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Die Sonate des Einhorns

Die Sonate des Einhorns

Titel: Die Sonate des Einhorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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Blutorangen ähnelten (obwohl sie wie Bananen schmeckten), und noch etwas, das wie eine staubig violette Pflaume aussah und wie gegorene Melonen schmeckte. Ko entbot den beiden Einhörnern einen Gruß und wandte sich an Joey: »Wenn du mit deinem Frühstück fertig bist, erwartet dich der Lord Sinti.«
    »Oh. Oh, okay. Hab’ ich mir fast gedacht.« Eilig schlang Joey die Frucht hinunter, wischte sich den Mund ab und wartete darauf, daß Ko vorangehen würde. Doch der Satyr schüttelte den Kopf und sagte: »Geh, wohin du willst, und er wird da sein.«
    Touriq zupfte an der silbrigen Mähne seiner Mutter. »Darf ich mit ihr gehen? Ich möchte Sinti auch sehen, darf ich?«
    »Wenn er dich ruft, wirst du es merken«, erwiderte Fireez. Joeys Blicke wanderten zwischen den beiden Einhörnern und dem Satyr hin und her. Schließlich sagte sie leise: »Jahrhunderte. Ojemine!« Dann wandte sie sich um, entschied sich für eine Richtung und verschwand zwischen den Bäumen.
    Zufrieden murmelte der Abendrotwald im ersten Sonnenlicht vor sich hin. Joey fand, daß die Luft wie frischgewaschene Wäsche roch, die auf der Leine trocknet; die Bäume und die blaßbraune Erde dufteten leicht nach Zimt. Als sie stehenblieb, um sich gegen einen mächtigen roten Baumstamm zu lehnen, fühlte sie, wie sein Leben durch die pelzige Borke unter ihrer Schulter drang. Genau über ihr sang ein kleiner Vogel – so golden wie Geschenkpapier – mit derart schlichter Leidenschaft, daß selbst die magische Musik, der Joey nach Shei’rah gefolgt war, verstummte. Eine lavendelgrüne Kreatur, eine Kreuzung zwischen Molch und Gottesanbeterin, kauerte auf ihrem rechten Fuß, sah zu ihr auf, mit Augen, die – für das, was dieses Wesen war– viel zu wach waren. »Hallo«, sagte Joey. »Redest du auch in meinem Kopf?« Doch das Wesen schoß davon, sobald sie sprach. Joey ging weiter.
    Sie sah das schwarze Einhorn erst, als es im Paßgang an ihrer Seite war. Die anderen drei hatten die Größe von Hirschen gehabt, doch dieses war so groß, daß sie den Kopf in den Nacken legen mußte, um ihm in die Augen zu sehen, die ebenso grausam juwelenbesetzt waren wie die der Lady Fireez. Ob blind oder nicht, sie sogen ihren Blick so tief und weit in sich auf, daß sie ihre Füße vergaß, stolperte und sich an seiner Flanke stützen mußte. Unter seiner fast erschreckenden Wärme – Einhörner sehen kühl aus, aber sie geben reichlich Körperwärme ab – spürte Joey das Lachen, das sie nicht hören konnte, wie das Schnurren einer Katze. Er roch nach Orangen.
    »Ich muß nach Hause«, sagte sie. »Das ist wichtig. Also, es gefällt mir hier, es ist wirklich schön, und ich hätte nichts dagegen, noch etwas länger zu bleiben, aber ich sollte mich auf den Heimweg machen.«
    Sintis Stimme floß langsam von Kopf bis Fuß durch sie hindurch, wie das Wasser in Shei’rah. »Ich kann dir den Weg zeigen.«
    Joey blieb stehen. »Das kannst du? Aber Ko hat gesagt, ich könnte nicht nach Hause, weil die Grenze sich verschoben hat oder so etwas ähnliches. Ich begreif es nicht. Wie kann eine Grenze sich bewegen?«
    Das schwarze Einhorn sah auf sie herab, sein Horn ein Schwert der Mitternacht unter den Bäumen des roten Morgens. »Weil Shei’rah sich bewegt.«
    Er schwieg eine Weile, bis er wieder sprach und die Worte sorgsam in das Schweigen der benommenen Joey fallen ließ. »Es gibt viele, viele Welten, doch nur Shei’rah ist an eure Welt gebunden, und zwar auf eine Art und Weise, die ich bisher noch nicht verstanden habe. Wir schweben daneben, wir gleiten darüber hinweg wie der Schatten über eine Wolke. Wir bleiben vielleicht einen Tag oder tausend Jahre an einer Stelle… Shei’rah selbst sucht es sich aus. Und immer gibt es eine Grenze, und wer unsere Musik ehrlich fühlt, kann sie überschreiten, von beiden Seiten, in der Nacht, wenn der Mond am höchsten steht. Mehr ist nicht vonnöten, um in Shei’rah ein und aus zu gehen … nur tiefes Verlangen und die Musik und ein wenig Mond.«
    »Das ist verrückt«, flüsterte Joey- »Oh, das ist so verrückt.« Abrupt blieb sie stehen, wühlte mit beiden Händen in ihrem Haar. »Oh, mein Gott, wie lange bin ich denn schon hier? Ich habe kein Gefühl mehr für die Zeit, ich weiß auch nicht wieso, meine Eltern werden verrückt spielen, ich muß sofort los.«
    Erneut klang Sintis mildes Vergnügen in ihrem eigenen Körper nach, obwohl sie ihn nicht berührte. »Die Zeit ist anders in Shei’rah. Wenn du heimkehrst, wird

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