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Die Sonate des Einhorns

Die Sonate des Einhorns

Titel: Die Sonate des Einhorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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fressen.« Joey erinnerte sich daran, wie sich mit dem Schatten dieser Perytone ein kaltes Gewicht auf ihre Schultern gesenkt hatte, und ein leiser Schauer lief ihr über den Rücken.
    »Okay, vergiß die Perytone«, sagte sie. »Das seltsame Ding da im Wasser, diese Jalla, und die Schlange mit den zwei Köpfen, wie auch immer du sie genannt hast. Und das…« Sie starrte einen goldroten Blitz am blendend klaren Himmel an, und merkte dann, daß es ein Vogel war. Es war ein Vogel, der so schnell flog, daß er schon außer Sicht war, ehe Joey klar wurde, daß dieses glühende Brandzeichen vor ihren Augen pure Schönheit gewesen war. »Und das, das!« heulte sie. »Das! Was ist das für ein Land? Alles, was man sieht, erschreckt einen entweder zu Tode oder bricht einem das Herz. Was ist das bloß für ein Land?
    »Das war ein Miri«, sagte Ko gelassen. »Du kannst dich glücklich schätzen, daß du ihn gleich an deinem ersten Tag in Shei’rah sehen durftest. Es gibt immer nur einen Miri, und wenn er alt wird, zündet er sein Nest an und verbrennt sich selbst zu Asche. Doch wenn das Feuer erstirbt, gibt es einen neuen, jungen Miri. Was sagst du dazu, Tochter?«
    Joey zitterte. »Ein Phönix«, flüsterte sie. »Das ist ein Phönix. Wir haben ihn in der Schule durchgenommen. Aber der ist reine Phantasie, Legende. Wie Satyrn oder wie auch immer ihr euch nennen mögt.«
    Ko zuckte mit den Schultern und kratzte sich. »Der Älteste wird es dir erklären.«
    »Ach ja«, sagte Joey schwermütig. »Der Älteste. Du solltest mir lieber was vom Ältesten erzählen, wenn wir unsere Hintern schon den ganzen Weg bis zu ihm schleppen.«
    »Eigentlich zu ihnen, Tochter!« Ko lachte aus schierer Freude und nahm ihre Hand. »Ich kann dir nicht sagen, was die Ältesten sind«, fuhr er fort. »Sie sind sie selbst, sie waren schon immer sie selbst, alle drei Arten. Ich weiß kein anderes Wort für sie. Sie sind die Ältesten.«
    »Du bist über einhundertachtzig Jahre alt«, sagte Joey. »Und sie sind die Ältesten?« Ko nickte gutgelaunt. »Und es gibt drei verschiedene Arten?« Sie sah Bilder von Außerirdischen aus dem Fernsehen vor sich, mit riesigen, unterschiedlich faltigen, kahlen Köpfen.
    »Eine Art ist wie der Himmel«, antwortete Ko. »Es gibt noch eine Art, die wie das Wasser ist, und eine ist die Erde, wie Erde. Aber sie alle sind die Ältesten.«
    Joey seufzte. »Na großartig«, sagte sie. »Sag mir trotzdem was. Sind die Ältesten … machen sie die Musik? Diese Musik da draußen?«
    Während sie sprach, brachte ein einzelnes Horn, das plötzlich so nah klang wie Ko selbst, eine Melodie hervor, die so anmutig und so traurig war wie ein Blatt, das langsam zu Boden fällt; es fing sie einmal auf, warf sie ein klein wenig höher und ließ ihr dann freien Lauf. Ko sagte in die Stille hinein: »Tochter, nein, die Ältesten machen keine Musik. Die Ältesten sind Musik.« Joey antwortete nicht.
    Inzwischen stieg die Straße gleichmäßig an, durchquerte ein schmales Tal, das von einzelnen Dornenbäumen übersät war, deren dreieckige Blätter silbrig im Sonnenlicht aufblitzten. Die Musik wurde nach Belieben lauter und leiser, flocht sich wie blühende Ranken durch das leise Schaben, das Kos gespaltene Hufe auf der Straße hervorriefen. Manchmal schienen nur ein oder zwei Hörner zu spielen, manchmal mindestens vier, manchmal mochten es mehr als ein Dutzend sein, mehr noch, ein Orchester voller Indigos. Joey versuchte, mit John Papas trainierten, erfahrenen Ohren zuzuhören, aber sie schaffte es nicht.
    Eine Schar kleiner Wesen, die auf einem sonnigen Fels schlummerten, schreckten hoch und beobachteten, wie sie vorüberzogen. Fast beiläufig bemerkte Joey, daß sie wie Drachen aussahen, allerdings waren sie höchstens fünfzehn Zentimeter lang und sandfarben wie die Felsen, auf denen sie kauerten. Als Joey dem größten von ihnen in die trüben Augen sah, forderte er sie mit einem leisen Zischen heraus und breitete seine gelbbraunen, kleinen Flügel schützend über die anderen Miniaturdrachen. Ko sagte: »Shendi, sind früh dran dieses Jahr«, als gäbe er freudig überrascht einen Kommentar zu irgendwelchen Frühlingsblumen ab.
    Auf dem ganzen Weg pflückte Ko Früchte für sie – süße, schwere, rote Feigen und etwas, das er Javadur nannte. Es sah aus wie eine Kreuzung zwischen Mango und Avocado, roch wie ein nasser Hund und schmeckte nach Karamelcreme. Joey- die seit ihrem mitternächtlichen Glas Schokoladenmilch in einer

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