Die Soldaten
sich Fenna zu, lächelte schmallippig und reichte ihm die Hand. Fenna ergriff und schüttelte sie. »Freut mich sehr, Leutnant Fenna.« Fenna staunte über ihre Frisur: Jetzt, wo sie keinen Helm mehr trug, sah es immer noch aus, als trüge sie einen. Ihre Haare waren dunkelblond und glatt und lagen wie modelliert am Gesicht an. Ihr Gesicht war streng und ungewöhnlich, aber nicht reizlos.
»Leutnant Gyffs macht sich gerade mit Lements Namenslisten vertraut und hat noch ein paar Fragen.« Oberst Jenko gluckste vor Vergnügen.
»Nur zu«, sagte Fenna knapp.
»Einer unserer Leute ist im Gefängnis?«, fragte Gyffs.
»Ja. Gerris Resea. Wegen andauernder Unverschämtheiten. Ich lasse ihn heute oder morgen wieder raus.«
»Ihr selbst wart auch bereits in Stubenarrest?«
»Für 24 Stunden, ja.«
»Innerhalb von nicht einmal zehn Tagen? Dazu noch ein Rekrut mit Kopfverletzungen auf der Verwundetenstation? Ein weiterer Soldat, der genäht werden musste? Mehrere Reibereien mit dem unmittelbaren Vorgesetzten?«
»Das ist das Negative, ja«, sagte Fenna lächelnd.
»Und was gibt es an Positivem vorzuweisen?«, fragte Leutnant Gyffs scharf.
»Nun – dass es noch keinen Toten gegeben hat. Und dass Ihr jetzt da seid, Leutnant Gyffs«, antwortete Fenna immer noch lächelnd. »Darf ich auch eine Frage stellen?«
»Aber selbstverständlich«, antwortete Gyffs, während Oberst Jenko eifrig »Aber klar doch!« sagte.
»Wie viele Soldaten habt Ihr schon ausgebildet?«
»Sicherlich nicht so viele wie Ihr, aber ich war auf der Akademie Mitglied eines Rekrutenbegleitungskurses und habe in dieser Funktion die Ausbildung dreier Rekruten getutort.«
»Drei? Na immerhin! Ich mache das seit fünf Jahren und habe etwa fünf pro Jahr ausgebildet. Das gibt mir auch keine Erfahrung mit größeren Gruppen, aber es gibt mir dennoch Erfahrung. Und ich kann Euch versichern, Leutnant Gyffs: Verletzungen und Maßregelungen gehören so sicher dazu wie das Glockengeläut zu einer Tempelandacht.«
»Verletzungen, Maßregelungen und Morgenappelle«, entgegnete Gyffs mit hochgezogenen Augenbrauen. Oberst Jenko gluckste wieder.
»Morgenappelle?«
»Ja, Morgenappelle. Ich habe mich sowohl beim Oberst als auch beim Schreiber Lement erkundigt: Ihr habt mit Eurer Kompanie noch nicht einen einzigen anständigen Morgenappell abgehalten.«
»Und wozu soll das gut sein?«
»Wozu das gut sein soll? So beginnt der Tag eines Soldaten! Ohne Morgenappell ist man kein Armeeangehöriger, sondern nur ein verkleideter Privatier, der zum Vergnügen eine kostenlose Kampfausbildung verabreicht bekommt. Ich bin ja beruhigt, dass Ihr wenigstens das Vereidigen nicht für sinnlos erachtet.«
»Nun, angesichts der angespannten Situation mit den Affenmenschen hielt ich es für klüger, meinen Männern zuerst das Kämpfen beizubringen. Ich glaube nämlich nicht, dass die Affenmenschen sich von einem Morgenappell werden beeindrucken lassen.«
»Womit wir beim Thema wären: Ihr übt mit unseren Männern Schildentwendungstechniken. Aber ich frage mich: Tragen die Affenmenschen überhaupt Schilde?«
»Wahrscheinlich nicht. Aber das hindert sie ja nicht daran, sich an unseren Schilden festzukrallen und daran herumzuzerren. Darauf bereite ich die Männer vor. Dass sie wissen, wie sich alles anfühlt, sowohl, wenn man es macht, als auch, wenn es mit einem gemacht wird.«
»Na ja, ich denke, eine zweckdienlichere Ausbildung wäre besser. Die Männer brauchen keine Schilde, die sie bei diesen Temperaturen ohnehin nur belasten und behindern. Sie brauchen Fernwaffen, denn so etwas haben die Affenmenschen mit Sicherheit nicht.«
»Doch, haben sie, da muss ich den armen Leutnant Fenna nun in Schutz nehmen«, mischte Oberst Jenko sich jovial ein. »Die Affenmenschen haben Steinschleudern und Speere. Und gegen beides kann ein Schild ausgesprochen zweckdienlich sein.«
Der junge Leutnant Gyffs sah sich plötzlich zwischen zwei Fronten. Jetzt musste sie ihren Mann stehen. Sie ließ sich nicht einschüchtern. »Steinschleudern und Speere sind Wurf waffen, keine Schuss waffen, mit Verlaub, Herr Oberst. Selbstverständlich können die Affenmenschen auch Felsbrocken oder Knochen oder Kacke werfen. Aber davon spreche ich nicht. Ich spreche von echten Fernwaffen – Langbögen oder Armbrusten –, mit denen man jeden eine Steinschleuder hebenden Affenmenschen ausknipsen kann, noch bevor jener die zweite Umdrehung vollendet hat.«
»Armbrüste sind ausgesprochen kostspielig«,
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