Die Somalia-Doktrin (German Edition)
immer trug er ein verschwitztes braunes Hemd mit entsprechender Hose. Neben ihm saßen zwei weitere Leute, einer davon Harrys Boss Edward. Dessen gepflegtes Englisch und der Nadelstreifenanzug vermittelten den Eindruck von altem britischem Fairplay, was von der Wahrheit weiter nicht hätte entfernt sein können. Harry lachte in sich hinein. Der Mann konnte nicht weniger tückisch sein als er selbst. Die andere Person war eine attraktive junge Dame, die Harry nicht kannte. Sie trug hochhackige Schuhe, hatte manikürte Hände und ihr maßgeschneidertes Kostüm schmiegte sich an den sorgsam geformten Körper, an dem sie eindeutig hart arbeitete.
»Harry«, rief Edward aus und erhob sich dabei aus dem feudalen Sessel. »Wirklich schön, dass du’s einrichten konntest. Wie geht es denn so?«
»Bestens, bestens.« Kräftig umfasste Harry Edwards Hand. Er wusste, dass Edward dem Händedruck eines Mannes große Bedeutung beimaß.
»Lass mich dir Jenny vorstellen, meine neue Assistentin. Kam mit mir mit dem Jet. War früher bei MainShield, als Headhunterin.«
»Freut mich, eine so schöne Frau im Team zu haben.« Harry drückte ihr mit einer angedeuteten Verneigung die Hand. Sein Blick verweilte auf ihr. Kam all diese Pracht mit Verstand?
Edward lächelte, als hätte er Harrys Gedanken gelesen. Er lehnte sich in den Sessel zurück und nippte an seinem Glas. Es wurde dunkel. Wind kam auf über der Bucht und die Jachten im Hafen erschauerten rasselnd bei jeder Böe. Vage waren die Trommeln der Afrikaner zu hören, die den Hafen entlang die Touristen unterhielten.
»Na dann zum Geschäft«, sagte Edward. »Wir haben da ein erhebliches Problem. Wie ich von George erfahre, ist der Journalist von Agence France Presse, wie heißt er gleich wieder…«
»Sablon«, sagte Harry. »Jerome Sablon.«
»Na jedenfalls liegt der in üblem Zustand in einem Pariser Krankenhaus. Und er beginnt zu reden, wobei er so einiges sagt.«
Verdammt. Er hätte Patrick sagen sollen, dem Mann den Rest zu geben.
»Was sagt er denn?«, fragte Harry.
George mischte sich ein. »Er behauptet, du hättest ihn zusammengeschlagen. Und dass er Beweise gegen uns hat.«
»Und was genau will er beweisen können?«, fragte Harry von Georges Einmischung irritiert.
»Die Gespräche mit dem UNO-Sicherheitsrat. Wir haben noch keine Einzelheiten.«
»Woher hast du das denn?« Harry fischte eine Schachtel Streichhölzer aus der Tasche, um sich eine weitere Zigarette anzustecken.
»Ich habe meine Quellen«, sagte George.
»Dessen bin ich mir sicher«, antwortete Harry höhnisch. Er blies George Rauch ins Gesicht, der auch prompt zu husten begann. »Darüber reden wir später.« Harry wandte sich an Edward. »Hör zu, mach dir keine Sorgen. Sablon weiß nichts.«
»Ach ja?«
»Ja. Ich habe ihn selbst gefragt.«
Edward lachte. »Deshalb also der ganze Schlamassel.«
»Von wegen Schlamassel. Ich regle das schon. Ich habe gute Kontakte in Paris.«
Edward sah Harry intensiv an, als versuche er zu entscheiden, ob Harry sein Vertrauen verdiente. Harry hielt seinem Blick stand. George setzte sich unbehaglich zurecht. Jenny senkte den Blick auf ihren Spiralblock und machte sich hastig eine Notiz.
Edward sprach langsam und betonte dabei jedes Wort: »Wir können es uns nicht leisten, so etwas unerledigt zu lassen.« Die Warnung hinter seinen Worten war unmissverständlich, aber dann beugte er sich breit lächelnd vor, um Harry auf die Schulter zu klopfen. »Aber keine Bange, ich bin sicher, du wirst das erledigen. Also, zum Geschäftlichen. Wie weit seid ihr in Somaliland?«
»Es ist alles bereit. Wir haben die Lager vorbereitet. Wir liefern den Nachschub. Ich habe die Medien unterrichtet und an die Öffentlichkeit appelliert.«
»Jenny sagt, die UNO ist über die Lage gar nicht glücklich. Man hat mitbekommen, dass ein Konvoi verschwunden ist, und will eine Erklärung. Das ist dir doch klar, oder?« Edward warf einen Blick auf seine goldene Uhr. Er war der ungeduldige Typ; lange Diskussionen lagen ihm nicht.
»Das geht die nichts an«, sagte Harry.
Jenny beugte sich vor. »Befürchten Sie denn nicht, das Flüchtlingskommissariat könnte uns die Kontrakte für die Führung der Lager entziehen?«
»Ach was«, versetzte Harry bissig. »Wir haben dort so gut wie jeden geschmiert, einschließlich des Hochkommissars selbst. Wir haben mehr Kontrolle über die als die über uns.«
»Jetzt hör mal zu.« Edward legte die Unterarme auf die Knie und die Hände
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