Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
untervermieten. Er berechnet uns schon fünfzig Dollar die Woche mehr, damit wir die Garage benutzen dürfen. Wenn er dahinterkommt, was wir hier machen, will er bestimmt noch mehr Geld von uns.«
»Du hast recht«, stimmte Julia zu. »Du musst ja gar nichts von Madison erzählen. Schieb es einfach einer von uns in die Schuhe. Schreib ihm, wir hätten Verfolgungswahn oder so.«
»Das ist gar nicht so weit hergeholt«, sagte Ellis. »Ich bin wirklich kein Angsthase, aber wenn wir schon einen Schlosser holen, sollten wir ihn dann nicht bitten, auch an unseren Zimmertüren Schlösser anzubringen?«
»Warum sollten wir?«, fragte Dorie. Sie nahm Julia das Geld wieder ab und schob es zurück in den Umschlag.
»Weil«, erklärte Julia, »wir gerade eine Fremde in unsere Mitte gelassen haben und tatsächlich so gut wie nichts über sie wissen. Ist euch aufgefallen, wie ausweichend sie war, als ich ihr Fragen gestellt habe? Wenn es ihr dermaßen wichtig ist, uns auszuschließen, sollten wir vielleicht darüber nachdenken, dasselbe zu tun.«
»Ach, Julia«, Dorie wurde rot. »Das ist doch ungerecht! Ich meine, ich weiß ja, dass du sauer bist, weil ich das Zimmer vermietet habe, aber jetzt mal ehrlich, ich denke schon, dass ich ein klein wenig Menschenkenntnis habe. Madison kommt wir wirklich nett vor. Völlig normal. Sie ist nur ein bisschen schüchtern. Und sie will ihre Ruhe. Was ist daran so unheimlich?«
»Nichts ist unheimlich«, erwiderte Julia. »Aber wenn sie einen Wagen fahren kann, der fast fünfzigtausend Dollar kostet, wenn sie eine Handtasche für zweitausend Dollar hat, die übrigens nicht gefälscht ist, kommt es euch dann nicht ein bisschen komisch vor, dass sie ein mieses Zimmer in einem ziemlich miesen Haus mietet? Und dass sie bereit ist, so viel Geld dafür zu bezahlen, noch bevor sie es gesehen hat?«
»Tut mir leid, aber da muss ich Julia zustimmen. Es kommt mir wirklich komisch vor«, meinte Ellis.
»Und ich für meinen Teil halte Augen und Ohren offen, was diese Frau betrifft«, fügte Julia hinzu. »Es gibt so einiges, was ich gerne über diese Madison wissen würde.«
»Mir ist wirklich egal, warum sie hier wohnen will«, sagte Dorie. »Mir ist nur wichtig, dass ich jetzt nicht mehr meine Schwester anrufen und sie anflehen muss, ihren Teil der Miete zu zahlen. Meinetwegen könnt ihr euch einschließen und ihr hinterherschnüffeln, soviel ihr wollt. Vertreibt sie bloß nicht. Verstanden?«
14
Es gab keinen Kabelempfang. Als sie nach dem Essen das erste Mal den Fernseher einschalteten, war der Bildschirm so grau und fusselig wie ein ausrangierter Pulli.
Elli griff zu ihrem iPhone. »Ich maile Mr Culpepper. Ehrlich, kaum ist eine Sache repariert, bricht woanders was zusammen.«
»Warum rufst du ihn nicht einfach an?«, fragte Dorie.
»Weil ich seine Nummer nicht habe«, erwiderte Ellis und tippte die Nachricht ein. »Er ist sehr verschlossen und will nicht verraten, wo er wohnt, sonst, das kannst du mir glauben, würde ich vor seiner Tür Mahnwache halten, bis er alles hier wieder auf Vordermann gebracht hat.«
Julia schenkte sich noch ein Glas Wein ein und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Wegen mir musst du dir keine Sorgen machen. Ich brauche nicht unbedingt einen Fernseher. Schon gar nicht im Sommer.«
Ellis legte Teller und Besteck zusammen und stellte alles in die Spüle, die sie vor dem Essen mit Spülwasser gefüllt hatte. Dieser Teil des Sommers, stellte sie glücklich fest, verlief genau wie geplant, besonders jetzt, da sie Madison mit ihrem Geld hatten und für ihr aller finanzielles Auskommen gesorgt war. Madison war nun seit drei Tagen bei ihnen und hatte alle Einladungen, mit ihnen zu essen, unter dem Vorwand abgelehnt, sie halte nicht viel vom Abendessen.
Sie war, wie Dorie gesagt hatte, zurückhaltend, verbrachte den Großteil ihrer Zeit auf dem Zimmer und ging gelegentlich am Strand spazieren. Einen Tag nach ihrem Einzug hatte sie ein Fahrrad mitgebracht, und wenn sie jetzt das Haus verließ, dann gewöhnlich auf dem Drahtesel. Entgegen Julias düsteren Prophezeiungen war seit Madisons Einzug nichts Außergewöhnliches passiert.
Madison war sonderbar, eine Einzelgängerin, die Ausflüchte suchte, wenn sie etwas Persönliches gefragt wurde. Ellis hatte vermutet, Madison habe ein gebrochenes Herz, und Dorie war derselben Ansicht gewesen. »Dieser Ring, den sie da trägt«, hatte Julia daraufhin angemerkt, »würde mein gebrochenes Herz wieder so gut wie gesund
Weitere Kostenlose Bücher