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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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denn?«, hauchte Tadao Nelat mit vibrierender Stimme.
    »Keine Ahnung«, sagte sein Leutnant. Etwas Massiges musste sich von links nach rechts durch ihrer beider Blickfeld geschoben haben. Es konnte ein weit entfernter Drache gewesen sein, ein nicht ganz so weit entfernter Affenmensch auf einem Einhorn, ein riesiges Felskrebs-Muttertier oder auch nur eine wenige Hundert Schritt entfernte Eule auf nächtlichem Jagdflug. Alles Gefährliche und Unerhebliche war im Feindesland denkbar, und solange es sich nicht noch einmal zeigte, weigerte sich Leutnant Fenna einfach, in irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen auszubrechen. Die Männer brauchten ihren Schlaf, der nun ohnehin durch die nächtliche Lagerverlegung gestört worden war.
    Der Schatten zeigte sich kein zweites Mal. Nach einer weiteren halben Stunde verloschen die fernen Fackeln von Gollbergs Lager und ließen die Nacht zurückschwappen in ihr Bett unter den tiefen Wolken.
    Fenna übergab die Wache an Gyffs, Kertz und Emara und schlief, unruhig wie selten, von Umzingelungen träumend und von Yinn Hanitz, der dringlich und eiternd auf ihn einredete, aber kein einziges Wort war zu verstehen.
    Am dritten Tag gab es diesmal immerhin kein Gasfeld zu durchqueren.
    Die Spur der Ersten Kompanie wiederzufinden war gar nicht so einfach, aber unter Zuhilfenahme der Richtung, in der Fenna und Nelat in der Nacht die Fackeln gesehen hatten, gelang es schließlich Korporal Deleven, die Fährte der Vorhut auf dem felsigen Geläuf auszumachen.
    Die Dritte Kompanie folgte in der unermüdlichen Ganggeschwindigkeit der Zugtiere und legte beinahe überhaupt keine Pausen ein. Die Reihenfolge der Wagen hatte sich etabliert: vorne links Leutnant Gyffs, leicht nach hinten versetzt rechts daneben Korporal Deleven, links hinter Gyffs der Wagen, den von den Holtzenauen lenkte, und wiederum rechts dahinter Stodaert, Fenna und Nelat. Leutnant Fenna gewöhnte sich daran, falschherum zu fahren und nach hinten Ausschau zu halten. Am ersten Tag hatte ihm das noch widerstrebt, denn es bedeutete, blindes Vertrauen zu Leutnant Gyffs und den anderen zu haben. Aber es ereignete sich nichts Bedeutsames, was das blinde Vertrauen einfacher machte.
    Die Landschaft zog vorüber wie erkaltete Schlacke. Windböen wehten knisternden Sand gegen die Planen, aber nirgendwo Vögel oder auch nur Fliegen. Die Dritte Kompanie fuhr durch bizarr geschichtetes Ödland, eine kleine helle Raute in einer Welt aus Grau und Braun.
    Gollbergs breite Spur blieb über weite Strecken unsichtbar. Entweder war der Boden zu fest, oder der Wind hatte bereits frischen Sand über die Spur gestreut. Aber Leutnant Gyffs vertraute darauf, dass der Hauptmann eine Richtungsänderung deutlich gekennzeichnet hätte. Also fuhr sie einfach geradeaus und folgte den Einschnitten im Gelände, die für Wagen passierbar waren. Tatsächlich fanden sie die Spur der Kavallerie so etwa alle halbe Stunde wieder, und das genügte, um wenigstens einigermaßen beruhigt zu sein.
    Am späten Nachmittag schließlich trafen sie auf eine soldatische Kennzeichnung: ein paar aufgeschichtete Steine linkerhand, markiert mit einem Ausriss aus dem Taschentuch eines Offiziers. Gyffs ließ anhalten und die Gegend absuchen. Korporal Deleven fand die Fährte wieder, die an dieser Stelle beinahe im rechten Winkel nach links abbog. Voraus war nichts Ungewöhnliches zu erkennen.
    »Gollberg kennt dieses Land besser als wir«, sagte der weibliche Leutnant zu ihren Männern. »Entweder voraus ist eine Gefahrenstelle, oder ein Drache oder so was ist dort niedergegangen. Wir können ihm vertrauen, dass sein Weg der richtige ist.«
    Die Spur führte nur eine Meile nach links, bog dann wieder nach rechts ab, dann noch mal nach rechts und schließlich nach links auf die ursprüngliche Richtung. Die Erste Kompanie hatte etwas umritten, etwas, was für die Dritte nicht zu erkennen war. Die Männer diskutierten über Drachen, Affenmenschenlager und Haihundrudel. Niemand erwähnte das Wort »Panzerlöwen«.
    In der Abenddämmerung flammte der Himmel ungewöhnlich feuerrot auf. Fenna vermeinte den Brand, der auch in der Festung manchmal die Luftwege reizte, deutlicher riechen zu können. Er fühlte sich verwirrt und kränklich, hatte stechende Kopfschmerzen und dann wieder eine verstopfte Nase. Einige der Männer sahen ebenfalls mitgenommen aus. Vielleicht gab es Gasfelder in diesem Land, die schwerer zu sehen und riechen waren als das, was sie bei der Raubiel-Mission zu durchqueren

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