Die Smaragreihe 02 - Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten
Arme des eisernen Mannes waren immer noch gefesselt - die Büttel fürchteten ihn, selbst wenn er unbewaffnet war!
Allein gelassen, blickten sich die beiden Freunde um. Im Süden waren die grünen Häuschen der Farmer zu sehen, umgeben von Gärten und Feldern, zwischen die sich der gelbe Backsteinweg, ein stummer Zeuge unzähliger Geschichten und Abenteuer, bis zum Stadttor hin wand.
Im Norden breitete sich die Smaragdenstadt aus. Da ihre Mauern niedriger waren als der Kerkerturm, konnte man gut die Häuser unterscheiden, deren Dächer sich über den schmalen Straßen fast berührten, den Platz, auf dem einmal Springbrunnen plätscherten, und die mit riesigen Smaragden geschmückten Turmspitzen des Schlosses.
Der Scheuch und der Holzfäller sahen etliche winzige Gestalten, die an den Turmspitzen zu den Smaragden hin krochen.
„Schöner Ausblick?" ertönte eine schrille Stimme.
Der Scheuch und der Holzfäller wandten sich um und erblickten - Kaggi-Karr.
„Was geschieht denn dort?" fragte der Scheuch.
„Nichts Außergewöhnliches", erwiderte die Krähe. „Auf Befehl des neuen Herrschers werden alle Smaragden von den Türmen und Mauern entfernt und in die Schatzkammer Urfins gelegt. Unsere Smaragdenstadt hört auf, eine Smaragdenstadt zu sein. Jetzt wißt Ihr, was geschieht!"
„Verdammt!" entfuhr es dem Eisernen Holzfäller. „Ich möchte mal diesem Urfin und seinen Holzmannen mit der Axt in den Händen gegenüberstehen. Glaubt mir, ich würde bei dieser Gelegenheit bestimmt vergessen, daß ich ein weiches Herz habe!"
„Dazu muß man aber etwas tun und nicht mit gebundenen Händen herumsitzen!" bemerkte die Krähe bissig.
„Ich hab versucht, die Arme des Holzfällers freizubekommen, aber mir reicht die Kraft nicht", gestand der Scheuch verlegen.
„Ach du! Schau, wie man's macht!"
Kaggi-Karr hackte mit ihrem Schnabel los, und in wenigen 3 Minuten fielen die Fesseln vom Holzfäller ab.
„Au, wie fein!" - der eiserne Mann reckte sich wohlig. „Ich war wie eingerostet... Wollen wir jetzt hinuntergehen? Ich werde die Tür schon aufbrechen...“
„Hat keinen Zweck", sagte die Krähe. „Vorne stehen Holzsoldaten mit Knüppeln. Laßt uns nachdenken, vielleicht finden wir einen Ausweg."
„Denken ist Sache des Scheuchs", sagte der Eiserne Holzfäller.
„Jetzt siehst du, daß ich recht hatte, als ich dir sagte, ein Gehirn sei besser als ein Herz", rief der Scheuch geschmeichelt.
„Ja, aber ein Herz ist auch was wert", entgegnete der Holzfäller. „Ohne Herz wäre ich zu nichts nutz und könnte auch nicht meine Braut lieben, die im Blauen Lande lebt."
„Aber das Gehirn . . .", begann der Scheuch wieder.
„Gehirn, Herz, Herz, Gehirn!" fuhr ärgerlich die Krähe dazwischen. „Laßt doch den Streit, es ist Zeit, etwas zu unternehmen."
Kaggi-Karr war zwar eine griesgrämige Krähe, aber ein treuer Freund. Die beiden mußten zugeben, daß sie recht hatte, und der Scheuch begann eifrig nachzudenken.
Er dachte gut drei Stunden nach. Vor lauter Anstrengung krochen ihm die Nadeln aus dem Kopf, und der Holzfäller befürchtete schon, das könnte für seinen Freund schlimme Folgen haben.
„Ich hab's!" rief plötzlich der Scheuch und schlug sich so heftig mit der Hand gegen die Stirn, daß ein Dutzend Nadeln in seiner Handfläche steckenblieben.
Die Krähe, die eingeschlummert war, fuhr aus dem Schlaf und sagte:
„Sprich!"
„Wir müssen einen Brief an Elli schreiben. Sie ist ein kluges Mädchen, ihr wird schon was einfallen."
„Eine gute Idee", sagte Kaggi-Karr spöttisch. „Nur möcht ich wissen, wer ihr den Brief überbringen wird."
„Wer? Natürlich du!" entgegnete der Scheuch.
„Ich ?" wunderte sich Kaggi-Karr. „Ich soll über Berg und Wüste in ein unbekanntes Land Biegen, wo die Vögel nicht einmal sprechen können? Das hast du dir aber schön ausgedacht. Besten Dank!
„Nun, wir werden nicht darauf bestehen", sagte der Scheuch. „Wir können ja eine jüngere Krähe nach Kansas schicken."
Kaggi-Karr entrüstete sich:
„Eine jüngere? Ich bin aber erst hundertzwei Jahre alt! Ihr haltet mich wohl für eine Greisin, was? Damit ihr's aber wißt: Bei uns Krähen ist man mit hundertzwei Jahren noch ein junges Ding! Und was würde eine andere Krähe ausrichten? Erstens würde sie sich verirren und niemals nach Kansas kommen! Zweitens würde sie Elli in Kansas nicht finden, denn sie hat das Mädelchen nie gesehen. Drittens . . . Kurz, ich werde den Brief bestellen."
Der Eiserne
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