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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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anderes getan, als immer nur auszubilden! Und als dann etwas passierte, war es furchtbar und gesundheitlich zu viel für dich!« Die beiden wohnten nun seit zweieinhalb Monden in einem Zimmer. Fenna hatte Gyffs beinahe alles über sich erzählt, und Gyffs Fenna das meiste von dem wenigen, was es über sie zu berichten gab.
    »Chlayst ist nicht Carlyr. Chlayst war nicht dazu bestimmt, dass dort alles in Bewegung gerät. Aber Carlyr schon. Wenn nicht irgendwann etwas Bedeutsames passiert, dann werden hier alle zu Affenmenschen. Oder zu Staub. Oder zu einem brandigen Geruch, der über Steppen weht.«
    In dieser Nacht stank es draußen wieder, so stark, dass Fenna das Fenster schließen musste.
    Die Männer nahmen die Nachricht, dass sie ins Feindesland marschieren sollten, unterschiedlich auf. Die beiden Korporale sowie die meisten der Grünhörner blieben gefasst und ungerührt. Behnk jedoch fing augenblicklich an zu weinen und zu schlottern, Ekhanner zu beten, Jonis befingerte nervös und bleich sein Medaillon. »Scheusal« Kertz lachte und sagte mit deutlich verstärktem Speichelfluss: »Endlich geht’s los!«
    Den 5. Blättermond über bereitete die Dritte Kompanie des Zweiten Bataillons ihre Waffen und ihre Ausrüstung auf einen sechstägigen Marscheinsatz vor.
    Fenna unterrichtete Lement. Der schien sich tatsächlich zu freuen. »Ich bin schon viermal im Affenmenschengebiet gewesen. Es ist sehr interessant dort, Pflanzen und Tiere, die es sonst nirgends gibt.«
    »Und die Affenmenschen?«, erkundigte sich Fenna.
    Lement lachte. »Die lassen sich doch ohnehin nie blicken.«
    Fenna hatte auch das Bedürfnis, sich von Ilintu zu verabschieden. In den bald drei Monden seines Hierseins war er bei ihr nicht nennenswert weitergekommen, aber dann wiederum hatte er den Eindruck, dass sie mit keinem anderen Angehörigen der Festung einen freien Abend unter vier Augen verbracht hatte, so wie mit ihm in der Mitte des Sonnenmonds. Er hatte sie noch nie gefragt, ob sie außerhalb der Festung einen Mann hatte, aber sie wusste von ihm, dass er nie geheiratet hatte.
    Kurz vor der Schwelle zum Lazarett kehrte er wieder um. Es war lächerlich. Er zog nicht in einen Krieg. Nach sechs Tagen Geleitschutz für einen Planwagen würde er wieder zurück sein.
    Als er sich umwandte vorm Lazarett, fuhr tatsächlich genau jener Wagen durchs Südtor in die Festung ein. Die rundgespannte Plane war womöglich einmal weiß gewesen, jetzt sah sie aus wie fleckiger Sand. Fenna überquerte den Hof und ging auf die Händler zu, die hinter den vier Zugpferden auf dem Kutschbock saßen.
    »Willkommen in der Festung Carlyr«, sagte er. »Ich bin Leutnant Fenna, einer der beiden Leutnants der Dritten Kompanie, die Euch nach Norden begleiten werden.«
    »Ahhh, ja.« Der Händler grinste und spuckte Kautabak aus. »Neu hier, was?«
    »Drei Monde sind’s schon.«
    »Ahhh, das ist doch gar nichts. Ich hab mein ganzes Leben in dieser Gegend verbracht. Angenehm, Leutnant! Ich bin Emjen Raubiel, und das ist meine Tochter Onida.« Fenna gab beiden die Hand. Emjen Raubiels Zähne waren lückenhaft und vom Kautabak dunkelbraun verfärbt. Seine faltige Haut erinnerte an geschnitztes Holz. Onida Raubiel war zwar keine Schönheit wie Ilintu, aber mit ihren klaren, hellen Augen und der schmalen Taille für Fennas Geschmack dennoch deutlich zu attraktiv und zu jung. Sie schien ein Mädchen zu sein, das eher als Junge aufgewachsen war, Jungenarbeit verrichtete und sich nur schwerlich vom bereits ziemlich betagten Vater im Zaum halten ließ. Fenna hatte gehofft, die Händlertochter wäre ein vertrockneter Besen, weil es dann weniger Probleme mit den Männern geben würde. Der schleimige Schäkerer Resea war zwar nicht mehr dabei, aber Fenna konnte ein Schaudern nicht unterdrücken, wenn er sich vorstellte, wie »Scheusal« Jeo Kertz sich vor der aparten Händlerstochter doppelt so stark ins Zeug legte wie sonst. Soldaten tendierten ohnehin dazu, alle Frauen hübsch zu finden und romantisch zu überhöhen. Das lag in der Natur der Dinge: Frauen waren ein seltenes, beschützenswertes Gut für einen Angehörigen der Armee. Es sei denn, sie trugen selbst eine Uniform oder waren sogar eine Vorgesetzte wie Loa Gyffs. Gyffs war auch nicht gerade hässlich, aber sie setzte Strenge und Autorität ein, um nicht als Frau, sondern als Offizier wahrgenommen zu werden. Für einen blutjungen Leutnant hatte sie dieses Problem hervorragend in den Griff bekommen.
    »Angenehm, Leutnant

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