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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Gyffs wird nicht in einer herkömmlichen Kutsche, sondern so schnell wie möglich auf Postreiterpferden hierher aufbrechen, sodass wir sie schon in zwei bis drei Tagen erwarten können. Euer Gesicht zeigt wenig Freude, Leutnant Fenna. Sollte es aber! Leutnant Gyffs’ einzige Aufgabe hier bei uns wird es sein, Euch Eure Arbeitslast zu halbieren und … Euch vertreten zu können, falls Ihr wieder einmal Euer Quartier hüten müsst, ha!«
    »Sehr wohl, Oberst!«
    »Sehr wohl, so ist es! Selbstverständlich werdet Ihr beide Euch ein Zimmer teilen, das sind Zweibettzimmer für zwei Leutnants. Aus Gründen der Schicklichkeit können wir mit Wolldecken eine Art Trennwand zwischen den Raumhälften einziehen, dann dürfte es keine Probleme geben.«
    »Sehr wohl, Oberst.«
    »Es wird keine Probleme geben?«
    »Es wird keine Probleme geben, Oberst.«
    »Tadellos. Dann: Weitermachen mit der Ausbildung, Leutnant. Das Manöver rückt stündlich näher. Nur noch 43 Tage plus die fünf Sternentage zwischen den Monden, um aus Euren Männern eine vorzeigbare Kompanie zu schmieden.«
    »Sehr wohl, Oberst!«
    Faustfechtübungen mit zum Schutz umwickelten Fäusten an diesem Tag.
    Hauptmann Gollberg – durch Jenkos Strafe am Ausreiten gehindert – drillte seine Kompanie ebenfalls im Hof. Übellaunig. Mit blanken Säbeln. In voller Montur. Ein Musterbild soldatischer Aufeinandereingespieltheit. Der Kontrast zwischen Erster und Dritter war so unübersehbar wie der zwischen Sonnenlicht und Schlagschatten.
    Fenna legte Wert darauf, dass seine Männer sich nicht einfach nur prügelten. Wichtiger war ihm, ihnen Standfestigkeit und Ausweichvermögen zu vermitteln. »Der Boden ist euer Freund«, wiederholte er wie in den Tagen der Fallübungen. »Er gibt euch Festigkeit. Wenn ihr euren Gegner dazu bringen könnt, sich auf euch zuzubewegen, dann gibt er einen Teil seiner Festigkeit auf. Er erhält dafür etwas anderes: Angriffsschwung. Angriffsschwung ist gefährlich. Aber wenn dieser Angriffsschwung ins Leere läuft, hat der Gegner seine Festigkeit verloren, ohne etwas dafür bekommen zu haben. Dies ist der Augenblick, in dem ihr gewinnen könnt. Eure Aufgabe besteht darin, ein Gefecht so zu lesen, dass ihr die entscheidenden Augenblicke erkennen könnt.«
    Die meisten seiner Männer kratzten sich ratlos die Köpfe. Selbst Deleven, der vom Kämpfen einiges verstand, tat sich mit Fennas theoretischen Ansätzen schwer. Aber Fenna merkte, wie die Männer langsam begriffen, dass etwas hinter den Dingen lag. Dass militärische Ausbildung nicht einfach nur körperliche Schinderei war, sondern auch ein Vermitteln von Erfahrungen, die man später im Leben für alles Mögliche nutzen konnte.
    Ein weiterer Morgen dämmerte.
    Fenna besorgte harthölzerne Übungssäbel vom Waffenmeister. Die Grünhörner hantierten erstmals mit Waffen, wenngleich ohne scharfe Klingen. Es wurde gefährlicher. Kleinere Unglücksfälle ereigneten sich. Jovid Jonis erhielt eine heftig blutende Platzwunde an der Augenbraue. Er musste von Ilintu genäht werden, wollte sich aber nicht krankmelden. »Scheusal« Kertz zerbrach einen Holzsäbel. Die beiden guten, alten Freunde Teppel und Ekhanner gerieten über irgendein Versehen in Streit und droschen mit den Holzsäbeln aufeinander ein, bis sie voneinander getrennt werden mussten. Ilintu wurde wütend auf Fenna, weil er seine Männer »übler zurichtete, als die Affenmenschen das wahrscheinlich jemals zu tun in der Lage sein werden«. Eine von Gollbergs Soldatinnen sagte etwas Abwertendes über die »kleinen Jungs mit ihren Holzschwerterchen«, woraufhin Sensa MerDilli die Beherrschung verlor und die Soldatin angriff. Deleven und von den Holtzenauen gingen dazwischen und verhinderten eine Eskalation zur Massenschlägerei, was schwierig war, denn einen vollen Sandstrich lang wurde geschubst, gedrängelt und Rudel gebildet, was das Zeug hielt.
    Fenna knöpfte sich nicht nur MerDilli, sondern seine gesamte Kompanie vor: »Solange ihr euch mit den Angehörigen anderer Kompanien balgt, hat Gollbergs Soldatin recht: Solange seid ihr nichts weiter als kleine Jungs mit Holzspielzeug!«
    »Ach, ich verstehe«, fiel Gerris Resea ihm ins Wort. »Und wenn wir jetzt das Argument bringen, dass unser Leutnant sich auch schon mit Hauptmann Gollberg prügeln wollte, werdet Ihr sagen: Wenn wir Erwachsene das untereinander machen, ist das etwas vollkommen anderes.«
    »Nein, das ist nicht etwas vollkommen anderes, das ist derselbe Scheiß«,

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