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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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der Hauptstadt hat beschlossen, dass ich hergenommen und geopfert werden muss. Dabei hatte ich nie ein einziges kritisches Wort gegen die Königskrone geäußert. Ich fand mich wieder in einem Treck der Verdammten. Durch Eis und Irrwege kämpften wir uns voran und verloren an Substanz. Viele starben bereits unterwegs, andere wurden krank oder wahnsinnig. Ich kam durch, denn meine Magie hielt mich warm. Meine Magie war mein schützender Schild.«
    Fenna war jetzt nur noch zehn Schritt von den Felsen entfernt. Er konnte den Schweiß des Wüsteneinhorns riechen. Hauptmann Gollberg regte sich. Seine Augenlider waren zugeschwollen, und eine vertrocknete kleine Zunge bewegte sich wie ein Insekt zwischen spröden Lippen.
    Onjalban fuhr fort zu reden. »Dann stießen wir auf eine Ansiedlung der Affenmenschen. Das war noch ein paar Tagesreisen nördlich von hier. Die Menschen nennen diesen Ort Skorpionshügel , weil Kundschafter in früheren Zeiten darüber berichtet haben, dass es dort von Skorpionen wimmelt. Die Affenmenschen nannten diesen Ort Golkhor . Er existiert nun nicht mehr. Die magische Armee der Königin wollte ihn vernichten, aber durch diese ruchlose Tat wurde das Tor zur Quelle des Feuers weit, weit aufgestoßen, viel zu weit. Weiß glühende Qual versehrte uns alle mit sengendem Hauch. Ich überlebte natürlich. Wärme ist mein Element. Doch ich begriff nicht. Was war geschehen? Und warum? Zürnten die Götter unserer Verblendung? Dann wurde ich gefunden, und die Augen wurden mir aufgetan.« Onjalban schwieg. Es sah aus, als wäre er im Sattel eingeschlafen, aber vielleicht lauschte er auch nur einer besonders inbrünstigen Erinnerung hinterher.
    »Wer hat Euch gefunden?«, fragte Fenna. Er hielt es für klug, in einer solchen Situation nicht auf eine ehrbezeugende Anrede zu verzichten.
    » Sie haben mich gefunden«, antwortete der Magier und lächelte unter seinem Vollbart. »Die lebendigen Gottheiten. Die drei schönen Kinder des Himmels. Und der vierte. Der mächtigste Magier des Kontinents. Sie öffneten mir die Augen. Erklärten mir, wo die wahrhaftigen Feinde des Landes sitzen: in Aldava, unserer Hauptstadt, auf dem Thron. Dort werden Kriege erfunden, um das Land zu ermorden. Zuerst ging es gegen die Affenmenschen, doch leiden mussten vor allem die Magier. Bald wird es gegen die Riesen gehen, dann gegen die Untergrund- und die Schmetterlingsmenschen. Am Ende wird Krieg geführt werden gegen jedes einzelne Tier. Bis der Mensch nur noch sich selbst genügt, nur noch sich selber liebt und sich nur noch von seinesgleichen ernährt. Soldat, du bist Offizier, ist das nicht richtig?«
    »Ich bin Leutnant«, bestätigte Fenna.
    »Gut. Ich will, dass du meine Nachricht der Festung bringst:
    Wenn vom Gebirg im Nordosten
    die zweibeinig Schatten sich krallen,
    wird wehren nicht Rüstung noch Posten:
    Carlyr und Galliko fallen.
    Dies ist alles, was ich für euch tun kann. Ich gebe euch damit Gelegenheit, Carlyr und Galliko zu evakuieren, um das Ausmaß des Schadens für die Zivilbevölkerung möglichst gering zu halten. Noch bevor dieses Jahr verstrichen ist, werden wir diese beiden Befestigungen in unseren Händen halten und darüber hinaus noch ein drittes Ziel im Herzen des Landes, das euch jetzt aber nicht zu interessieren braucht. Wir nehmen uns nur, was unser angestammtes Recht ist. Wir erklären der Krone unseren Ungehorsam. Der Kontinent gehört nicht den Menschen. Das war nur ein Missverständnis der Zeiten, geboren aus Schwäche und Zaghaftigkeit. Magie wird herrschen und Wesen von großer Schönheit.«
    »Und Ihr seid in diesem ganzen Wahnwitz so etwas wie ein Heerführer?«
    »Eigentlich bin ich nur ein Übersetzer«, antwortete der Magier. »Aber ich habe neue Fähigkeiten gewonnen. Ich habe nicht nur die Wahrheit über unser Land, sondern auch über mich selbst erfahren. Und ich werde diese Fähigkeiten gegen Galliko einsetzen. Ja.«
    »Ihr könnt … Pferde zum Platzen bringen«, sagte Fenna geringschätzig.
    »O nein! Ich habe die Tiere lediglich freigesetzt. Die Reiter haben sie zum Zerreißen gebracht, indem sie herrisch an den Zügeln zerrten.«
    »Gibt es noch andere Überlebende als diese vier?«
    »Keine mehr.«
    »Und gab es jemals welche, die den großen Feldzug überlebten? Die Blinden in der Höhle?«
    »Dafür entschuldige ich mich. Um die Festung Carlyr ihrer Reiterei zu berauben, musste ich mir diese kleine Unsachlichkeit ausdenken. Ich will keine lange Schlacht mit einer schmutzigen

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