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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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der für Männer, die seine Söhne hätten sein können, schon nicht einfach zu bewältigen war. Teppel war ein echter Ausmusterungskandidat. Aber Fenna hatte zu Gyffs gesagt: »Warte ab, beim Manöver zeigt Teppel vielleicht etwas, das die meisten anderen noch vermissen lassen: Übersicht, Erfahrung und das Fehlen jeglicher Selbstüberschätzung.«
    Der Letzte in der Reihe war Fergran von den Holtzenauen. Auch er sah mit kurzen Haaren weniger nachlässig und reifer aus. Bei den Waffenübungen war er immer noch zu zurückhaltend und furchtsam, aber heute, beim waffenlosen Die Flagge erobern , würde er seinen Mann stehen, da waren Fenna und Gyffs sich einig.
    »Männer der Dritten Kompanie«, begann Fenna seine Motivationsansprache, »heute ist der bislang wichtigste Tag in eurer militärischen Laufbahn. Jeder kann vereidigt werden. Jeder kann unterrichtet werden. Jeder kann beim Unterrichtetwerden Fortschritte machen. Aber nicht jeder kann gegen die Schmuckstücke der Festung Carlyr, gegen Hauptmann Gollbergs Kavalleristen der Ersten Kompanie im Manövergefecht bestehen. Heute wird sich zeigen, aus welchem Holz ihr geschnitzt seid. Seid ihr morsch? Oder fest und gleichzeitig elastisch? Wir werden es sehen. Aber ich verrate euch, was Oberst Jenko zu mir sagte, als ich hier ankam und mich ihm vorstellte. Er sagte, er bräuchte eine Dritte Kompanie für das Manöver, und erwarte nichts weiter von uns, als dass wir uns gegen Gollbergs Erste ganz achtbar schlagen. Ganz achtbar schlagen , Soldaten! Er glaubt nicht daran, dass wir eine Chance haben. Ich aber glaube daran. Ich habe gegen Hauptmann Gollberg auf euch gewettet. Also, entweder bin ich verrückt, weil ich so fest an euch glaube, oder aber alle anderen in der Festung – mit Ausnahme von Leutnant Gyffs – unterschätzen euch. Entweder muss ich bestraft werden oder alle anderen. Wir werden sehen. Ihr habt es heute in der Hand.«
    Leutnant Gyffs trat vor. »Es gibt nicht mehr viel zu sagen. Ihr habt alles gelernt, was ihr zum Siegen braucht. Wir haben Spielzüge einstudiert, die der Ersten die Hosen runterziehen werden. Sie dagegen haben überhaupt nicht geübt und sind andauernd nur ausgeritten. Ihr seid im Vorteil, denn ihr werdet unterschätzt. Ihr könnt es schaffen, also – erobert die Flagge !«
    Die Männer jubelten laut. Damit begann auch für die übrige Festung der lang erwartete Tag des Manövers.

3

    Der 1. Rauchmond versprach ein wolkenloser, ausgesprochen warmer Tag zu werden. Im Laufe des Feuermonds war die stellenweise unerträgliche Hitze der letzten Wochen zwar langsam abgeklungen, aber über der Sitzbank auf dem Dach der F & L wurde dennoch aus Stoffplanen eine Art Sonnendach konstruiert, damit die lediglich sechs Zuschauer nicht schmolzen.
    Diese sechs Personen ähnelten eher einer Prüfungskommission als einem echten, zum Tosen befähigten Publikum. Aber wäre General Feudenstich nicht auf die Idee gekommen, seine »äh, … Großnichten« mitzubringen, hätten dort oben sogar nur ein verkniffener General, ein sich freundlich breitmachender Oberst und ein etwas angespannter Hauptmann Gollberg gesessen. So aber kam doch ein wenig Atmosphäre auf, denn die drei graziösen Damen aus der Hauptstadt lachten und scherzten, wählten sich ihre Favoriten und betrachteten alles und jeden mit großem Interesse. Sowis und die anderen Ordonnanzen waren fortwährend damit beschäftigt, Erfrischungen und brunnengekühlte Tücher zu reichen.
    Der Tag des Carlyrer Manövers begann mit einem Aufmarsch des gesamten Regimentes auf dem frisch mit Sägemehl bestreuten Haupthof.
    Vorneweg die dreißig Reiter Hauptmann Gollbergs in vollem Geschirr, in Vertretung kommandiert von seinen beiden Korporälinnen.
    Dahinter, in vier Fünferreihen, die Zweite Kompanie unter den Leutnants Hobock und Sells. Oberst Jenko stellte dem ein wenig schwerhörigen General sämtliche Offiziere namentlich vor.
    Zuletzt die Dritte Kompanie, die Leutnants Eremith Fenna und Loa Gyffs mit lediglich vierzehn Männern in zwei Fünfer- und einer Viererreihe. Oberst Jenko erläuterte dem General: »Das ist unsere neueste Kompanie, noch in der Ausbildung sozusagen. Den Leutnant Fenna haben wir eigens aus Chlayst, Leutnant Gyffs aus Uderun kommen lassen, von der Akademie.« General Feudenstich ließ nicht erkennen, ob er sich an Loa Gyffs noch erinnern konnte. Jenko fuhr fort: »Unsere Dritte ist, wie unschwer zu sehen, erst halb bemannt, noch im Aufbau begriffen, ein Experiment bislang,

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