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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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    Das Einzige, was wir tun können, ist, unsere Gestalt zu verändern, aber dazu sind nur Trevan und Wolfer in der Lage.« Seine Lippen krümmten sich zu einem leisen Lächeln. »Und Wolfer hat Angst vor großen Höhen, also sind seine Möglichkeiten mehr als beschränkt. Das gilt eigentlich für uns alle.«
    »Das kann ich mir kaum vorstellen, nachdem es Morganen gelungen ist, mich in meinem brennenden Bett ausfindig zu machen und mich vor dem sicheren Tod zu retten. Und das in einer Welt, in der es keine wirkliche Magie gibt, nicht zu vergessen«, fügte Kelly hinzu, als sie über eine Brücke rumpelten und auf eine von Lichtkugeln erleuchtete Lichtung vor einem rankenüberwucherten, aber
noch nicht ganz vom Wald ringsum verschluckten Marmorgebäude gelangten.
    Rydan hatte gerade den letzten Lichtball entzündet. Er ließ den Stab in seiner Hand sinken und lehnte ihn gegen die Wand des Gebäudes, wo er zwischen den Blättern der Ranken verschwand. Als Dominor sein Gefährt zum Stehen brachte, stieg der schwarz gekleidete schwarzhaarige Bruder die Stufen zum Eingang des achteckigen Bauwerks empor und verschwand im Inneren, ohne einen Blick in ihre Richtung zu werfen. Trotzdem gewann Kelly den Eindruck, dass er sich jedes Detail ihrer Ankunft genau eingeprägt hatte.
    Dominor war ihr beim Aussteigen behilflich, während der in Braun und Gold gekleidete Wolfer die Stufen hinunterkam. Er verneigte sich anmutig vor ihr, streckte ihr eine Hand entgegen und verkündete mit seiner tiefen Stimme: »Wir haben beschlossen, dass dem Zwilling des Bruders, der als Erster seinem Schicksal entgegengeht, die Ehre zuteil werden soll, seine Braut zu ihm zu geleiten, da du keine Verwandten mehr hast. Wenn es dir recht ist.«
    Von neuerlicher Nervosität übermannt legte Kelly ihre Hand in die seine und schickte sich an, die Stufen emporzusteigen. Sie suchte fieberhaft nach etwas, womit sie sich von der in ihr brodelnden Panik ablenken konnte. Sie befand sich so unglaublich weit von ihrer Heimat entfernt; so weit fort von der Erinnerung an ihre verstorbenen Eltern, die alles darangesetzt hätten, an ihrer Hochzeit teilnehmen zu können. Das Armband an Wolfers Handgelenk erregte ihre Aufmerksamkeit.
    »Wolfer? Eine Frage …«
    Er blickte auf sie hinab. Sein einziger Versuch, seine wilde Mähne zu bändigen, bestand in einem Lederband, das er sich um die Stirn geschlungen hatte, um zu verhindern, dass ihm die Haarsträhnen ins Gesicht fielen. Im Licht der Kugeln ringsum wirkte er so unzähmbar und wild, wie es
sein Name andeutete. Seine Stimme klang jedoch freundlich. »Ja?«
    »Was hat es mit deinem Armband auf sich?«
    Er musterte sie mit hochgezogenen Brauen. »Kommen dir Bedenken?«
    »Ich bin nervös, das gebe ich zu, und ich versuche gerade, mich abzulenken.«
    Er brummte verständnisvoll und hob die Hand, sodass das dünne Band aus geflochtenem dunkelblondem Haar im Licht schimmerte. »Es war ein Geschenk«, erwiderte er schlicht.
    »Von Saber? Ist es sein Haar?«, fragte sie, weil der Farbton übereinstimmte.
    »Nein, es ist das Haar einer … einer Freundin. Einer Art Base von uns – nicht blutsverwandt, aber eine enge Vertraute und Nachbarin. Ihr Name ist Alys.« Einen Moment lang zuckte ein Muskel an seinem Kinn, dann rang er sich ein Lächeln ab. »Ich war sehr wütend, als man uns zwang, Corvis zu verlassen. Sie gab mir dieses Armband und bat mich, es zu tragen und mich, wenn mich der Drang überkommt, irgendetwas in Stücke zu schlagen, daran zu erinnern, dass es auf dem Festland zumindest einen Menschen geben würde, dem immer noch etwas an uns allen liegt.
    Sie konnte unsere Verbannung nicht verhindern, aber sie hielt trotzdem zu uns.« Angesichts der Erinnerung wurde sein Lächeln weicher. »Sie war ein verrücktes kleines Ding, vier oder fünf Jahre jünger als ich und Saber, halb schüchtern, halb tollkühn, als müsse sie sich dazu zwingen, sich ihre Furcht vor unserer jugendlichen männlichen Waghalsigkeit nicht anmerken zu lassen – nun ja, als sie jung war, war sie kühn«, berichtigte er sich und zog Kelly weiter. Sein Lächeln verblasste. »Irgendwann einmal begann sie sich zu verändern.
    Als sie älter wurde, wurde sie scheuer und in sich gekehrter.
Sie hörte auf, mit uns auf die Bäume zu klettern und traf sich weniger häufig mit uns. Aber ihr lag immer noch viel an mir. Also halte ich mein Versprechen; ich trage das Armband aus ihrem Haar und denke oft

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