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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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auch das war jetzt nicht mehr wichtig. Die Flagge flog.
    Die beiden Damen machten »Ooooohhhhh!«
    Das gegnerische Mittelfeld bremste ab. Die Flagge pirouettierte über sie hinweg. Sie verrenkten ihre Hälse, um ihrem Flug zu folgen. Dort stand ein einzelner, mädchenhafter Soldat. Tadao Nelat. Er sprang hoch und fing die Flagge aus der Luft. Sie hatten das dreihundertundsiebenundzwanzigmal geübt.
    Nelat rannte los, zur eigenen Flaggenfassung. Er war schnell. Viele Gegner waren nicht zwischen ihm und der Fassung. Zwei, die Garsid brutal zusammenschlug. Einer mit der blauen Flagge, auf den sich nun sechs Grünhörner gleichzeitig stürzten. Einer, der unter Kertz lag und weiterhin sinnlos um Hilfe schrie. Nelat rannte. Er war schnell.
    Aber einer der drei gegnerischen Mittelfeldstreiter war noch schneller. Er hatte gewendet und die Verfolgung aufgenommen. Der Flug der Flagge hatte ihn nicht lange blenden können. Er holte auf. Nelat war durch die Flagge behindert und langsamer, als er ohne Flagge hätte sein können. Der Gegner erreichte ihn beinahe. Atem im Nacken von Atem. Der Verfolger im Windschatten immer im Vorteil.
    Dann war da Resea. Er hatte gegen das Mittelfeld schnell klein beigegeben. Deleven hatte nur vorbeigemusst, es war nicht nötig gewesen, einen Sieg in einem schmerzhaften Faustkampf gegen drei Gegner zu erzielen. Resea hatte sich am Boden zur Kugel gekrümmt. Jetzt hatte sich die Kugel wieder entfaltet. Resea sprang von der Seite gegen Nelats Verfolger. Beide gingen zu Boden, ein Wirbelsturm aus Sägemehl und Beinen. Nelat war frei. Und Emara hatte die eigene Flagge zurückerobert. Ekhanner und Stodaert war es gelungen, den räuberischen Gegner festzuhalten, und Emara hatte ihm die Flagge aus den Fingern gepuhlt. Nelat und Emara liefen jetzt Seite an Seite. Es war vorbei. Der Sieg nur noch Formsache. Fenna blickte zu Gollberg hoch. Der hatte seine Hände weiß in die Sitzbank verkrallt.
    Die beiden Damen machten »Aaaaaahhhhhhh!«
    Die beiden Flaggen klapperten in die Fassung der Dritten Kompanie. Nelat und Emara jubelten gemeinsam, führten ein Freudentänzchen auf, wirbelten Sägespäne hoch, es schneite und roch nach frischem Holz.
    Auch Gyffs jubelte. Sie rannte aufs Feld, zuerst zu den beiden Männern hin, die immer noch am Boden lagen, Deleven und MerDilli.
    Kertz wurde von seinem Gegner heruntergezogen, Kindem und Teppel kümmerten sich um ihn. Garsid stand mit wunden Fäusten über den beiden, die er zu Boden geschlagen hatte, und bebte noch immer. Keine Freude war in seinem Gesicht. Nur Wut. Resea half dem Erstkompanier, den er umgerissen hatte, auf die Beine. Die beiden gaben sich die Hand und versöhnten sich.
    Fenna stand am Rand und regte sich nicht. Er hatte seinen Posten aufs Spiel gesetzt und gewonnen. Oder er hatte Chlayst verloren. Die brennenden Kinder. Das war vielleicht eine gute Sache, vielleicht sogar eine notwendige. Die Kinder sollten ein für alle Mal ersetzt werden durch Tadao Nelat und Mails Emara, die immer noch umhertanzten, durch Alman Behnk, der mit hoch erhobenen Händen breitbeinig dastand wie ein kleiner, dicker Held und diesen Moment des Triumphes in sich einschlürfte, zum wahrscheinlich ersten Mal in seinem Leben, womöglich auch zum letzten Mal, wer konnte das wissen?
    Während Fenna einfach nur still nickte und in den Beifall der Zuschauer mit einstimmte, ging Gyffs von einem Mann zum anderen, gratulierte ihnen allen persönlich mit Händedruck und Schulterklopfen. Dann gratulierte sie auch den Gegnern, vor allem der Korporälin, für den »bis zum letzten Moment spannenden und ausgeglichenen Kampf«.
    Die dritte Kompanie hatte in der letzten Runde keinen einzigen Mann eingebüßt, aber drei aus der Ersten standen so schnell nicht wieder auf: Garsids zwei Opfer und das von Kertz. Fenna blickte wieder zu Gollberg hinauf. Der nickte ihm zu und applaudierte. In der Niederlage hatte er seine Ruhe wiedergewonnen und war nun ganz Offizier. Seine Hände trugen keine Handschuhe, dieses Detail fiel Fenna auf.
    Oberst Jenko erhob sich: »Ich danke allen Teilnehmern für diese tadellose Demonstration soldatischen Einsatzwillens. Mir scheint, in der letzten Runde haben wir sogar eine ausgeklügelte Taktik zu sehen bekommen. Sehr gut so, sehr schön! Heute Abend gibt es in der Mannschaftsmesse Prickelwein – unsere Damen haben mich darauf hingewiesen, dass das eigentlich Perlwein heißt – auf meine Kosten für die Dritte Kompanie. Und zum Abschluss unseres heutigen

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