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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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worden. Selbst die Kellner, die in verblichenen Anzügen und schwarzen Fliegen umherschlenderten, schienen aus einer anderen, längst vergangenen Zeit.
    Jim sah sich die Gäste rund um ihn an: zwei schallend lachende weiße Geschäftsleute in Nadelstreifenanzügen; drei amerikanische Touristen in Safarikleidung sahen ihre teuren Kameras durch; ein elegantes schwarzes Paar, das plaudernd bei Cocktails saß. Keiner von ihnen zeigte auch nur das geringste Interesse an ihm, was Jim nur recht war.
    Er lehnte sich in seinen Sessel zurück und schloss einen Moment die Augen. Die Fahrt in die äthiopische Hauptstadt war lang und beschwerlich gewesen. Immer wieder hatte man ihre Pässe kontrolliert, sie hatten einige Leute bestochen. Irgendwann hatten sie dann mitten in der Nacht auf einer unbefestigten Piste die Grenze passiert. Nasir musste ein halbes Feld Khat gekaut haben, um wach zu bleiben. Sie waren bis Addis durchgefahren, hatten nur gelegentlich in Dörfern angehalten, in denen die Straße von Trucks aus den Hafenstädten von Dschibuti und Somaliland gesäumt war. Für Maxine musste die Fahrt noch unbequemer gewesen sein, da sie die ganze Zeit über gefesselt bei den Lebensmittelsäcken hinten im Laster lag. Er hatte ein schlechtes Gewissen, sie so zu behandeln.
    Jim ging hinaus auf den Parkplatz. Er sah sich die Handvoll Fahrzeuge genauer an. Außer ihrem Laster waren sie alle leer. Nasir saß hinter dem Steuer und behielt das Kommen und Gehen um das Hotel im Auge.
    Nasir nickte ihm zu. Jim warf einen Blick auf die Uhr. Er ging wieder zurück zum Hotel. Er positionierte sich an einem Baum hinter einigen Sträuchern, von wo aus sich der Hoteleingang überblicken ließ, ohne dass man ihn dabei sah.
    Er wartete. Er hatte Sarah während der letzten vierundzwanzig Stunden mehrmals zu erreichen versucht, praktisch jedes Mal wenn sein Mobiltelefon ein Signal hatte, aber sie war nicht rangegangen. Was durchaus problematisch war, schließlich war sie sein einziger Kontakt bei dieser Operation. Er sei so am sichersten, hatte sie ihm gesagt.
    Frustriert hatte er bei der rund um die Uhr besetzten Kommando- und Koordinationszentrale im Interpol-Generalsekretariat in Lyon angerufen. Dort hatte man ihm gesagt, Sarah sei beschäftigt. Sie habe ihm jedoch eine Nachricht hinterlassen, laut der er sich mit Mohammad, dem Chef von Interpols Dienststelle in Äthiopien, in Verbindung setzen sollte. Mohammad hatte sich am Telefon durchaus freundlich angehört, aber ob er tatsächlich vertrauenswürdig war, stand auf einem anderen Blatt. Mohammad versprach, um 17.30 Uhr im Hotel zu sein. Das war vor einer Viertelstunde gewesen. Vielleicht hatte ihn der Verkehr aufgehalten, der während der Rushhour in Addis Abeba nicht weniger schlimm war als in jeder anderen großen, in der Entwicklung begriffenen Stadt.
    In diesem Augenblick stieg ein hochgewachsener Äthiopier mit Schnurrbart, die Ärmel seines rosa gestreiften Hemds hochgerollt, die Treppe zum Hotel hinauf. Ihm folgten zwei Äthiopier mit dem Körperbau von professionellen Wrestlern.
    Jim ging zum Laster zurück. Nasir kurbelte das Fenster herunter.
    »Hast du die gesehen?«, fragte Jim.
    Nasir nickte.
    »Ich werd mit ihnen reden«, sagte Jim. »Wenn ich in einer Viertelstunde nicht wieder da bin oder sonst was passiert, sieh zu, dass du hier wegkommst. Verkriech dich irgendwo und warte ab, bis ich Kontakt aufnehme.«
    »Willst du deinen Rucksack?«
    »Brauch ich nicht.«
    »Was ist mit der Pistole?«
    Jim zögerte. Es war lange her, dass er geschossen hatte. Er hatte sich bei seinem Austritt aus der Army gelobt, nie wieder so ein Ding anzurühren.
    »Gib mal her«, sagte er.
    Nasir griff ins Handschuhfach und holte Jim die Pistole heraus. Der steckte sie unter dem Hemd in den Gürtel. Er hoffte, er würde sie nicht brauchen.
    Er ging ins Hotel zurück. Auf der Stelle kam der hochgewachsene Äthiopier auf ihn zu.
    »Agent Jim Galespi, nehme ich an?«, sagte er in tadellosem Englisch.
    »Höchstpersönlich.« Jim drückte dem Mann die Hand. »Sie müssen Mohammad sein.«
    »Freut mich, Agent Galespi.«
    »Sagen Sie ruhig Jim.«
    Sie gingen in die Lounge und setzten sich in zwei Polstersessel, ein Couchtisch zwischen ihnen. Die beiden äthiopischen Polizisten waren nirgendwo zu sehen. Mohammad rief einem der Kellner zu, zwei Bier zu bringen. Er legte die Beine übereinander und fixierte Jim mit skeptischem Blick.
    »Sieht ganz so aus, als säßen sie ziemlich in der Tinte.«
    »Wie meinen

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