Die Soldaten
nüchtern, Eremith«, ermahnte Gyffs ihn, »wir sind noch beim Oberst mit dem General verabredet.«
Fenna versuchte sich nüchtern zu trinken.
In der Mannschaftsmesse wurde es immer lauter. Es begann nach hervorgerülpstem Alkohol zu stinken. Gyffs hielt sich in der Nähe der Tür auf und atmete nach draußen. Die Lieder der Männer wurden verzweifelter und anzüglicher.
Sie war untenrum haarig wie ein Affenmensch,
doch ich sagte mir: Sei doch mal versöhnlich, Mensch!
Fenna war wieder in Chlayst, vor dem Sumpfgas, nach getaner Arbeit, bei einem Garnisonsfest, unter Gleichgesinnten, von seinen Untergebenen geachtet, von seinen Vorgesetzten geschätzt. Etliche der von ihm Ausgebildeten waren schon nicht mehr am Leben. Kinder unter Kindern auf den Scheiterhaufen des kriechenden Sumpftodes.
Schließlich hielt Gyffs es nicht mehr aus. Sie griff sich Fenna und dirigierte ihn zur Tür hinaus. Die frische Nachtluft brachte ihn wieder ein wenig zu sich. Carlyr war um so vieles fester und unverrückbarer als Chlayst. Keine bewegliche Brandung, nirgends. Nur Felsen und Klippen und Wüste. Selbst der Mond von starren Wolken umzingelt und belagert.
Gyffs ordnete Fennas Uniform. »Jetzt reiß dich bitte zusammen, Eremith! Bislang ist heute alles glatt gegangen. Jetzt müssen wir nur noch bis zur Mitternacht durchhalten, und wir haben gewonnen.«
So hatte er das noch gar nicht gesehen. Der Sieg war noch keineswegs errungen. Was jetzt kam, gehörte zum Manöver dazu.
Er hielt sich aufrecht, und sie lenkte ihn in die F & L , nach oben, wo die dünnerwandigen Gläser klirrten und das Gelächter der Damen heller perlte als selbst der Prickelwein vor einer Kerzenflamme.
Hauptmann Gollberg und Oberst Jenko trugen ihre Festtagsuniformen, der greise General seine Orden und Auszeichnungen, die drei Damen – es waren alle drei anwesend, wie Fenna beruhigt vermerkte – Perlenketten und funkelndes Geschmeide. Fenna und Gyffs waren verhältnismäßig simpel gekleidet, alltäglich soldatisch, doch das machte nichts, sie waren die Helden des Tages.
Zu essen gab es kalten Fasan und Traubenschaumterrine, dazu einen weiteren Perlwein, der eine rosa Farbe hatte.
General Feudenstich nahm Leutnant Fenna gleich in Beschlag. Fenna musste ihm Chlayst beschreiben, vor und nach der Katastrophe. Fenna fand für das Vorher Worte wie »malerisch, berechenbar, salzhaltig wie gepökelt, aber auch gesittet«, und für das Hinterher »unverständlich, vielwinkelig, das Gift in allen Ritzen und Poren, wie ein Schwamm, ein mit Sterben vollgesogener Schwamm«. Er musste sich anstrengen, um beim Sprechen nicht zu lallen und um die Scheiterhaufenkinder aus seiner Nähe zu verscheuchen. Beides gelang, indem er Gyffs’ beruhigende Nähe und die verlässliche Massigkeit Oberst Jenkos als Anhaltspunkte im Raum verwendete.
Der General schien zufrieden und plauderte mit Gyffs, der dies viel leichter zu fallen schien. Zwei der Damen drängten sich an Fenna heran und verwirrten ihn wieder mit ihren lasziven Parfüms und ihren schönen, heiteren Augen.
Dann war da wieder der alte General, rascher, als es seinem Alter zuzutrauen gewesen wäre. »Sagt mal, Leutnant – Ihr seid ein junger Mann, Eure Meinung interessiert mich. Ich saß am frühen Abend mit Hauptmann Gollberg zusammen und habe mich mit ihm über den Affenmenschenfeldzug unterhalten. Der Hauptmann hat das Verhalten Hauptmann Gayos auf das Schärfste verurteilt. Was sagt man denn dazu? Im ganzen Land feiert man Gayo als Helden und Retter der Überlebenden, und hier vor Ort sagt man, es sei ein Fehler gewesen, sich zurückzuziehen?«
»Ich … kann das nicht beurteilen, Herr General. Ich bin über die genauen Zielsetzungen des Affenmenschenfeldzuges nicht im Bilde.«
»Aber die Zielsetzungen sind doch ganz einfach gewesen: Ausrottung der Affenbrut und Zerschlagung des magischen Übels, das sich im Norden aufbaute und den gesamten Kontinent bedrohte.«
»Dann … wenn diese Ziele noch nicht erfüllt worden sind … mit Verlaub, Herr General … dann war der Rückzug womöglich tatsächlich verfrüht.«
»Ihr seid da mit Hauptmann Gollberg einer Meinung?«
»Sieht so aus, Herr General.«
»Warum?«
»Weil Hauptmann Gayo immer noch« – Fenna überschlug im Kopf, was der Schreiber Lement ihm erzählt hatte – »1200 Mann zur Verfügung hatte. Die zwölffache Besatzung der Festung Carlyr, die vierundzwanzigfache einer Stadt wie Chlayst. Mit 1200 Mann kann man immer noch eine Menge
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