auch ich ein Gehirn", erklärte der Eiserne Holzfäller, „wenn ich aber zwischen einem Gehirn und einem Herzen zu wählen hab, so ziehe ich das Herz vor."
„Warum?" fragte der Scheuch.
„Hört euch meine Geschichte an, dann werdet ihr alles verstehen."
Während sie weitergingen, erzählte der eiserne Mann:
„Ich bin Holzfäller. Als ich zu einem Jüngling herangewachsen war, entschloß ich mich zu heiraten. Ich hatte ein schönes Mädchen liebgewonnen und hielt um ihre Hand an. Damals war ich noch aus Fleisch und Knochen wie alle anderen Menschen. Meine Liebste lebte bei einer bösen Tante, die sie nicht fortlassen wollte, weil das Mädchen für sie arbeitete. Die Tante ging zur Zauberin Gingema und versprach ihr einen Korb voll fetter Blutegel, falls sie die Hochzeit verhindern würde."
„Die böse Gingema ist jetzt tot!" fiel ihm der Scheuch ins Wort.
„Wer hat sie getötet?"
,,Elli. Sie kam mit ihrem Tötenden Häuschen angeflogen und ging damit auf die Zauberin nieder, krak! krak!"
„Schade, daß das nicht früher geschah", seufzte der eiserne Mann und fuhr fort: „Die Gingema hat meine Axt verhext. Sie prallte von einem Baum ab und trennte mir mein linkes Bein vom Rumpf. Ich war sehr traurig, denn ohne Bein konnte ich doch keine Bäume fällen, und ging zu einem Schmied, der mir ein erstklassiges eisernes Bein machte. Gingema aber verhexte wieder meine Axt, und diese hieb mir das rechte Bein ab. Ich ging von neuem zum Schmied. Das Mädchen liebte mich und war bereit, mich auch als Krüp- pel zu heiraten. ,Wir werden an Stiefeln und Beinkleidern viel Geld sparen`, sagte sie. Die böse Hexe gab uns aber keine Ruhe. Sie wollte unbedingt ihren Korb mit den Blutegeln bekommen. Die Axt hieb mir die Arme ab, und der Schmied fertigte mir neue aus Eisen an. Dann hieb mir die Axt den Kopf ab, und ich glaubte schon, es sei um mich geschehen. Als der Schmied davon erfuhr, fertigte er für mich einen prächtigen eisernen Kopf an. Ich arbeitete weiter, und wir liebten uns, das Mädchen und ich, wie früher..."
„Man hat dich also stückweise zusammengefügt", stellte der Scheuch tiefsinnig fest. „Mich hat mein Herr in einem Zug gemacht..."
„Das Schlimmste stand aber bevor", fuhr der Holzfäller betrübt fort. „Als die tückische Gingema sah, daß sie auf diese Weise nichts ausrichten kann, beschloß sie, mir den Garaus zu machen. Sie verhexte abermals meine Axt, und diese hieb mich entzwei. Glücklicherweise kam auch das dem Schmied zu Ohren, und er fertigte mir einen eisernen Rumpf an, den er durch Scharniere mit dem Kopf, den Armen und den Beinen verband. Leider hatte ich kein Herz mehr, denn
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