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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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schuldig. Stattdessen musterte sie Fenna aus der Dunkelheit heraus, als versuche sie zu ermessen, ob im Ernstfall überhaupt noch Verlass auf ihn war.
    Auch er stellte sich diese Frage, später, während seiner Wachschicht und in der langen Schlafpause danach.
    In der Luft lag ein seltsames Geräusch, das wie ein fernes Singen klang, aber wahrscheinlich nur vom Wind herrührte, der durch irgendwelche Gesteinsformationen pfiff.
    Ansonsten war die Nacht bar jeglicher Bewegung.

5

    Der fünfte Tag brachte eine Verfärbung des Landes hin zum Gelblichen. Der Boden wurde sandiger, die Spuren der Vorausreitenden wieder deutlicher. Gleichzeitig jedoch sah diese Fährte anders aus als an den ersten Tagen. So, als hätte Hauptmann Gollberg das Reiten in militärischer Formation aufgegeben und seine Kompanie sich in eine wild dahinsprengende Horde verwandelt.
    Fenna ließ bereits am späten Morgen halten und den Korporal Deleven die Spur genau untersuchen.
    »Was ist denn los?«, erkundigte sich Leutnant Gyffs.
    »Ich will sicherstellen, dass wir hier nicht der Fährte irgendwelcher … auf Einhörnern reitenden Affenmenschen auf den Leim gehen.«
    Deleven berichtete, was er herausfinden konnte. »Die Anzahl der Reiter entspricht in etwa der der Ersten Kompanie. Vielleicht sind es zwei oder drei weniger. Und es sind beschlagene Pferde. Armeehufe, würde ich sagen. Es sind unsere Jungs.«
    »Warum finden wir eigentlich nie Überreste eines Lagers?«, hakte Leutnant Fenna nach. »Die müssen doch auch Nachtruhen einhalten und Essen fassen, genau wie wir.«
    »Aber sie machen ebenfalls kein Feuer, also kann man keine Feuerstellen finden. Und was Nahrungsabfälle oder andere Verrichtungen angeht, sind sie offensichtlich sehr erfahren darin, sich im Feindesland zu bewegen, und hinterlassen keine Spuren.«
    »Aber das ergibt keinen Sinn! Sie hinterlassen doch eine gewaltige Spur! Wir folgen ihr seit Tagen! Jeder kann ihr folgen!«
    Deleven wusste auf Fennas Bemerkungen nichts zu antworten. Stattdessen fragte Leutnant Gyffs nach: »Du sagst, es könnten zwei bis drei Reiter weniger sein. Aber wir haben nirgends Gräber oder tote Pferde gefunden.«
    »Vielleicht haben sie die auch verborgen. Aber ich weiß es nicht, Leutnants. Leutnant Fenna hat recht, dass sie sich angesichts ihrer überaus deutlichen Hufspuren eigentlich die ganze Mühe sparen könnten.«
    »Vielleicht ist es die Macht der Gewohnheit«, versuchte Gyffs eine Erklärung. »Vielleicht will der Hauptmann einen Drill aufrechterhalten, der seinen Leuten einfach geläufig ist. Dass sie eine Fährte durchs Land ziehen, ist ja normalerweise kein Bestandteil ihrer Erkundungsmissionen. Das machen sie nur unseretwegen.«
    »Und das bringt sie in Gefahr«, brummte Fenna. »Mehr noch als uns, die wir nur eine bereits existierende Spur auffrischen.« Was machen wir, wenn wir sie nicht mehr finden? , hallte es ihm durch den Kopf. Was machen wir, wenn sie sich mitsamt ihres Wärmemagiers einfach Stück für Stück in Luft auflösen, bis nichts mehr von ihnen aufzuspüren ist? Aber solange es diese Huffährte gab, gab es auch die Kavallerie der Festung Carlyr noch.
    Die Wagen rollten weiter, im tiefer werdenden Sand noch langsamer als ohnehin schon. Am Himmel zogen sich die Wolken zu vereinzelten Ballungen zusammen, und dazwischen begann Blau zu leuchten und sich auszubreiten. Ein blendendes Blau, dessen Sonne nirgendwo sichtbar war, sich vielleicht aufgelöst hatte, um das gesamte Firmament mit ihrer Essenz zum Gleißen zu bringen.
    Die vier Kutscher hielten ihre Gesichter unter den Helmen gesenkt. Die Mitfahrer verbargen sich in den Schatten der Planen. Es wurde nicht wärmer, eher kälter. Aber die Helligkeit übertraf die der vorangegangenen Tage bei Weitem.
    Es war in der Stunde vor der größten Mittagshelligkeit, als Leutnant Gyffs, Mails Emara und Korporal Deleven beinahe gleichzeitig voraus einen einzelnen Reiter erblickten. Die Luft flimmerte nicht, weil der Boden die Kühle nahender Nachtfroste ausatmete. Aber der Reiter bewegte sich in seinem eigenen Staub und war deshalb nur unvollständig auszumachen.
    »Einer von uns?«, fragte Deleven.
    Leutnant Gyffs kniff die Augen zusammen und hielt schließlich den Wagen an. Der Reiter oder die Reiterin mochte auf einem Pferd, einem Einhorn oder sogar auf einem von diesen Höckertieren, die in der Gegend von Diamandan geritten wurden, sitzen. Es war noch nicht zu erkennen. Ein einzelner Reiter war jedoch auf jeden Fall

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