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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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nicht weniger Teil der dominanten politischen Ökonomie als die multinationalen Konzerne, die sie so oft kritisieren.« Soll ich weiterlesen?
    »Nein, schon gut. Ich hab’s kapiert«, sagte Harry. »Also, wo wohnt sie denn nun, diese Professorin, diese Anne Gaillac?«
    »Rue de l’Etoile. Die geht von der Avenue de Wagram ab, etwa auf halbem Weg. Ich texte Ihnen die Details.«
    Harry legte auf. Vielleicht war Jenny ja doch nicht so beschränkt. So oder so, das spielte jetzt keine Rolle. Das Telefon summte. Der Text mit Annes Adresse tauchte im Display auf. Er hoffte, Jerome war noch dort. Und wenn nicht, dann wenigstens jemand, der wusste, wo er steckte, vorzugsweise diese Anne.
    Das Telefon meldete sich wieder. Diesmal war es Laurent. Harry nannte ihm Annes Adresse und verabredete sich dort mit ihm. Eine halbe Stunde später saß Harry in einem gemieteten grauen Ford gegenüber von Annes Apartment.
    Die Rue de l’Etoile ist eine typische Pariser Nebenstraße mit geparkten Autos auf beiden Seiten, hohen Wohnhäusern mit malerischen Balkons, schmalen Gehsteigen, durchsichtigen Plastikmülltonnen und einem Bäcker an der Ecke. Eine weißhaarige Frau öffnete ein Fenster im ersten Stock und verschwand dann wieder in ihrer Wohnung.
    Harry lächelte. Es war ganz eindeutig die Frau aus dem Krankenhaus. Es hatte ihm gar nicht gefallen, dass sie ihm auf den Parkplatz gefolgt war und dort mit ihrem Telefon hantiert hatte. Sie hatte ihn ganz eindeutig fotografiert. Hatte sie ihm Interpol auf den Hals gehetzt? Glaubte sie wirklich, sie könnte es mit ihm aufnehmen?
    Laurent tauchte auf. Er kam von der Avenue de Wagram. Mit der gebrochenen Nase, den anliegenden Ohren und dem grimmigen Ausdruck hatte er etwas von einer Bulldogge. Aber wie so oft trog der Schein, weil der Kerl wirklich clever war. Wenn Harry sich auch nach wie vor noch nicht sicher war, ob er ihm trauen konnte. Laurent hatte einen eher lästigen Sinn für Moral. Er schien aufrichtig entsetzt darüber, dass Harry am Gare du Nord die beiden Leute von Interpol erschossen hatte, egal, wie nötig das gewesen war. Je mehr Feinde man ausschaltete, desto geringer die Chance, dass sie einen zu fassen bekamen. Es war das kleine Einmaleins der Kriegführung. Moral spielte da nicht mit hinein.
    Laurent ließ sich in den Beifahrersitz fallen.
    »Alles klar?«, fragte er.
    Harry brummte.
    »Ich habe mich umgesehen«, sagte Laurent. »Die Luft ist rein. Also, was liegt an?«
    »Wir brechen ein. Und zwar leise, damit wir die Nachbarn nicht alarmieren. Wir fesseln die Frau, bekommen heraus, was sie weiß. Dasselbe Verfahren mit dem Schmierfinken. Dann erledigen wir sie. Ganz einfach.«
    »Könnten wir sie nicht einfach ordentlich aufmischen?«
    »Herrgott noch mal, musst du denn immer maulen?«
    Laurent senkte den Blick wie ein geprügelter Hund, seine Fäuste jedoch waren geballt. Harry spielte mit dem Gedanken, ihn im Auto zu lassen, beschloss dann aber, sich an den Plan zu halten. Laurent war ein ausgezeichneter Schlossknacker und französische Schlösser waren notorisch schwierig. Er würde das Problem mit Laurent ein andermal klären.
    Harry blickte nach oben. Anne lehnte am Fenster und sah ihm direkt in die Augen. Er sah das Entsetzen auf ihrem Gesicht. Lächelnd winkte er ihr zu. Er warf einen Blick auf den Eingang des Wohnhauses. Eine alte Frau spähte heraus. Das Timing war perfekt, da die meisten französischen Häuser elektronisch gesichert und nur mit Codes zu öffnen waren.
    Er streifte seine Handschuhe über und tastete sein Jackett nach Schalldämpfer, Beretta und Panzerband ab. Er versetzte Laurent einen Stoß.
    »Auf geht’s!«
    Er hielt auf die Haustür zu und erreichte sie gerade, als sie ins Schloss fallen wollte. Die alte Frau drehte sich argwöhnisch um. Er ignorierte sie. Laurent folgte ihm in den kurzen Flur. Rechter Hand befand sich die Briefkastenanlage mit den Namen der Mieter; geradeaus vor ihnen sah er den Metallkäfig des Aufzugs. Um diesen herum wand sich die Treppe nach oben, die mit einem dunkelroten Teppich bespannt war.
    »Hier lang«, sagte Harry.
    Drei Stufen auf einmal, sprang er die Treppe hinauf wie ein aufgeregter Junge in Erwartung einer Party. Annes Wohnung lag rechter Hand im ersten Stock.
    Er wies auf die drei Schlösser an der schweren Holztür. »Mach hin!«
    Laurent holte sein »Besteck« aus der Tasche und machte sich an den Schlössern zu schaffen. Zwanzig Sekunden später stand er auf und nickte. Harry drückte die

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