Die Söhne der Sieben
„Oder lässt Mammon seinen nichtsnutzigen Sohn jetzt Botengänge machen, um so noch ein paar zusätzliche Münzen zu verdienen?“
„Weder noch.“ Ich ließ mich nicht reizen. „Bringt mich schon endlich zu Eurem Vater.“
„Nicht bevor du mir gesagt hast, was du von ihm willst“, verweigerte mir der Dämon den Zugang mit überheblichem Zucken seiner linken Braue.
Seine Unverschämtheit reizte mich natürlich sehr. Allein, dass er es wagte mich so vertraut anzusprechen! Doch ich ließ es mir nicht anmerken. Wir waren gleichrangig! Eigentlich hätte er mir gegenüber eine ebenso förmlich Anrede wählen müssen, wie ich es bei ihm tat. Doch was sollte man schon von einem Sohn des Fliegenkönigs erwarten.
„Ich soll lediglich einen Termin vereinbaren“, erklärte ich mit gezwungener Ruhe. Seine gelben Augen musterten mich eingängig. Er legte den gehörnten Kopf schief und ließ seine weißen Zähne bei einem hämischen Grinsen aufblitzen. Dann gab er sich einen Ruck und wirkte wieder so würdevoll wie zuvor. „Nun gut, lass ihn vorbei, Wache! Und du folge mir, Rahovart!“
Misstrauisch tat ich es. Es blieb mir keine Wahl, wenn ich den Auftrag erledigen wollte. Obwohl ich mich gänzlich unwohl dabei fühlte, betrat ich das feindliche Schloss. Natürlich hätte ich darauf beharren können, dass Beelzebub zum Tor sollte, doch das wäre nicht nur feige, sondern auch absolut utopisch gewesen: Ein Dämonenfürst, der zu einem Boten ans Tor kam. Lächerlich.
Bedächtig sondierte mein Blick die nähere Umgebung, während ich Leonard vorsichtig folgte. Natürlich traute ich ihm nicht.
„Wirst du von deinem Vater noch häufig als Bote eingesetzt, wie ein kleiner Junge?“, erkundigtes sich Leonard distanziert, doch unverhohlen boshaft. Ich schnaufte leise und zog es vor darauf nicht zu antworten. In der Tat war das eher eine Aufgabe, mit der man junge Söhne beauftragte, damit sie ihre ersten Erfahrungen sammeln konnten.
„Wie alt bist du eigentlich?“, fragte Leonard weiter.
Ich schwieg beharrlich und sah mich argwöhnisch um. Wir befanden uns in einem dunklen Gang. Kaum wahrscheinlich, dass dieser in die prunkvollen Hallen des Beelzebub führen sollte. Ich blieb stehen und orientierte mich neu. Auch das Ende des Ganges, das ich nach einer Biegung endlich sehen konnte, war dunkel.
„Wo soll sich Euer Vater befinden?“, erkundigte ich mich skeptisch. „Im Kerker?“
Ich schnaufte über den billigen Trick, mit dem er mich hatte hereinlegen wollen und wandte mich augenblicklich um. Ich wollte fliehen, noch ehe er reagieren und mich festhalten konnte. Allerdings hatte ich nicht bedacht, dass Beelzebub so viele Söhne hatte. Zwei weitere hatten sich von Leonard anlocken lassen und versperrten mir den Gang in die andere Richtung. Hemoth und Astema, zwei unbedeutende, aber dennoch mächtige Dämonen. Schadenfroh grinsten sie mich an. Im nächsten Moment hatte mich Leonard eingefangen und hielt mich von hinten umschlungen.
„Deine Botschaft kann doch sicher jemand anderes aushandeln, oder Rahovart?“, erkundigte er sich und klang dabei völlig gleichmütig. Ich runzelte die Stirn und trat wenig sanft auf den Fuß, den er unbedacht zwischen meine gestellt hatte.
„Nein“, antwortete ich dann grimmig und riss mich los. Doch bevor ich mich entmaterialisieren konnte, wie ich es beabsichtigt hatte, hatten mich die beiden anderen schon wieder eingefangen.
„Biest“, kommentierte Leonard meinen Ausfall milde belustigt. „Los bringt ihn in den Käfig, wo Biester hingehören.“
Und so geschah es. Ohne dass ich mich noch ein weiteres Mal losreißen konnte, brachten sie mich in eines der Verließe, die sich entlang des dunkeln Ganges befanden. Es war geweihter Boden, auf dem ich meine Kräfte nicht anwenden konnte. Auch die der anderen waren wahrscheinlich blockiert, allerdings zählte nun die Übermacht und da hatten sie einen ungerechten Vorteil. Ich knurrte böse, als sie mich anketteten. Etwas anderes als Knurren konnte ich nicht tun.
„Wer ist er?“, wollte Astema wissen. Er war ebenso groß gewachsen, wie sein älterer Bruder Leonard. Jedoch hatte er keine schwarze Haut sondern schneeweiße. Sie bildeten einen netten Kontrast, auch, wenn sie sonst von der Statur und den Gesichtszügen recht ähnlich waren. Abgesehen von den Hörnern, die sich Astema anscheinend noch nicht verdient hatte.
Hemoth war ganz anders: Er war kleiner und zierlicher. Aus seinen Schultern brachen glatte, pechschwarze
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