Die Söhne der Sieben
Flügel hervor, die er zurzeit aber flach angelegt hatte. Sein Haar war so blond wie das von Astema, doch seine Augen waren gelb wie die von Leonard. Damit hörten die Gemeinsamkeiten aber auch endgültig auf.
„Du kennst Rahovart nicht?“, fragte Leonard bedächtig. Sie standen überheblich um mich herum und musterten mich in der Tat, als wäre ich nichts weiter als ein Biest, das es zu zähmen galt.
„Nein“, gestand Astema. „Aber er sieht ganz gut aus. Ich mag seine kalten Augen und diese dunklen Locken.“
„Und an wen erinnern sie dich?“, belächelte Leonard drakonisch.
Ein verächtliches Fauchen löste sich aus meinem Rachen. „Ich habe gar nichts mit meinem Vater gemein, außer den Augen. Die Haare habe ich von meiner Mutter.“
„Mammons Sohn?“, begriff Hemoth erstaunt und umrundete mich neugierig. „Den habe ich noch nie gesehen. Woher hast du ihn?“
„Er kam freiwillig als Bote“, erklärte Leonard. Es reizte mich, dass sie so taten, als wäre ich taub oder geistig abwesend. Auf der anderen Seite war mir natürlich schmerzlich bewusst, dass ich gerne etwas gegen diese Anwesenheit unternommen hätte. Die kurzen Ketten waren am Boden befestigt und fesselten mich in einer Art Kauerhaltung auf einem kümmerlichen Lager aus Stroh.
„Und was bringt er für eine Botschaft?“, hakte Hemoth nach.
„Eine Botschaft von Belphegor“, erklärte Leonard teilnahmslos. „Ein Termin mit Vater. Geh Hemoth, finde heraus, wann es Vater am besten passt und schicke einen Boten zu Belphegor. Er soll herausfinden, um was es sich genau handelt.“
„Fliegenbrut“, fluchte ich leise und blitzte sie kalt an. „Es ist mehr als nur das. Wenn ihr klug seid, lasst ihr mich frei und meinen Auftrag bis zum Ende ausführen.“
„Oh, es könnte natürlich auch ein Attentat sein“, folgerte Leonard aus meinen unbedachten Worten.
Ich biss mir auf die Lippe und atmete tief durch die Nase, ehe ich es erneut versuchte. Besonnener. „Ich muss mit Eurem Vater sprechen und die Antwort dann an Belphegor übermitteln. Er erwartet mich.“
„Belphegor?“, lachte Astema höhnisch. „Der hat sicherlich nichts dagegen noch ein kleines Jahrhundert länger zu warten. Oder einen anderen Boten zu empfangen.“
„Nun, aber mein Vater tobt bereits und er wird garantiert nicht auf Belphegors Antwort warten wollen“, drohte ich ins Blaue hinein. „Aber es ist Eure Sache, wenn Ihr unbedingt einen Krieg heraufbeschwören wollt, den selbst die Hölle noch nicht gesehen hat.“
Unsichere Blicke wurden über meinen Kopf hinweg ausgetauscht. Doch dann schnaubte Leonard überheblich: „Er lügt. Er ist ein gerissener Fuchs, aber er lügt. Würde sich so etwas anbahnen, hätten wir schon längst etwas davon erfahren.“
„Dann wisst Ihr also über alle Operationen Eures Vaters bescheid?“, hinterfragte ich kritisch. Verblüffte Gesichter. Ich fühlte mich bestätigt. „Eben. Also woher wollt ihr wissen, dass er nicht gerade eine gefährliche Grenze überschritten hat?“
„Dann sind wir also wieder bei dem Punkt, an dem du uns verrätst, was du weißt“, verlangte Leonard durchtrieben.
Ich konnte ihn immer weniger leiden. Ohne ihn hätte ich es gewiss geschafft seine Brüder mit meinem Manöver zu verunsichern. Aber er pochte auf meine Schwäche, eben dass ich nichts wusste. Ich schwieg verbissen.
„Ich helfe ihm beim Verraten“, bot sich Astema eifrig an und beugte sich sogleich über mich. Ehe ich mich versah, hatten sich seine Klauen in meiner Kleidung verfangen und rissen sie in Fetzen von meiner Haut. Hemoth belustigt, Leonard reserviert sahen ihm dabei zu. Wie jedes Kind der Hölle wusste ich, dass man in diesen Fällen Ruhe bewahren musste, um den anderen nicht noch mehr anzustacheln. Kühl blickte ich ihn aus meinen intelligenten Augen an.
„Fein“, knurrte ich. „Jetzt sind meine Gewänder kaputt, doch ich fühle mich dem Verrat noch kein Stück näher. Idiot.“
Ein weiterer Blick auf die Gestalten um mich herum, verriet mir jedoch, dass es keiner von ihnen mehr auf einen Verrat abgesehen hatte. Ihre Augen glühten vor Lüsternheit, was mich unbehaglich zurückweichen ließ. Mammons Sohn unter dreien von Beelzebubs maßlosen Sprösslingen, die von nichts genug bekommen konnten. Ich konnte mir einen angenehmeren Tod vorstellen, auch einen schlimmeren, aber darum ging es jetzt nicht.
Meine Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Leonard machte eine ungeduldige Bewegung in Richtung seines kleineren
Weitere Kostenlose Bücher