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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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lebst.«
    Er wies auf ihr Notizbuch. »Was hast du denn da?«
    Sie reichte es ihm. Er verzog das Gesicht vor Schmerzen, als er es nahm.
    »Mein Tagebuch«, sagte sie.
    Er blätterte darin. Ihre Handschrift war so was von sauber und die Großbuchstaben waren, typisch französisch, mit schönen Kringeln versehen. Das Datum war jeweils rosafarben, die Einträge selbst in Schwarz. Einige Stellen waren rot unterstrichen. Ein Wort fiel ihm sofort auf.
    Harry.
    Er sah es überall in den Einträgen der letzten Tage, immer wieder rot unterstrichen. Ein Eintrag von vor zwei Tagen lautete: »Hinter einem Mann hergejagt, der Jerome im Krankenhaus bedroht hat. Er ist der berüchtigte Harry von UA. Interpol angerufen und Harrys Beschreibung nebst Einzelheiten über seinen Wagen durchgegeben. Sie haben ein Team geschickt.«
    Jerome schauderte. Der bloße Gedanke an Harry trieb ihm den kalten Schweiß auf die Stirn. Diese Nacht war er mit dem Herzschlag eines Presslufthammers aus dem Schlaf gefahren; er hatte von dem Zwischenfall auf der Müllkippe in Kibera geträumt. Harrys höhnische Fratze hatte sich ihm unauslöschlich eingeprägt. Neben einem Gefühl bitterer Hoffnungslosigkeit brach der Rachedurst in ihm durch. Er versuchte diese Anwandlungen zu unterdrücken. Er hatte mit den Schmerzen schon genug um die Ohren.
    »Was hat das Team von Interpol denn ausgerichtet?«, fragte er.
    »Es kam zu einem Blutbad.« Ein Schatten legte sich über Annes Gesicht. »Er hat zwei von ihnen mitten auf dem Gare du Nord erschossen und ist dann entkommen. Niemand weiß, wo er ist.«
    Es beunruhigte Jerome, dass Harry frei herumlief. Der Mann hatte auch in Frankreich Beziehungen zu den übelsten Elementen in Geheimdienst, Polizei und Mob. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er Jeromes Fährte wieder aufgenommen hätte.
    Anne setzte sich auf die Bettkante. »Wie kommst du denn mit deinem Artikel zurecht? Lässt sich der schon drucken?«
    »Ich habe mit meinem Redakteur bei AFP gesprochen. Er könnte sich vorstellen, dass
Le Monde
sich dafür interessiert. Wir müssen nur noch einige Fakten checken.«
    »Die Anwälte von UA werden dich fertig machen, wenn das nicht wasserdicht ist.«
    »Die werden mich auch so fertig machen.«
    Sie starrte zum Fenster hinaus. »Wieso meinst du, ist es so weit gekommen?«
    »Wie meinst du?«
    »Wieso UA so schnell so tief gesunken ist?«
    »Ist das nicht offensichtlich? Seit Edward und Harry bei dem Laden sind, haben sie eine kriminelle Vereinigung draus gemacht.« Zur Betonung seiner Argumente begann Jerome sie an den Fingern abzuzählen, die dabei zitterten, so schlecht hatte er seinen Unwillen im Zaum: »Erstens haben sie Privatdetektive angeheuert, um die übrige Führungsebene auszuspionieren. Zweitens haben sie Frederic Grantely dazu bekommen, seinen Platz als CEO von Universal Action zu räumen, aus privaten Gründen, wie es hieß, damit Edward übernehmen konnte.«
    »Sie haben Frederic erpresst? Wie denn? Der Mann ist ein Heiliger.«
    »Harry hat unter Grantelys Namen ein Konto eröffnet und da drauf Gelder von UA transferiert. Er behauptete, Grantely betrüge die Organisation und drohte, damit zur Presse zu gehen.«
    Anne schüttelte angewidert den Kopf.
    »Wo war ich?« Jerome massierte sich die Stirn. Die Schmerzen machten ihn völlig konfus. »Ach ja, Drittens haben sie sich mit diesem Söldnerverein zusammengetan, MainShield International.«
    »Nun, das ist wirklich ein gefährlicher Haufen. Mit wem haben sie denn dort Kontakt? Marion Smith?«
    »Korrekt«, sagte Jerome, von Annes ständigen Unterbrechungen irritiert.
    »Ein toughes Luder. Eine der wenigen Frauen in der Welt privater Militärs. Irgendeine Ahnung, was die vorhaben?«
    »Bislang nicht, aber da bin ich noch drüber«, sagte Jerome. »Viertens wären da ihre Verbindungen zu diesem somalischen Kriegsherrn, diesem Othman Ali Hassan. Nach allem, was du mir gesagt hast, haben Harry und Othman Interpols Ansicht nach irgendwie mit den Massakern zu tun. Fünftens–«
    »Schon gut, schon gut.« Anne winkte ab. »Ich hab’s kapiert. Trotzdem, es kann doch nicht so einfach sein, eine ganze Organisation zu korrumpieren. Ich meine, um Himmels willen, UA war eine respektable karitative Organisation wie Oxfam oder Care International. Das war doch nun wirklich nicht die Mafia.«
    Sie öffnete einen Schub unter dem Tisch und holte eine Packung filterloser Zigaretten heraus. Geradezu resolut begann sie zu rauchen. Im Nu hatte das Zimmer sich mit dünnem

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