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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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unglaublicher Streber, dass er alles, was man ihm befahl, zwar langsam und mit einer kuriosen Steifheit, aber tadellos ausführte. Wahrscheinlich würde er auch eine senkrechte Wand hochgehen und dabei mit fünf Fackeln jonglieren.
    Nach Fennas bisherigen Erfahrungen in Chlayst waren Teppel, Jonis, Nelat, von den Holtzenauen, MerDilli, Kindem und Stodaert ganz durchschnittliche Jungsoldaten. Behnk, Ekhanner, Kertz und Emara waren unterdurchschnittlich, Resea, Deleven und Garsid überdurchschnittlich. Das ergab insgesamt eine vollkommen durchschnittliche Kompanie.
    Hauptmann Sigden Gollberg jedoch hatte keine durchschnittliche Kompanie.
    Fenna beobachtete die Mitglieder der Ersten, wann immer sich ihm dazu eine Gelegenheit bot. Gollberg schien aus Rekrutenhaufen wie den von Hobock versammelten Grünhörnern immer nur die Reseas, Delevens und Garsids herausgepickt und den Rest wieder nach Hause geschickt zu haben. Anders war der beinahe unheimliche Standard seiner dreißig Kavalleristen nicht zu erklären.
    Wie konnte man mit elf Normalsterblichen und nur dreien von diesem Format gegen vierzehn Gollbergzöglinge antreten und siegreich sein?
    Fennas Einstellung dem Manöver gegenüber veränderte sich immer weiter. Durch seine Wette hatte er Gollberg seinen Posten zur Disposition gestellt. Dann war Fenna zornig geworden und hatte beschlossen, diese Wette zu gewinnen. Inzwischen hatte er das Gefühl, diese Wette und damit das Manöver gewinnen zu müssen , weil er anders seine Ehre als Soldat der Königin und Stadtgardist Chlaysts Hauptmann Gollberg gegenüber nicht mehr wiederherstellen konnte.
    Immerhin hatten die Kinder in seinen Träumen jetzt keine Gelegenheit mehr zum Schreien. Es war nicht mehr genügend Platz dafür vorhanden.

9

    Der 20. Sonnenmond brachte die Ankunft von Leutnant Loa Gyffs.
    Leutnant Fenna übte gerade mit seinen Männern, wie man einen Gegner am Schild packen und dadurch vollkommen aus dem Gleichgewicht reißen kann, als die Südtore geöffnet wurden und eine staubige Offizierin auf einem schweißnassen Postreiterpferd hindurchgesprescht kam. Sie ließ das Pferd in der Mitte des Hofes steigen, sprang dann gelenkig aus dem Sattel und betrat, ohne sich vorher umzusehen, das Gebäude der F & L .
    Fenna vermerkte dreierlei. Die Neue konnte reiten. Sie schien sich in der Festung Carlyr besser auszukennen als er zu Anfang. Und sie war dermaßen auf ihr nächstgelegenes Ziel fokussiert, dass sie die Ereignisse links und rechts keines Blickes würdigte, was ein typischer Fehler von unerfahrenen Akademieabsolventen war. Und selbstverständlich war sie zehn Jahre jünger als er. Sechs Jahre Akademie, mit sechzehn als Kadett begonnen, dann Korporal, mit 22 das Leutnantspatent. Sie war zierlich wie Hauptmann Gollberg, aber höchstwahrscheinlich ebenso schwer zu zerbrechen.
    Es entging seinen Männern nicht, dass Fenna in der folgenden halben Stunde mindestens zehnmal zu Oberst Jenkos Büro hinaufschaute, als ließe sich an der Form der Fensterläden ablesen, was sich im Inneren des Zimmers abspielte. Für einen Sandstrich tauchte der weibliche Leutnant oben am Fenster auf und schaute auf Fenna und seine Truppe hinunter.
    Eine halbe Stunde war eine lange Zeit, um ein paar Formalitäten zu klären. Nach Ablauf der halben Stunde holte die Ordonnanz Sowis noch den Schreiber Lement aus seiner Stube. Ein rascher Blick zum Gefängnis hinüber bestätigte Fenna, dass Gerris Resea den Braten ebenfalls roch, denn der stand am Zellenfenster und hatte die Arme kunstvoll in den Gitterstäben verschränkt.
    Es dauerte noch mal zehn Sandstriche, dann holte Sowis auch Leutnant Fenna ins Büro des Obersts. Fenna überlegte kurz, zum Spaß das Kommando über seine Kompanie diesmal nicht Deleven, sondern Garsid zu übertragen, aber wenn ausgerechnet jetzt etwas schieflief und Tumult entstand, würde das den ersten Eindruck verderben. Deleven war der Verlässlichere.
    Fenna folgte Sowis. Er war bereits verschwitzt und verdreckt von den Schild- und Schleuderübungen. Der weibliche Leutnant allerdings ebenfalls vom Ritt.
    Im Büro lächelten Oberst Jenko und Lement ihn an. Leutnant Loa Gyffs wandte ihm den Rücken zu, weil sie in Habtachtstellung vor dem Oberst stand.
    Oberst Jenko übernahm die Vorstellung. »Leutnant Fenna, darf ich Ihnen bekanntmachen: Leutnant Loa Gyffs aus Uderun. Leutnant Gyffs, das ist Leutnant Eremith Fenna aus Chlayst, der bislang ganz tadellose Arbeit an der Dritten geleistet hat.«
    Gyffs wandte

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