Die Soldaten
füttern.
Fenna stand plötzlich Hauptmann Gollberg gegenüber, während Oberst Jenko mit Leutnant Gyffs ein Scherzchen machte. Der Hauptmann hielt Fenna die jetzt wieder behandschuhte Rechte hin. »Ich gratuliere Euch zu Eurem Manöversieg und der gewonnenen Wette, Leutnant Fenna. Aber Ihr habt da eine äußert rabiate Truppe zusammengestellt. Sechs meiner Leute sind lazarettreif. Ist das Euer persönlicher Führungsstil, oder handhabt man das in Chlayst allgemein so, dass man ein wenig brutaler zur Sache geht als andernorts?«
Fenna ergriff die Hand und drückte sie. »Weder noch, Hauptmann. Ich fürchte, das ist eher der Tatsache zuzuschreiben, dass ich bislang erst anderthalb Monde Zeit hatte, die Männer gebührend zu schleifen. Es fehlt ihnen noch ein wenig an Umgangsformen.«
»Tadellos geantwortet, Leutnant Fenna, tadellos«, mischte Oberst Jenko sich ein. »Ich denke, wir brechen das hier oben jetzt ab, es ist zu heiß und ungemütlich heute. Am Abend gibt es wie versprochen Perlenwein für Eure Mannschaft, da werdet Ihr wohl mit den Männern feiern wollen – aber anschließend lade ich Euch beide noch zu einem kleinen Offiziersabend in meinen Räumen ein. Der General und seine Damen werden bis morgen Vormittag unsere Gäste sein, da findet sich heute Abend sicherlich noch Gelegenheit für das eine oder andere interessante Gespräch.«
»Wir fühlen uns sehr geehrt, Oberst«, antwortete Gyffs für sie beide. Fenna dankte nur nickend.
Dann gingen Fenna und Gyffs wieder runter auf den Hof, wo die Zweite Kompanie nun ihre musikalischen Darbietungen beendet hatte. Das Manöver war somit offiziell beendet. Den beiden Leutnants der Dritten knurrten die Mägen. Von den farbenprächtigen Köstlichkeiten der höheren Offiziere hatten sie sich nichts zu nehmen getraut.
4
Zuerst statteten sie jedoch dem Lazarett einen Besuch ab. Sechs Soldaten der Ersten lagen hier stöhnend und umwickelt, und mitten unter ihnen auch Fergran von den Holtzenauen und Jovid Jonis.
»Mir geht es gut, Leutnants, wirklich, ich kann schon wieder aufstehen!«, beeilte sich Jonis sofort zu versichern; offensichtlich fürchtete er hier drinnen mehr den Zorn der Erstkompanier als draußen.
»Nur bis zum Abend noch, Jonis. Nur zur Beobachtung«, beruhigte ihn Fenna, während Gyffs schon zu von den Holtzenauen weiterging.
»Wie sieht’s aus?«, fragte sie diesen.
»Ach, na ja, ich sehe noch alles doppelt, aber das wird schon wieder. Ich hoffe nicht, dass es etwas mit den Augen zu tun hat.«
»Nein, es sind wohl eher die üblichen Auswirkungen einer unnötig heftig geführten Prügelei«, sagte die Heilerin Ilintu, die in diesem Moment aus ihrem durch einen Vorhang abgedeckten Hinterzimmer hervorkam. »Ist dir eigentlich bewusst, Eremith, dass du mir trotz deines gegenteiligen Versprechens mehr Arbeit verschaffst als irgendjemand anders in dieser Festung? Und das, obwohl Hauptmann Gollberg regelmäßig ins Feindesland hinausreitet. Aber nichts, keine Hirnerschütterungen, keine zu bandagierenden Kompanien. Nur du bringst das fertig.«
Fenna lächelte betreten. »Das tut mir wirklich sehr leid.«
Gyffs, die ebenfalls lächelte, und zwar darüber, dass Fenna und die Heilerin sich duzten, übernahm nun. Sie wandte sich an alle Verwundeten. »Und das erstreckt sich auf euch alle: Auch ich bitte euch aufrichtig um Entschuldigung. Aber der Tag war ein voller Erfolg. Der Generalinspizient war von unserer unbarmherzig geführten Auseinandersetzung sehr beeindruckt und wird die Festung Carlyr sicherlich wohlwollend in seinem Bericht vermerken. Und das wiederum wird sich günstig auswirken bei zukünftigen Zuteilungen von Ausrüstung, Pferden und Proviant. Wir haben also alle gemeinsam dazu beigetragen, der Festung Carlyr einen guten Stand zu verschaffen. Wir sollten stolz sein, auch stolz aufeinander, anstatt sinnlosen Groll zu hegen.«
»Wisst ihr was?«, fiel Fenna ein. »Wir sollen nachher auf Kosten des Obersts Perlenwein kredenzt bekommen. Wir werden dafür Sorge tragen, dass ein Fläschchen davon verschwindet und in diesem Lazarett wieder auftaucht. Aber nur für euch Verwundete! Eure Kameraden, die nicht hier liegen, haben sich heute offensichtlich nicht genug ins Zeug gelegt!«
Drei der Erstkompanier lachten jetzt tatsächlich, drei schauten noch grimmig, aber nicht mehr ganz so grimmig wie vorher.
»Ich weiß ja nicht, ob ich Alkohol zulassen kann …«, sagte Ilintu augenzwinkernd, und damit brach das Eis. Sie war jetzt der
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