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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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zu einem Pferdeschwanz gebunden und hatte bereits angekündigt, sich die Haare wieder lang wachsen zu lassen. Er war der Ruhigste von allen, gelassener sogar noch als die beiden Leutnants, die beiden Händler, die vier Kaltblutpferde. Deleven hatte schon zu viel gesehen und erlebt, um sich von kümmerlichen sechs Tagen im Feindesland aus der Fassung bringen zu lassen.
    Hinter seinem Kurzbogen ordnete sich sein winziger Zug aus vier Langbogenschützen. Durch Reseas Weggang war ausgerechnet dieser kleinere der beiden Züge noch zusätzlich geschrumpft.
    Ildeon Ekhanner hatte im Glauben an die zehn Götter Halt gefunden und schöpfte daraus eine tief reichende Kraft. Er war nun beinahe so ruhig wie Deleven, aber anders als dieser immer auf der Suche nach Zeichen und Wundern.
    Tadao Nelat hatte es, weil er seine Mädchenhaftigkeit leid war, ebenso wie Behnk mit einem Dreitagebart versuchen wollen, aber ihm waren einfach keine Barthaare gesprossen. Der feine Flaum, der nun seine Kinnspitze zierte, ließ ihn noch zarter erscheinen, beinahe wie ein federiges Feenwesen. Immerhin war er ein recht guter Bogenschütze geworden, auch weil Fergran von den Holtzenauen sich ein wenig seiner angenommen hatte.
    Bujo Stodaert hatte seinen Groll darüber, bei den Beförderungen bislang übergangen worden zu sein, schnell hinuntergeschluckt und versah seinen Dienst nun wieder mit derselben eckigen Zackigkeit, die ihn schon von Anbeginn an ein wenig lächerlich erscheinen ließ. Er war stets der Lauteste beim »Jawohl!«-Brüllen und der Erste beim Freiwilligmelden. In kritischen Situationen konnten sich die Leutnants darauf verlassen, dass Stodaert den Rest der Männer mit seiner strebsamen Bereitschaft mitreißen würde.
    Fergran von den Holtzenauen schließlich war neben Deleven sicherlich der beste Schütze des Zweiten Zuges. Er schaffte es allerdings, selbst kurz geschnittenes und adrett gekämmtes Haar zerzaust aussehen und selbst eine frisch gewaschene und ordnungsgemäß angezogene Uniform irgendwie schlabberig und zerwühlt wirken zu lassen. Fenna wurde den Eindruck nicht los, dass der junge Adelige eigentlich zu intelligent und fragil war für einen einfachen Soldaten, dass er im Lazarett als Ilintus rechte Hand besser aufgehoben wäre. Aber dieser Einsatz würde zeigen, wie sich von den Holtzenauen in einer gefahrvollen Umgebung bewährte.
    Das also war die Dritte Kompanie. Eine Rumpfmannschaft nur, die schon bald durch siebzehn Neuzugänge auf volle Kompaniestärke aufgestockt werden sollte. Fenna ahnte schon jetzt, dass es eine ewige Kluft geben würde zwischen den dreizehn »alteingesessenen« Grünhörnern und denen, die erst hernach dazukamen und von den »Alteingesessenen« in ihrer Ausbildung unterstützt würden. Aber das waren Sorgen für eine Zukunft, die jenseits der kommenden sechs Tage lag. Jetzt galt es erst mal, sechs Tage ohne Verluste und ohne Fehlschläge zu überstehen.
    Der Planwagen der beiden Raubiels rollte nun an die versammelte Kompanie heran. Emjen Raubiel spie braune Spucke aus und griente. Mehrere der Männer – MerDilli, Kertz, Emara und Ekhanner – warfen der Händlerstochter verstohlene Blicke zu.
    Fenna atmete durch. »Kom-pa-nieeee links-um! Voooor-wärts marrrsch! Torposten: das Nordtor öffnen!«
    Die Torposten waren durch Leutnant Gyffs unterrichtet worden. Zum ersten Mal schwang vor Fenna, Gyffs, vor allen Soldaten der Dritten Kompanie des Zweiten Bataillons das nördliche Tor der Festung Carlyr knarrend auf. Es war, als würde ein hölzerner Vorhang den Blick auf eine dunstige, ausgemergelte Theaterbühne freigeben.
    Die Kompanie marschierte durch das Tor, und das Schritttempo der Männer entsprach der langsamen Ganggeschwindigkeit der Zugpferde. Der Wagen rasselte hinter dem Ersten Zug und vor dem Zweiten über den karstigen Kies hinaus ins offene Land. Als Fenna noch einmal zurückblickte, sah er trotz der frühen Stunde oben in der F & L Oberst Jenko hinter einem Fenster stehen und salutieren. Fenna erwiderte den Gruß. Danach blickte er nur noch nach vorne. Die beiden Flügel des schwarzen Nordtores schlossen sich hinter der Dritten Kompanie. Staub wirbelte unruhig umher und kam erst langsam wieder zur Ruhe. Stetig blieb die steinerne Präsenz der Festung hinter der Truppe zurück.
    Links und rechts ragten weiterhin Berge auf, aber geradeaus blieb das Land flach. Nur einzelne Felsformationen wuchsen wie steinerne Wäldchen in die Höhe. Es roch brandig und nach Schweiß. Die Sonne

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