Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
unter W AFFEN . Vielleicht unter K RIEG . Vielleicht unter S PITZE G EGENSTÄNDE .
Tabitha beugt sich zu einem der Erstklässler hinunter und hilft ihm, zwei Stricknadeln zu kreuzen, um seine erste Masche zu produzieren. Er runzelt in angestrengter Konzentration die Stirn – ich kenne diesen Gesichtsausdruck aus dem Lesesaal –, und dann hat er es geschafft, die Masche nimmt Gestalt an, und er gluckst und strahlt über das ganze Gesicht.
Tabitha dreht sich zu mir um. »Schon gefunden?«
Ich schüttle den Kopf. Nein, ich habe es noch nicht gefun den. Nicht im 15. J AHRHUNDERT . Naja, vielleicht ist es ja im 15. J AHRHUNDERT , aber alles andere ist auch im 15. J AHRHUNDERT – das ist das Problem. Ich suche immer noch nach einer Nadel im Heuhaufen. Wahrscheinlich einem uralten Heuhaufen aus der Song-Dynastie, den die Mongolen zusammen mit allem anderen in Brand gesetzt haben.
Ich sitze zusammengesunken da, den Kopf in die Hände gestützt, und starre auf die blaue Konsole, die mir ein Bild von irgendwelchen unförmigen, grünstichigen Münzen zeigt, die aus einer alten spanischen Galeone geborgen wurden. Habe ich gerade tausend von Neels Dollars verschwendet? Was soll ich bloß mit diesem Ding anstellen? Warum hat Google noch keinen Museumsindex?
Ein kleines Mädchen mit leuchtend rotem Haar kommt kichernd zum Empfangstresen gerannt; sie würgt sich gerade mit einer Schlinge aus grüner Wolle. Äh – hübscher Schal? Sie grinst und hüpft auf und ab.
»Hi«, sage ich. »Darf ich dich was fragen?« Sie kichert und nickt. »Wie würdest du eine Nadel im Heuhaufen finden?«
Die Erstklässlerin hält inne und zupft grübelnd an der grünen Wolle um ihren Hals. Sie denkt richtig darüber nach. Winzige Gänge rasten ein; sie knetet die Finger und überlegt. Das ist niedlich. Schließlich schaut sie auf und sagt ernst: »Ich würde die Heue bitten, sie zu suchen.« Dann macht sie leise »Buh!« und hopst auf einem Bein davon.
Ein uralter Gong aus der Song-Dynastie ertönt donnernd in meinem Kopf. Ja, natürlich. Sie ist ein Genie! Ich kichere in mich hinein und drücke so lange auf Escape, bis ich mich von der grauenhaften Systematik der Software befreit habe. Stattdessen wähle ich den Befehl, der schlicht Z UGÄNGE lautet.
Es ist so einfach. Natürlich, natürlich. Die Erstklässlerin hat recht. Es ist so leicht, eine Nadel im Heuhaufen zu finden! Man muss die Heue bitten, sie zu suchen!
Die Suchmaske ist lang und kompliziert, aber ich fülle sie eilig aus:
KÜNSTLER: Griffo Gerritszoon
JAHR: 1500 (ca.)
BESCHREIBUNG: Metalltype. Gerritszoon-Patrizen, vollständiger Zeichensatz.
PROVENIENZ: Ca. 1900 verloren. Durch anonyme Schenkung zurückerlangt.
Ich lasse die restlichen Felder frei und klicke auf Enter, um das komplett erfundene neue Artefakt im Accession Table zu registrieren. Wenn ich richtig verstanden habe, durchsucht er jetzt alle anderen Terminals, die genauso sind wie dieser, in jedem Museum auf der ganzen Welt. Kuratoren prüfen den Eintrag, checken ihn auf Querverweise – Tausende.
Eine Minute tickt vorbei. Noch eine. Ein Erstklässler mit einem dunklen Wuschelkopf und schlechter Haltung schlurft zum Empfangstresen, stellt sich auf die Zehenspitzen und beugt sich konspirativ zu mir vor: »Haben Sie irgendwelche Spiele?«, flüstert er und zeigt auf die Konsole. Ich schüttle traurig den Kopf. Tut mir leid, Junge, aber vielleicht –
Der Accession Table macht wuu wuu . Es ist ein hoher, aufsteigender Ton wie ein Feueralarm: wuu, wuu. Der krumme Junge fährt erschrocken auf, und alle Erstklässler drehen sich zu mir um. Auch Tabitha, die eine ihrer breiten Augenbrauen hochzieht und mich fragend ansieht.
»Alles okay da drüben?«
Ich nicke; ich bin zu aufgeregt, um etwas zu sagen. Eine Botschaft in dicken roten Lettern blinkt böse am unteren Bildschirmrand:
ZUGANG VERWEIGERT
Ja!
ARTEFAKT EXISTIERT
Ja ja ja!
BITTE KONTAKTIEREN: CONSOLIDATED UNIVERSAL LANGZEITLAGERUNG GMBH
Der Terminal klingelt. Moment mal. Er kann klingeln? Ich werfe einen Blick hinter den Monitor und sehe einen leuchtend blauen Telefonhörer, der da in einer Halterung klemmt. Ist das die Not-Hotline des Museums? Hilfe, das Grab des Tutanchamun ist leer! Es klingelt wieder.
»Hey, sag mal, was machst du da drüben?«, ruft Tabitha quer durch den Saal.
Ich winke fröhlich – alles paletti –, schnappe mir dann den Hörer, drücke ihn fest ans Ohr und flüstere: »Hallo. Cal Knit.«
»Hier ist Consolidated
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