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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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Universal Langzeitlagerung«, sagt die Stimme am anderen Ende. Es ist eine Frau, und sie spricht mit einer klitzekleinen Dialektfärbung. »Können Sie mich bitte mit den Zugängen verbinden?«
    Ich schaue mich im Raum um: Tabitha zieht gerade zwei Erstklässler aus einem Kokon grüner und gelber Wolle. Ein Kind ist etwas rot angelaufen, als habe es keine Luft bekommen. Ins Telefon sage ich: »Zugänge? Das bin ich, Ma’m.«
    »Oh, wie höflich! Hören Sie mal, Schätzchen, irgendjemand zieht Sie da über den Tisch«, sagt sie. »Dieses – mal sehen – rituelle Artefakt, das Sie angemeldet haben, ist schon bei uns registriert. Wir haben es seit Jahren. Sie müssen das immer zuerst abchecken, Kleiner.«
    Ich muss mich krampfhaft zurückhalten, Luftsprünge zu machen und hinter dem Tresen Freudentänzchen zu vollführen. Ich beruhige mich wieder und sage ins Telefon: »Oje, danke für die Warnung. Ich werde den Kunden hier wieder abwimmeln. Ein total zwielichtiger Typ, sagt, er wäre Mitglied einer Geheimgesellschaft, dass sie es seit vielen Jahrhunderten besitzen – na, Sie wissen schon, das Übliche.«
    Die Frau seufzt mitfühlend. »Wem sagen Sie das, Schatz.«
    »Hören Sie«, sage ich leichthin, »wie heißen Sie?«
    »Cheryl, Schätzchen. Die Sache tut mir wirklich leid. Wer kriegt schon gern einen Anruf von Con-U.«
    »Das ist nicht wahr! Ich bin wirklich dankbar für Ihre Gewissenhaftigkeit, Cheryl.« Ich stelle mich dumm: »Aber wir sind ziemlich klein. Ich habe offen gestanden noch nie was von Con-U gehört …«
    »Machen Sie Witze, Kleiner? Wir sind ja nur der größte und fortschrittlichste externe Lagerservice für den historischen Unterhaltungssektor westlich des Mississippi«, sagt sie in einem Atemzug. »Hier in Nevada. Waren Sie schon mal in Vegas?«
    »Naja, nein –«
    »Trockenster Ort in den ganzen Vereinigten Staaten, Schätzchen.«
    Ideal für Steintafeln. Okay, jetzt oder nie. Ich sage meinen Spruch auf: »Hören Sie, Cheryl, vielleicht können Sie mir helfen. Wir hier bei Cal Knit haben gerade eine größere Spende erhalten, von der äh, Neel-Shah-Stiftung –«
    »Das freut mich.«
    »Naja, für unsere Verhältnisse ist sie groß, was eigentlich nicht besonders groß ist. Aber wir organisieren gerade eine neue Ausstellung und … Sie haben doch die echten Gerritszoon-Patrizen, oder?«
    »Ich habe keine Ahnung, was das ist, Schatz, aber hier steht, dass wir sie haben.«
    »Dann würden wir sie gern ausleihen.«
    Ich lasse mir von Cheryl die Einzelheiten nennen, bedanke mich und sage Auf Wiedersehen, dann lege ich den blauen Hörer wieder auf. Ein grünes Wollknäuel kommt in hohem Bogen angeflogen. Es landet auf dem Tresen, rollt auf meinen Schoß und löst sich dabei auf. Ich schaue hoch, und es ist wieder das kleine rothaarige Mädchen, das auf einem Bein steht und mir die Zunge herausstreckt.
    Die Erstklässler bewegen sich drängelnd und schubsend wieder zum Parkplatz hinaus. Tabitha macht die Eingangstür hinter ihnen zu, schließt ab und humpelt zurück zum Emp fangstresen. Sie hat einen kleinen roten Kratzer auf der Wange.
    Ich fange an, die grüne Wolle aufzurollen. »Anstrengende Klasse?«
    »Sie sind mit den Nadeln ziemlich schnell bei der Sache«, sagt sie seufzend. »Wie war’s bei dir?«
    Ich habe den Namen des Lagers und die Adresse in Nevada auf einem Notizblock von Cal Knit notiert. Ich drehe ihn um, damit sie ihn lesen kann.
    »Ja, kein Wunder«, sagt sie. »Wahrscheinlich ist neunzig Prozent von allem, was auf diesem Bildschirm steht, eingelagert. Wusstest du, dass die Library of Congress ihre meisten Bücher außerhalb von Washington aufbewahrt? Die haben so was wie tausend Regalkilometer, alles in Lagerhallen.«
    »Iih.« Ich finde die Vorstellung furchtbar. »Wozu der Aufwand, wenn keiner sie je zu sehen bekommt?«
    »Die Aufgabe eines Museums besteht darin, Gegenstände für die Nachwelt aufzubewahren«, sagt Tabitha leicht pikiert. »Wir haben einen klimatisierten Container voller Weih nachtspullis.«
    Natürlich. Wissen Sie, ich glaube allmählich wirklich, dass die ganze Welt nur eine Patchworkdecke aus lauter verrückten kleinen Sekten ist, die alle ihre eigenen geheimen Orte, Archive und Regeln haben.
    In der Bahn zurück nach San Francisco tippe ich drei kleine Nachrichten in mein Handy.
    Eine geht an Deckle und lautet: Ich bin da was auf der Spur.
    Eine andere an Neel: Kann ich mir dein Auto borgen?
    Die letzte geht an Kat. Sie lautet schlicht:

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