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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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salutierte. Fenna hatte ihm am gestrigen Abend noch Kohlestifte und Papier ausgehändigt sowie allen ihre Schutztücher gegen das Gas.
    Der Leutnant ließ noch einmal seinen Blick über die versammelte Kompanie schweifen. Zwei Züge, der eine mit Bögen, der andere mit Schilden. Garsid, der sich auch weiterhin die Glatze rasierte, was jetzt aber zu seinem neuen Rang als Korporal gut passte – ein Korporal durfte sich äußerlich ruhig ein wenig von den übrigen Soldaten abheben. Er stand vor seinen sieben Männern, als hätte dies schon immer so sein müssen. Diese sieben waren die Infanterie. Sie trugen schwere, eisenbeschlagene Schilde und waren deshalb weniger wendig als der Zweite Zug. Garsid und seine sieben sollten ein Bollwerk sein.
    Alman Behnk war ein Baustein dieses Bollwerks. Inzwischen kaum noch als fett zu bezeichnen, war er höchstens noch übergewichtig. Die Monde der kontinuierlichen körperlichen Belastung hatten sein Fett geschmolzen wie Butter in einer Pfanne. Behnk würde wahrscheinlich nie vollkommen rank und schlank werden, aber inzwischen schwabbelte an ihm nichts mehr haltlos herum. Zusätzlich zu seinem neuen, sichereren Körpergefühl ließ er sich einen verwegenen Dreitagebart stehen, damit sein kinnloses Gesicht etwas männlicher wirkte. Auf seinen Glückslöffel verzichtete er allerdings weiterhin nicht: Er trug ihn deutlich sichtbar neben dem Säbel im Gurt. Behnks gute Laune ließ sich auch durch den bevorstehenden Aufbruch ins Affenmenschenland nicht schmälern.
    Mails Emara, ein weiterer Baustein. Früher immer rotbackig und munter, wirkte er nun etwas bleich um die Nase. Er war nicht frei von Furcht angesichts dieses Einsatzes, aber von seinen Kameraden umgeben fühlte er sich doch einigermaßen sicher.
    Jovid Jonis wuchs unter der Sonderaufgabe des offiziellen Missionszeichners. Man hätte ihn beinahe auf 17 Jahre schätzen können, so entschlossen und erwachsen schaute er heute drein.
    »Scheusal« Kertz trug seine »Kriegsaugen«. Die dicken Gläser waren so geschliffen, dass Kertz’ eigentliche Augen kaum noch zu sehen waren. Stattdessen zwei Spiegel, die alles Gespiegelte verzerrten, verkleinerten und auf den Kopf stellten. Sollten die Affenmenschen doch kommen und verzerrt, verkleinert und auf den Kopf gestellt werden!
    Ellister Gilker Kindem hatte sich von allen Grünhörnern am wenigsten verändert. Sein Gesicht war immer noch langwimprig, sanft und dümmlich, seine Stimme immer noch tief und langsam, sein Leib immer noch zu groß für einen gewöhnlichen Menschen. Er ragte aus dem Ersten Zug heraus wie ein schlecht eingeschlagener Zaunpfahl, und dennoch war er ein akzeptierter und bei den anderen beliebter Bestandteil des Gesamtbildes. Seine Länge spendete Schatten, sein ruhiges Gesicht minderte Aufgeregtheit. Aus ihm wurde ein ausgesprochen verlässlicher Soldat.
    Sensa MerDilli. Seine Haut schien in den Sommermonden noch dunkler geworden zu sein, seine Augen sprühten schwarze Funken. Hier war jemand, der auf diesen Einsatz brannte. Ihn würden die Leutnants im Zaum halten müssen, falls Feinde auftauchten.
    Breff Adirony Teppel dagegen war sicherlich das schwächste Glied des Infanteristenzuges. Sein grauer Vollbart hatte inzwischen einen militärischeren Zuschnitt als vorher, aber aus seinen Augen sprach jene tief reichende Müdigkeit, die Gyffs schon seit Wochen voller Sorgen beobachtete. Unterschiedliche Leistungen bei den entsprechenden Übungen hatten dazu geführt, dass Teppel und sein Freund Ildeon Ekhanner in zwei verschiedene Züge aufgeteilt wurden. Obwohl sich an der Belegung der Quartierszimmer nichts geändert hatte und Teppel sich weiterhin mit Ekhanner ein Doppelstockbett in Raum G teilte, war dem ältlichen Uderuner seine innere Isolation deutlich anzumerken. Seine Söhne waren tot, er selbst für den Militärdienst eigentlich schon zu alt, was jeder weitere Tag aufs Neue bewies; es war nichts als Schinderei, Körper und Geist wurden nicht mehr stärker, sondern nur noch älter. Es gab keine Wiedergutmachung, keine Entschädigung, keinen Ersatz, kein Rückgängigmachen. Es gab nur ein stumpfes Vorwärts ins Nirgendwo. Die Akte Teppel war ein Trauerspiel, dem beide Leutnants sich mit Hilflosigkeit gegenübersahen.
    Das waren die sieben vom Ersten Zug. Der Zweite Zug war deutlich kleiner, nur vier Mann unter ihrem Korporal Deleven.
    Nilocas Deleven hielt es mit der Frisurenordnung ähnlich wie Korporal Garsid: Er trug seine kurzen Flechtzöpfe neuerdings

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