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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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hinzuweisen auf einem Boden, der zu steinig war für Spuren. Was sie allerdings weder an diesem noch dem vorherigen Tag gefunden hatten, waren Anzeichen für Gollbergs vermeintlichen nächtlichen Kampfschauplatz gegen die Steinkrebse. Es war schwer abzuschätzen, ob Gollbergs Trupp einen oder bereits zwei Tage Vorsprung hatte, aber irgendwelche Überbleibsel eines unruhigen Lagers hätten bei strikter Verfolgung der Spur doch zu sehen sein müssen.
    Fenna war nur zu bereit, an Sinnestäuschungen zu glauben.
    Dazu kam, dass Tadao Nelat auf einmal vermeinte, einen Affenmenschen gesehen zu haben, und damit die ganze Kolonne in Aufregung versetzte.
    »Wie sah er denn aus?«, wollte Leutnant Fenna wissen.
    »Groß. Grau. Mit beinahe glatter Haut.«
    »So wie diese Felsen da?«
    »Ja. Ziemlich genau so.«
    »Aber er hat sich bewegt?«
    »Ja. Glaube ich zumindest. Ich meine, wir haben uns bewegt … der Wagen hat geruckelt …«
    Vegetation tauchte auf, die erste seit zwei Tagen. Es handelte sich um eigenartig verkrüppelte, laublose Bäume, die ihre Zweige anklagend dem Himmel entgegenreckten. Man mochte sie für verwunschene, verwachsene Menschen halten. Doch auch sie bewegten sich nicht. Nicht einmal ihre Zweige zitterten im Wind.
    Am späten Nachmittag war es Korporal Deleven, der Leutnant Gyffs meldete, etwas gesehen zu haben. »Ein Flackern, Leutnant. Eine Art Licht, wie Wetterleuchten. Dasselbe habe ich auf der Raubiel-Mission auch schon einmal wahrgenommen, in der Nacht am frisch angelegten Proviantlager.«
    »Wo denn, Korporal? Ich kann nichts entdecken.«
    »Weit voraus, dort drüben. Zweimal hat es geflackert.«
    »Aber es ist doch noch hell.«
    »Ich habe es dennoch gesehen. Ich irre mich bestimmt nicht.«
    Die meisten, auch Fenna, starrten jetzt nach vorne. Nichts flackerte, und man diskutierte angeregt darüber, wie gut ein Wetterleuchten am helllichten Tag überhaupt zu erkennen war. Das war dann auch das Ergebnis des angestrengten Ausschauhaltens: dass Deleven sich wohl nicht geirrt hatte, aber es nichts weiter gewesen war als ein fernes Unwetter.
    Bis zur Dämmerung fragten sich nun alle, wie das wohl sein musste, in diesem Land von einem blitzetobenden Unwetter heimgesucht zu werden. Ängste schossen ins Kraut. Unabhängig voneinander dachten die beiden Leutnants darüber nach, ob es nicht besser für die Moral der Truppe wäre, wenn die Männer mit Marschieren beschäftigt waren, anstatt den ganzen Tag herumzusitzen und Zeit und Luft für Spukgeschichten zu haben.
    Beim Aufschlagen des Nachtlagers wurde die allgemeine Unruhe diesmal von Mails Emara angefacht. »Wisst ihr, Jungs, warum wir diesmal nichts zu sehen und zu hören kriegen? Keine Haihunde, keine Drachen, keine Kleinechsen, nichts? Weil sich etwas zusammenbraut! Etwas Großes!«
    »Es gibt eine ganz einfache Erklärung dafür, warum wir diesmal nichts zu sehen bekommen«, setzte Leutnant Gyffs den Männern geduldig auseinander. »Hauptmann Gollberg ist hier durchgeritten. Und dieser Trupp ist nicht nur größer als unserer – doppelt so groß, was die Mannstärke angeht –, sondern reitet auch schneller, wirbelt mehr Staub auf, macht mehr Geräusch, ist also einfach weitaus interessanter als wir. Gollberg zieht alles neugierige und gierige Leben hier an – und was er nicht anzieht, verscheucht er nachhaltig. Deshalb bleiben wir in seinem Kielwasser und Windschatten unbehelligt, und das ist doch ausgesprochen in Ordnung so.«
    Die Grünhörner schnatterten noch ein wenig, wurden insgesamt aber merklich ruhiger.
    »Du bist eben die Mutter der Kompanie«, sagte Fenna anschließend scherzend am Rande des Lagers zu Gyffs und fing sich dafür einen Hieb gegen die Schulter ein.
    »Diese Fehlmeldungen müssen aufhören, Eremith«, sagte Gyffs ernst. »Wenn jetzt jeder bei jedem zuckenden Schatten einen Affenmenschen ausruft oder einen nahenden Wirbelsturm, haben wir es hier bald mit nackter Panik zu tun.«
    »Wir können den Männern nicht den Mund verbieten, Loa. Eine dieser Fehlmeldungen könnte vielleicht keine Fehlmeldung sein.«
    »Ja, das weiß ich auch. Aber wir müssen den Deckel draufhalten, damit sich die Männer nicht gegenseitig mit ihrer Schwarzseherei anstecken.«
    »Auf dieses Land passt kein Deckel. Ihr Götter, es kann einfach alles passieren! Niemand hat jemals erforscht, was für Lebewesen oder sonstige Gefahren es hier gibt.«
    »Hast du Angst?«
    »Natürlich habe ich Angst. Du etwa nicht?«
    Loa Gyffs blieb ihm die Antwort

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