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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Belagerung. Eine Übernahme der leer stehenden Gebäude genügt mir vollkommen.«
    Hauptmann Gollbergs Mund bewegte sich. Sein Kopf sah aus, als würde er vor lauter Blutzufuhr bald bersten. Er blubberte etwas hervor. Fenna konnte es kaum verstehen. Erst im Nachhinein gelang es ihm, die gutturalen Laute zu etwas Sinnvollem zusammenzufügen. »Bei den Göttern, Leutnant Fenna«, hatte Gollberg geröchelt, » bringt das Dreckschwein endlich um! «
    Das war wieder ein Befehl. Eine direkte, im Klang vielleicht undeutliche, im Wortlaut jedoch unmissverständliche Anweisung eines Vorgesetzten. Dieser Vorgesetzte war nackt und kopfunter auf einen Felsen gespießt wie ein Insekt und offensichtlich nicht mehr Herr seiner Sinne. Er brabbelte mehr, als dass er sprach.
    Fenna spürte, wie die Wüste rings um ihn zurückwich. Die Felsen mit den Gemarteten, die Wagen mit den Soldaten – alles entfernte sich, ließ in der ganzen weiten Welt nur noch ihn selbst und den Magier Onjalban. Dessen Hautbeschriftung sich zu verändern schien, während er sprach. Dessen Körper womöglich abbildete, was sein Mund sagte.
    Fenna bewegte sich auf den Reiter und das zottelige Einhorn zu. Langsam, um das Tier nicht scheu zu machen, den Kopf leicht gesenkt. Das Tier war zweifelsohne schön zu nennen; seine Augen waren sanft und dunkelblau, von langen Wimpern beschattet. Sein längliches Gesicht war eine Mischung aus Rassepferd, Antilope und Raubkatze.
    »Ihr sagt«, begann er beim Gehen, »dass ich Eure Nachricht überbringen soll. Nur ich allein? Ohne meine Männer?«
    Onjalbans Bart verzog sich wieder, weil sein Mund lächelte. »Da meine Taktik darin bestand, möglichst viele Soldaten aus der Festung herauszulocken, wäre es doch wohl ziemlich widersinnig, wenn ich einen nicht unerheblichen Teil von ihnen einfach so wieder zurückkehren ließe, oder nicht?«
    »Was habt Ihr mit ihnen vor?«
    »Ich werde ihnen anbieten, meine Geiseln zu sein. Dies beinhaltet die Gastfreundschaft meiner Freunde, die durchaus den Tonfall, der in einer Soldatengarnison herrscht, an Freundlichkeit und Wärme übertreffen könnte. Aber selbstverständlich werden deine Männer sich weigern, es wird so etwas wie ein Gefecht geben, und am Ende hängen die Robustesten von ihnen an diesen Felsen und füttern die Wüste mit ihren Schreien.«
    »Oder wir nehmen Euch gefangen, wie es unsere Pflicht ist, befreien unsere Kameraden und stellen Euch in der Festung Carlyr vor das Militärgericht, das Ihr verdient.«
    »Aber ich bin niemals ein Militär gewesen. Ich bin nur ein Zwangsrekrutierter, der sich sämtlichen Eiden verweigerte und dennoch mitgeschleift wurde, weil es dem General im Winter so furchtbar kalt war. Nun bist du nahe genug gekommen, Leutnant. Einen Schritt weiter, und ich muss mir einen anderen als Überbringer meiner Botschaft aussuchen. Und es ist mir wirklich egal, wen.«
    Fenna blieb stehen. Nur noch zwei Schritte trennten ihn von dem Reiter. Der Eigengeruch des Tieres war erstaunlich stark. Salzig, vergoren, ein wenig wie Senf.
    Fenna sprang, um den Reiter vom Tier zu reißen. Der Sand klebte an seinen Schuhen, machte ihn schwer und langsam. Das Tier wich zurück, berührte Fenna dabei beinahe sanft mit dem gesenkten Stirnhorn. Fenna erwartete einen magischen Schock, spürte jedoch nur kühle, trockene Glätte.
    Gleichzeitig befahl Loa Gyffs: »Schießt!«
    Stodaert und von den Holtzenauen ließen die Sehnen los. Ihre Pfeile schwirrten auf Onjalban zu. Mit einer Gebärde, die aus dem Zurückreiten heraus ruckartig wirkte, wischte er sie aus der Luft.
    Deleven jedoch hatte gewartet und schoss erst jetzt.
    Sein Pfeil traf Onjalban links oben in die Brust, oberhalb des Herzens, unterhalb des Schlüsselbeins.
    Onjalban stöhnte. Kippte im Sattel. Fenna war heran, das Reittier wendete nicht schnell genug. Fenna bekam den Magier zu greifen und riss ihn aus den fellverkleideten Steigbügeln. Es war wichtig, ihn schnell aus dem Geschehen zu eliminieren. Damit er die Pferde nicht freisetzen konnte. Damit er die Soldaten nicht freisetzen konnte.
    Ein Geräusch ertönte, ein Pfeifen oder Sirren. Hinter den Felsen stürzten Affenmenschen hervor. Zehn, sechzehn, zweiundzwanzig. Vierzig.
    Fennas Gesicht verzerrte sich zu etwas, das einem Grinsen ähnlich sah. Das immerhin, mit den verborgenen Kräften hinter den Felsen, war militärisch nachvollziehbar. Magie war unmöglich zu entschlüsseln. Aber Krieger, die aus einem Versteck hervordrangen – das war

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