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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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Schweigen. Nasir hob die Hand an seine Brusttasche und holte das Bündel Dollar heraus. Er reichte es dem Milizmann, der wieder ausspuckte. Dann senkte er das Gewehr und ging den Laster entlang nach hinten. Jim merkte, dass er den Atem angehalten hatte, und stieß einen tiefen Seufzer aus. Maxine sah ihn mit einem Augenzwinkern an. Sie hörten die Milizleute hinten im Laster rumoren.
    »Ich denke, das geht klar«, murmelte Nasir.
    Aber als Jim wieder in den Außenspiegel blickte, fluchte er in sich hinein. Oliver und Marie standen im Licht der Scheinwerfer vor ihrem Truck. Sie warfen lange Schatten in den dunklen Sand. Zwei Milizleute gingen um Marie herum, musterten sie von Kopf bis Fuß und lachten einander zu. Sie bot ihnen etwas an, wahrscheinlich Geld. Einer der beiden rammte Oliver den Gewehrkolben gegen die Schläfe. Oliver sackte in sich zusammen. Die beiden Milizleute hoben die Hände und klatschten einander ab. Dann gesellte sich der andere zu ihnen, der, der eben noch hinten in Jims Truck gewesen war.
    »Nasir, halt dich bereit zu verduften«, sagte Jim.
    »Verduften?«
    »Abhauen. Fliehen.«
    Einer der Milizleute schoss Oliver aus nächster Nähe in den Kopf. Dann trat er mit dem Fuß auf seine Leiche ein. Immer wieder.
    Marie schrie auf.
    »Fahr zu! Jetzt!«, rief Jim.
    Nasir trat aufs Gas. Ruckartig setzte das Fahrzeug sich in Bewegung und scherte dann nach rechts aus. Schreiend rannten die Milizleute von der Straßenseite auf sie zu. Der Truck fuhr zwischen sie und scheuchte sie auseinander wie eine Schar Hühner. Einige blieben stehen, knieten nieder und feuerten mit kurzen Salven auf sie. Dann kam Leben in die Maschinengewehre auf der Ladefläche der Technicals. Hochgeschwindigkeitsgeschosse begannen in den Laster zu knallen.
    »Kopf runter!«, schrie Jim.
    Er stieß Maxine so hart nach vorn, dass ihr Kopf gegen das Armaturenbrett knallte. Die Windschutzscheibe überzog sich mit einem Netz aus Rissen, als eine Garbe Geschosse einschlug. Nasir hatte den Kopf neben das Steuer geduckt und raste im Blindflug drauflos. Der Laster fuhr über einen Felsbrocken, neigte sich gefährlich zur Seite, landete aber wieder auf allen vieren.
    Das Gewehrfeuer hinter ihnen verebbte. Die Milizleute mussten erkannt haben, dass sie nur teure Munition verschwendeten.
    Nasir behielt den Fuß auf dem Gaspedal, bis sie sicher sein konnten, dass niemand hinter ihnen her war. Schließlich schwenkte der Truck in einem weiten Bogen wieder auf die Straße ein. Jim warf einen Blick in den Außenspiegel: der Checkpoint war verschwunden. Keine Verfolger. Nur Dunkelheit. Nichts.
    »Was, meint ihr, passiert mit den anderen?«, fragte Maxine.
    »Wir müssen zurück und sie holen«, sagte Jim.
    »Spinnst du? Wir müssen das Hauptquartier um Hilfe angehen.«
    Maxine drückte den Knopf des Sprechfunks, aber es rührte sich nichts. Eine Kugel hatte das Gerät zerstört.
    Jim erschauerte. Es wurde kalt. Seine Kleidung war schweißgetränkt. Sie ließen da Kollegen im Stich, und das nun zum zweiten Mal an einem Tag.
    »Ach du Scheiße«, sagte Maxine und wies nach vorne. Es waren Lichter zu sehen. Ein weiterer Checkpoint.

Kapitel 13
    Kapstadt, Südafrika
19. September 2003
    Das Taxi glitt durch die Palmenallee vor den Eingang des Table Bay. Ein junger Portier in schicker grauer Uniform und funkelnden schwarzen Schuhen öffnete schwungvoll die Tür. Harry stieg aus, strich sich das schwarze Hemd zurecht und wartete darauf, dass der Mann seinen schweren Koffer auslud. Die Reise von Hargeysa über Addis nach Kapstadt hatte sich hingezogen; der letzte Flug war Turbulenzen wegen besonders unbequem ausgefallen. Harry freute sich auf einen doppelten Whiskey, vielleicht auch zwei.
    Er schaltete sein Telefon ein, das ihn mit einem Schwall von Piepsern empfing: elf Nachrichten.
    Das war normal.
    Er würde sie später durchgehen.
    Edward ließ man besser nicht warten.
    Die hohle Hand zum Schutz gegen den Wind gekrümmt, steckte Harry sich eine Zigarette an. Dann durchschritt er die glänzende Marmorlobby. Hier saß die selbstgefällige Crème Südafrikas bei teuren Cocktails in luxuriösen Sesseln mit der internationalen Geschäftselite über den jüngsten Deals.
    Da waren sie: an einem Tisch auf der Terrasse mit dem umwerfenden Blick auf Kapstadts aufpolierten Hafen und den Table Mountain am Horizont. Dazwischen lag die riesige Stadt mit ihren im Abendlicht funkelnden Palästen aus Glas.
    Die feiste Silhouette von George war nicht zu verkennen. Wie

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