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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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voller Zuneigung an sie. Vor allem dann, wenn ich meinem Zorn am liebsten freien Lauf lassen möchte. Sie mochte es nicht, wenn Menschen wütend wurden.«
    Darauf wusste Kelly nichts zu erwidern. Sie hätte ihn gern gefragt, ob er sich wünschte, die junge Frau wiedersehen zu können, aber er führte sie schon die letzten Stufen hinauf und in die Kapelle hinein.
    Die Schlichtheit des Gebäudes sagte ihr zu. Es gab nur einen Eingang, aber zahlreiche schmale hohe Glasfenster, durch die tagsüber Sonnenstrahlen fielen und über die weißen Marmorwände tanzten. Auch das Innere der Kapelle war mit Girlanden geschmückt. Kelly nahm an, dass sie mithilfe von Magie geflochten worden waren, weil die Arbeit ansonsten zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte.
    In der Mitte des Raumes befanden sich acht Altäre, einer vor dem Eingang und je einer vor der Fensterreihe der anderen sieben Wände; ein weiterer Beweis dafür, wie besessen die Menschen hier von der Zahl Acht waren. Die restlichen sechs Brüder warteten hinter den Altären, Saber stand zwischen den acht weißen Steinblöcken.
    Von der aquamarinblauen Seide war genug übrig geblieben, um ihm daraus eine Hose sowie ein Hemd und eine Tunika zu schneidern. Er hatte sich das Haar ähnlich wie seine Brüder aus dem Gesicht zurückgebunden, nur wurde es bei ihm von einem schmalen Silberreif gehalten. Er sah überwältigend attraktiv aus. Bei seinem Anblick verflog Kellys Nervosität schlagartig. Was auch immer sie für ihn empfand … es war etwas, was sie noch nie zuvor empfunden hatte.
    Als ob mir der Atem stocken würde, erkannte sie, als sie
ihn anstarrte. Wie in dem Moment, kurz bevor die Achterbahn das erste Mal steil in die Tiefe schießt … und dieses Gefühl habe ich schon immer geliebt.
    Sie blieb mit Wolfer an ihrer Seite gegenüber von Saber vor dem achten Altar stehen.
    »Götter und versammelte Zeugen«, begann Wolfer, ergriff Kellys Hand und hob sie leicht an. »Blickt auf Kelly aus der Familie der Doyles und Lord Saber aus der Familie Nightfall, den Grafen der nun im Exil lebenden ehemaligen Familie Corvis. Sie werden jetzt vor euch treten, um die Hände über den acht Altären zu falten und in den von den Göttern gesegneten Stand der Ehe zu treten. Ihr seid hier, um ihre Gelübde zu bezeugen.«
    Kelly trat vor, streckte eine Hand aus und berührte die Innenfläche der Hand, die ihr entgegengehalten wurde. Evanor hatte sie während der langen Stunden, die sie gemeinsam mit Nähen verbracht hatten, mit den Vorschriften der Zeremonie vertraut gemacht. »Ich, Kelly of Doyle, nehme Saber of Nightfall zu meinem Mann.«
    »Ich, Saber of Nightfall, nehme Kelly of Doyle zu meiner Frau«, erwiderte Saber, bemüht, unter ihrer Berührung nicht zu erschauern.
    Kelly und Wolfer hatten draußen so lange gezögert, dass er zu befürchten begonnen hatte, sie könnte in letzter Minute ihre Meinung geändert haben. Doch seine eigene Verunsicherung, ausgelöst durch das Wissen, beim ersten Mal behutsam mit ihr umgehen zu müssen und seine Angst vor dem, was geschehen mochte, wenn sie zusammenkamen, hatte sich bei ihrem Anblick gleichfalls gelegt – und beim sanften Druck ihrer Hand und ihrem fest und bestimmt geleisteten Eid. Ihre Blicke trafen sich über den Altar hinweg, er nickte leicht, und dann setzten sie ihre Gelübde gemeinsam fort und schritten dabei von einem Altar zum anderen.
    In Freud und Leid
In guten und in schlechten Zeiten
In Krankheit und Gesundheit
In Armut wie in Wohlstand
Geloben wir, Zorn in Liebe umzuwandeln
Jeden Tag und jedes Jahr
Wird aus Schwäche Stärke werden
Und Unrecht zu Recht.
    Dann kehrten sie zu dem ersten Altar zurück und vollendeten so den Kreis. Saber drückte ihre Hand etwas fester und begann dann mit seinem persönlichen Teil des Gelöbnisses.
    »Hiermit verbinde ich mein Leben mit dem deinen, meine Frau, meine Gefährtin, meine einzige Liebe und meine Gräfin in der Verbannung. Ich weiß, dass du für meine Familie sorgen und über sie wachen wirst und dass sie auf dein Urteil ebenso viel geben wird wie auf das meine. Alles, was mein ist, lege ich in deine Hände; alles, was ich bin, lege ich dir zu Füßen. Ich bin dein, Kelly, und von heute an nur dein.«
    Jetzt war sie an der Reihe. Kelly wappnete sich mit einem tiefen Atemzug. Sein öffentliches Liebesgeständnis hatte sie ein wenig aus der Fassung gebracht. Sie war nicht sicher, ob sie ihn ebenso innig liebte wie er sie. Sie empfand viel für ihn, aber war das genug?

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