Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)
Seite, wollte sie die Kinderfrage möglichst lange hinausschieben. Sicher, in einem Winkel ihres Herzens wünschte sie sich Kinder von Saber, und im Laufe ihrer langen Unterhaltungen nach dem Wasserschlangenangriff hatte sie erfahren, dass auch er Kinder wollte. Sie wollte nur nicht die einzige Frau weit und breit sein, wenn sie welche bekam.
Hmm … dann muss ich wohl alles daransetzen, das Exil
der Brüder zu beenden, um gelegentlich noch andere Teile dieser merkwürdigen, faszinierenden Welt erkunden zu können.
Letzte Woche war sie mit Saber an dem einige Meilen entfernten östlichen Strand gewesen, wo sie ein Picknick veranstaltet hatten. Die üppige, halbtropische Vegetation hatte sie entzückt, aber so schön es dort auch gewesen war, sie wollte noch etwas anderes sehen. Das Festland zum Beispiel.
Plötzlich klopfte es an der Tür, und Kelly bemerkte erst jetzt, dass sie im Dunkeln stand. Sie hob eine Hand, klopfte gegen die Lichtkugel in ihrer Halterung und vergewisserte sich, dass sie noch immer so gut wie möglich aussah. Schließlich heiratete eine Frau – wenn sie Glück hatte und gleich beim ersten an den richtigen Mann geriet – nur einmal in ihrem Leben. Selbst wenn es sie dazu in eine andere Welt verschlagen musste.
Ich hoffe nur, er ist wirklich der Richtige …
Ihr Besucher klopfte erneut. Kelly überprüfte ein letztes Mal ihr Spiegelbild, dann eilte sie zur Tür und öffnete sie.
Trevan und Evanor traten grinsend in den Raum und beäugten ihre Aufmachung anerkennend. Sie trugen scheinbar ebenfalls ihre besten Kleider … die sie selbst in den letzten eineinhalb Monaten mit Borten und Bändern besetzt hatte, registrierte sie mit stiller Belustigung. Koranen und Morganen folgten ihnen. Der Magier blieb stehen, betrachtete sie und pfiff angesichts ihrer figurbetonten Kleidung beifällig durch die Zähne. Hinter ihm stand Dominor.
»Der Arbeitstrupp ist hier, o Schönste aller Schönen«, scherzte Trevan. »Wir sind gekommen, um das bräutliche Schlafgemach herzurichten. Evanor hat uns in letzter Minute dazu eingeteilt.«
»Lady Kelly, es ist mir eine Ehre, Euch zu der Kutsche zu geleiten, während diese hirnlosen Flegel versuchen, den
Unterschied zwischen den Griffen und den Federn ihrer Staubwedel zu ergründen«, erklang Dominors Stimme, dabei deutete er auf die Treppe hinter sich. Seine Brüder schnaubten verächtlich, drängten sich an ihrer zukünftigen Schwägerin vorbei und machten sich ans Werk.
Kelly nickte dem Drittältesten dankend zu, legte eine Hand auf seinen Unterarm und ließ sich von ihm aus dem Raum führen. Es war ein langer Weg nach unten, aber die Treppe war gut beleuchtet und das Geländer mit Girlanden aus Blüten und Blättern geschmückt – einer der Brüder musste dies auf dem Weg zu ihrer Turmkammer rasch arrangiert haben.
Sie und Dominor stiegen die zur großen Halle führende Wendeltreppe hinunter, gelangten von dort aus in den Ostflügel der Burg und traten in den östlichen Hof hinaus. Der Rest der Burg lag im Dunkel, doch ihr Weg und der Hof wurden von hell strahlenden Lichtkugeln erleuchtet. Zwei magische Kutschen erwarteten sie bereits; eine war zweifellos dazu bestimmt, die restlichen Brüder zur Kapelle zu bringen, die andere war für sie gedacht.
Dieses Gefährt war mit einer zusätzlichen, mit Kissen gepolsterten Bank versehen und mit weiteren Blumengirlanden dekoriert worden. Von allen vier Ecken ragten Pfähle auf, an denen glühende Lichtkugeln hingen, dazwischen waren mehr Girlanden gespannt, die einen süßlichen Duft verströmten. Dominor half ihr in die Kutsche, nahm auf der vordersten Bank Platz und ergriff die Zügel. Dann betätigte er wie Saber bei ihrem Ausflug zum Strand das Pedal auf dem Boden, das das Gefährt in Bewegung setzte, und steuerte es mit den Zügeln, die an einem kleinen Knüppel befestigt waren, mit dem sich die Achse der Vorderräder drehen ließ.
Kelly beschloss bei sich, den Brüdern eines Tages zu erklären, was ein Zahnstangengetriebe war, um sie dazu zu bringen, etwas weniger Halsbrecherisches zu erfinden als
das System, das sie zurzeit verwendeten. Und Stoßdämpfer , fügte sie in Gedanken hinzu, als die Kutsche über die jetzt komplett von Unkraut befreiten Steinplatten des Hofes zum Tor hinaus rumpelte. Obwohl es einfacher wäre, wenn ich ein Handbuch zur Hand hätte, weil ich auf diesem Gebiet alles andere als eine Expertin bin … Sie konnte zwar in allen Details beschreiben, wie man einen Webrahmen
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