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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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weckt«, ließ Fenna nicht locker.
    »Selbstverständlich tun wir das. Geh jetzt endlich schlafen!«
    Fenna tastete sich zurück zu seiner Decke.
    Er war unruhig, wie die meisten seiner Männer. Dieses Lager war nicht nur keine Festung, kein Zimmer, kein Bett. Es war Feindesland. Auch Eremith Fenna hatte noch nie zuvor eine Nacht in Feindesland verbracht. In einem Katastrophengebiet, ja. Aber nicht im Revier eines unbekannten, zu bekriegenden Volkes.
    Als er endlich einschlief, war die erste Wachschicht schon vorüber. Wispernd hatte Leutnant Gyffs die zweite Schicht instruiert und im Gelände aufgestellt. Fenna war zum ersten Mal richtig tief reichend froh darüber, dass Oberst Jenko ihm einen zweiten, gleichrangigen Offizier zur Seite gestellt hatte.
    In den beiden Stunden, die ihm noch blieben, bis er selbst mit Wachen an der Reihe war, träumte er etwas sehr Seltsames: Die Kinder vom Scheiterhaufen waren verschwunden. Und er streifte durch ein verwaistes Chlayst und konnte sie nirgends finden.
    Jemand weckte ihn. Fenna versuchte, sofort hellwach zu sein, aber in den ersten Momenten gelang es ihm nicht einmal, denjenigen zu erkennen, der ihn wach machte. Es war Korporal Deleven. Fenna nahm einen Notfall an, tastete fahrig nach seinem Säbel. Sein Herz hämmerte bis hinauf zur Halsschlagader.
    »Alles in Ordnung, Leutnant«, flüsterte Deleven. »Alles ruhig. Die meisten schlafen tief und fest. Die dritte Wachschicht versammelt sich dort drüben. Ich bringe Euch hin.«
    Ich bringe Euch hin . Ein Korporal musste seinen Leutnant führen wie ein verschrecktes Kind. Aber Deleven kannte das Gefühl, sich im Feindesland zu befinden. Als er noch mit Malk Falanko geritten war, bestand der gesamte Kontinent aus Feindesland. In dieser Hinsicht war er Fenna tatsächlich weit voraus.
    MerDilli, Jonis und von den Holtzenauen warteten auf ihren Leutnant am Rande des Lagers. Deleven brachte Fenna dorthin und legte sich dann schlafen. Jonis klapperte noch immer vor Kälte mit den Zähnen. Als Einziger der vier Wachtposten hatte er seine Decke über die Schultern gelegt. Fenna fand, dass das gar keine so schlechte Idee war. Die Männer waren todmüde. Die dritte Wachschicht war neben der zweiten die undankbarste. Fenna schaute zum Himmel. Es gab kein Streulicht mehr. Eine Wolkenwand hatte sich zwischen sie und das All geschoben. Eine Wolken hand . Fenna wusste selbst nicht, woher dieser Gedanke gekommen war.
    »Wir werden uns nicht verteilen«, sagte er zu seinen drei Mitwächtern. »In dieser Pechschwärze können wir uns sonst gegenseitig nicht sehen. Wir bleiben zusammen und gehen das Lager an den Rändern ab. Aber Vorsicht, nicht stolpern! Lasst uns lieber sehr langsam sein, als die anderen mit Ungeschicklichkeit zu wecken.« Jonis schien froh zu sein, sich auf Wache bewegen zu können. Aber auch sein knabenhaftes Gesicht war verschattet, sah verdorrt aus und runzlig.
    Fenna spürte, wie er, obwohl er wach war, sich in unmittelbarer Nähe eines Nachtmahrs aufhielt. Wie wenn man aus einem Albtraum hochschreckt und sich fürchtet, wieder einzuschlafen, weil man ahnt, dass der Traum dicht unter der Oberfläche des Schlafes noch lauert. Als ob Fenna sich nur auf eine ganz bestimmte Richtung seiner Gedanken einzulassen brauchte, um in Panik zu geraten. Was, wenn die Affenmenschen gar nicht existieren, sondern wir selbst sie sind, abgeschnitten vom Licht, schwarz gebrannt und fellüberzogen von weiter nichts als Düsternis? Fenna schüttelte sich bei diesem Gedanken. Er musste sich ablenken. Er dachte an Ilintu und dann – auch seltsam – an Gyffs, wie er sie einmal, nur mit einem lose flatternden Handtuch umwickelt, im Waschhaus gesehen hatte. Das brachte ihn immerhin wieder zum Schmunzeln.
    Das Land lag still wie umgebracht. Keinerlei Nachtvögel und auch weiterhin nicht einmal Motten oder Mücken oder Fledermäuse, die schwirrend unter den Wolken jagten. Nichts.
    »Die Pferde, Leutnant«, sagte von den Holtzenauen leise.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sie sind unsere Verbündeten. Wenn sich irgendetwas nähern würde oder eine Gefahr drohte, würden sie sicherlich nicht so ruhig dastehen und dösen.«
    Fenna schaute ins Dunkel zu den Pferden und der nächtlichen Leinwand des Planwagens. »Du hast recht. Das stimmt tatsächlich. Mensch, ich hätte nie gedacht, dass ich mal froh sein würde, Pferde dabeizuhaben, aber so ist es. Also, du kannst aufhören, mit den Zähnen zu klappern, Jonis. Hier ist nichts.«
    »Das ist die K-k-kälte,

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