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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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früher getan haben … auf unserem Landsitz Gemüse und Getreide anzubauen, Viehzucht zu betreiben und ebenfalls Gegenstände mit magischen Kräften zu verkaufen. Also geht es uns gar nicht einmal so viel schlechter als damals …
    Nein, ich werde kein Mitleid oder sonst etwas für diese Frau empfinden , schwor er sich. Immerhin war er der älteste Sohn, und die alte Prophezeiung warnte ihn eindringlich davor, mit einer keuschen Frau sein Lager zu teilen. Einer Angehörigen des anderen Geschlechts irgendwelche Gefühle entgegenzubringen konnte schon das ungenannte Unheil heraufbeschwören, das den gesamten Kontinent Katan treffen sollte.
    Saber trug seine Last durch den östlichen Gang des kreuzförmigen äußeren Flügels des Donjons, gelangte in die große achteckige Halle in der Mitte des alten Turms und bog nach rechts ab. Einige Stockwerke unter ihm erklang Evanors seidenweicher Tenor; er sang irgendeine süße Melodie, klarer und reiner als die Sonnenstrahlen, die durch die in die Ecken des Hauptgebäudes eingelassenen Buntglasfenster fielen.
    Er ging die obere Galerie entlang, betrat den Nordflügel und erklomm die nächstgelegene Treppe. Es gab nur eine Kammer in der ganzen Burg, die weit genug von den Unterkünften aller acht Brüder entfernt lag, denn die hatten sich
auf der Suche nach den ihren Bedürfnissen entsprechenden Schlafräumen im gesamten Bergfried und den Türmen auf der Außenmauer ausgebreitet. Auf diese Kammer steuerte er nun zu. Sie hatten sie das »Gemach des Lords« getauft, als sie die Burg nach ihrer Verbannung einer genauen Inspektion unterzogen hatten. Der Raum lag genau über der gewölbten Decke der großen Halle, weitab von den normalen Wegen, auf denen die Brüder durch die Flügel des größtenteils verlassenen Palastes streiften. In dieser Abgeschiedenheit würde die Frau wohl kaum auf dumme Gedanken kommen.
    Sie wog wirklich viel zu wenig für ihre Größe, sie musste mindestens zwanzig, besser noch dreißig Pfund zulegen, um gut auszusehen. Saber versuchte, nicht weiter über ihr Äußeres nachzudenken, nachdem er es bewusst zur Kenntnis genommen hatte, aber das war so, als würde man ihn anweisen, nicht an rosafarbene Bären zu denken – dann zogen natürlich unweigerlich Bilder von rosigen Pelztieren vor seinem geistigen Auge vorbei.
    Im nächsten Stockwerk angelangt stieg er die Stufen hoch, die der Wölbung der Hallendecke folgten, trat auf die Tür zu, legte eine Fingerspitze leicht auf die Klinke und schob die Tür mit der Schulter auf. Sie ließ sich nur einen Spalt breit öffnen, obwohl sie nicht verschlossen war. Mittels einer recht ungeschickten Geste, da die Frau in seinen Armen seine Bewegungsfreiheit einschränkte, und dem Einsatz magischer Kräfte gelang es ihm, das verwitterte, an den Rändern verzogene Holz aufzudrücken.
    In der Kammer hingen dichte Spinnwebenschleier von der Decke herab, denn sie hatten den Raum nicht benutzt, seit sie nach ihrer Ankunft auf Nightfall einen flüchtigen Blick hineingeworfen hatten, und davor hatte der Bergfried zwanzig oder dreißig Jahre lang verlassen dagelegen. Außer dorthin verbannten königlichen oder adeligen Familien lebte niemand mehr auf der Insel.
    Natürlich hatte sich niemand die Mühe gemacht, die Burg zu säubern, bevor die Brüder gefesselt, in ein Boot gestoßen, über die Innere See gebracht und mitsamt ihren Habseligkeiten am westlichen Ufer ausgeladen worden waren. Und nach ihrer Ankunft war es ihnen zu umständlich gewesen, andere Räume als die, die sie bewohnten, einer gründlichen Reinigung zu unterziehen, schon gar nicht diese hoch oben im Turm gelegene abgeschiedene Kammer. Auch die Decken auf dem breiten Bett starrten vor Schmutz und Staub.
    Auf keinen Fall durfte er die Frau darauf niederlegen. Der Staub würde ihre angegriffenen Lungen reizen, auch wenn Koranen sein Bestes getan hatte, den Schaden zu beheben, den der eingeatmete giftige Rauch und die Hitze des Feuers angerichtet hatten. Saber blieb vor der Sitztruhe am Fuß des mächtigen Himmelbetts stehen, balancierte den schlaffen Körper der Frau auf seinem Arm und einem angewinkelten Knie und konzentrierte sich.
    Dank einer langsamen Drehung einer Hand und ein paar gemurmelter Wort zeigte ein Zauber Wirkung, den er und seine Brüder zugegebenermaßen öfter anwenden sollten, und der Staub und die Spinnweben stoben von dem Bettzeug auf. Die seit Jahren nicht mehr ausgeklopfte Matratze, die Kissen und Decken blähten sich auf, weitere

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