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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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die Zweite und Dritte Kompanie zu diesen Aufgaben herangezogen. Gollbergs Erste hatte sich wohlüberlegt ins Feindesland verdrückt.
    Die Arbeit war nicht allzu schwer und machte sogar Spaß – einzig das tiefschürfende Reinigen der Latrinen war grässlich, und das übernahmen unterwürfig die Soldaten von Hobock & Sells freiwillig –, aber es war doch überraschend, wie schnell alles Waschwasser schwarz wurde und um wie viel heller alle Bauten nach dem Schrubben aussahen. Es wirkte, als würde das Land der Affenmenschen kontinuierlich rußen, und sich dieser Ruß als trockene, unfettige Schicht immer wieder aufs Neue über Carlyr legen. Die Festung erstrahlte hinterher wie frisch gehäutet. Einzig Fenna war zerknirscht, weil selbst nach dieser Häutung Yinn Hanitz’ Blutschatten immer noch an der Ostwand zu sehen war.
    Am Tag vor dem Manöver wurden oben auf der F & L eine Lehnensitzbank und eine niedrige Balustrade in die dafür vorgesehenen Auslassungen montiert. An dieser Arbeit beteiligten sich Fenna und Gyffs, und beide genossen den ungewohnten Ausblick über die Festungsanlage.
    »Bist du eigentlich schon einmal auf einem der Türme gewesen?«, fragte Gyffs.
    »Noch nie. Seltsam eigentlich, dass ich noch gar nicht daran gedacht habe.«
    »Das solltest du unbedingt mal nachholen. Ich war schon einmal auf dem Nordturm, damals, bei der Besichtigung. Man kann weit ins Affenland hineinblicken.«
    Fenna wunderte sich wirklich, dass er noch nie auf diesen Gedanken gekommen war, und beschloss, dieses Versäumnis augenblicklich nachzuholen. Die Männer waren alle gut beschäftigt. Jonis, Ekhanner, Kindem und Stodaert schüttelten gerade zu viert einen Teppich aus dem Lazarett aus. Garsid war oben auf dem Mauerumlauf zu sehen und fegte. Vor wenigen Augenblicken hatten auch MerDilli und Kertz geschäftig den Haupthof überquert.
    Fenna erstieg den Nordturm, den höheren der beiden. Die Wendeltreppe im Inneren war verschattet und muffig. Hier hatte niemand geschrubbt, denn General Feudenstich war viel zu alt, um noch auf Türme zu kraxeln. Nach etlichen Umrundungen kam Fenna oben an. Hier wehte tatsächlich ein Lüftchen unter dem strahlend blauen Himmel, während unten im Hof alles windstill war.
    Der Ausblick war beeindruckend. Der weibliche Wachtposten, der angesichts des Leutnants Haltung angenommen hatte, lächelte stolz, als Fenna tief einatmete.
    Die Festung war ein Bienenstock. Deleven und Nelat waren zu sehen, wie sie dem Zeugmeister zur Hand gingen. Resea schwatzte mit drei Wäscherinnen, die sich vor Lachen bogen. Emara half einigen von der Zweiten dabei, das Die Flagge erobern -Feld für den morgigen Tag abzustecken. Garsids Glatze glänzte von hier oben wie eine Krone. Die Kompanien waren bunt durchmischt. Carlyr summte vor Heiterkeit und Fleiß.
    Dann wandte sich der Leutnant um und blickte nach Norden. Das Gebirge war an dieser Stelle tatsächlich so schmal, dass keine Massive mehr den Blick verstellten. Das Feindesland war von Dürre und Kargheit gezeichnet, eine gelbgraue Karstwelt. Von giftigen Dämpfen war nichts zu sehen, auch nicht von Echsengeiern, Affenmenschen oder Gollbergs Reitern. Fenna schnupperte. Da war er wieder, dieser eigentümliche, nicht uninteressante Geruch nach verbrannten Kräutern, der unten zumeist von den Festungsgerüchen überdeckt wurde.
    »Weißt du, was da so riecht?«, fragte Fenna die Wachhabende.
    »Dieses … Verbrannte?«
    Fenna nickte.
    Die Wächterin schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, Leutnant, tut mir leid. Ich war noch nie da draußen. Mich erinnert der Geruch immer an die Küche meiner Mutter. Klingt seltsam, ist aber so. Gebratenes Fleisch, scharf gewürzt, leicht verbrannt. Macht mir Hunger, dieser Geruch.«
    »Roch das schon immer so, oder erst seit dem Feldzug?«
    »Das roch schon immer so. Zumindest seit ich hier Dienst tue, seit sieben Jahren. Was neu ist, ist dieses Flimmern in der Nacht, wie bei großer Hitze. Und manchmal, bei Wind aus dem Norden, auch ein neuer Geruch: nach einer Esse. Schmiedsfeuer. Das gibt es erst seit dem letzten Winter.«
    »Schmieden die Affenmenschen sich Waffen?«
    »Ich habe keine Ahnung, Leutnant. Wirklich nicht. Tut mir leid.«
    Fenna nickte und ging wieder nach unten. Das Geschnatter der Stimmen umwirbelte ihn, erdete ihn und holte ihn in die Wirklichkeit zurück.
    Am späten Nachmittag traf die Kutsche des Generals so pünktlich ein, dass man die Sanduhr nach ihr hätte stellen können.
    Zum allgemeinen Entzücken

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