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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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seiner eigenen Wohnung aus dirigiert.
    Das Problem: Er habe die verstärkte Abnutzung seines Schuhwerks, die mit den Wanderungen unvermeidlich einhergegangen sei, nicht länger ertragen. Auch habe er die Okkupation seiner Wohnung nicht hinnehmen wollen. So sei er schließlich wieder zu Hause geblieben, habe reglos im Kleiderschrank verharrt und auf ihr Kommen gewartet.
    Ich mache mir eine flüchtige Notiz. Tatsächlich ist, dank eines Hinweises aus der Nachbarschaft, am Ende der Psychiatrische Dienst erschienen und hat ihn mitgenommen. Herr P. war erleichtert, er ist geradezu zufrieden gewesen. Er hat sich, denke ich jetzt, in jeder Hinsicht bestätigt gefühlt.
    Herr P. klappt die Bügel zusammen und steckt seine Brille ein.
    An diesem Punkt der Gespräche ist unsere Therapiestunde um. Morgen werden wir die gleiche Unterhaltung wieder führen. Wir kommen nicht weiter.
    Und wenn wir weiterkämen: Draußen ginge es wieder von vorn los. Herr P. wird in diesem Leben keine Anstellung mehr erhalten. Wir können ihm hier nicht helfen.
    Das Waschbecken, mein Ort des Zorns. Nach jedem Patientengespräch rasch ein Gang zu den Sanitäranlagen, weil ich an den Händen schwitze. Ich lege die Nasenflügel an, minimiere die Atemtätigkeit, umsonst. Auch der kürzeste Aufenthalt in dieser Kloake mit ihren stinkenden Vorkriegstoiletten kann nur ein masochistischer Akt genannt werden. Immerhin Türen. Da ich unwillkürlich hektisch werde, entfleucht mir dasgraue Seifenstück ins Becken, unter den keuchhustenden Wasserstrahl, in sein gefächertes unerfreuliches Spritzen. Graues Seifenstück. Seife ist niemals grau, hier schon. Ich fische das alterslose, vertrotzte, das hartnäckig widerstrebende Stück aus dem Spucken und Geifern heraus, ein plasteglattes Produkt, in keiner Weise zum Schäumen zu bringen.
    Nichts von: elegischer Vergeblichkeit. Nichts von: wir schwinden dahin wie die Sanftmütige, die Seife. Knochenharte hundertjährige Schloßseife, deren Beharrungsvermögen alles andere in dieser Anstalt übertrifft.
    Ich wasche mir pro forma damit die Hände, der Schaumverzicht wird dadurch wettgemacht, daß es sich ohnehin um eine mehr symbolische Geste handelt; ich sehe voraus, daß ich sie im Laufe der Zeit zur bloßen Andeutung verfeinern werde. Wenn der Patient die Tür hinter sich geschlossen hat, kurz ans Fenster getreten, das Gesicht ins Licht gehalten, einmal kurz die Hände gerieben, in Unschuld gebadet, der nächste bitte.

12 Die Ursachen – Fallgeschichten 1
Flüssigstrümpfe
    Sie zog nach Einbruch der Dunkelheit, nur mit einem rosa Nachthemd und weißen Schuhen bekleidet, durch die Vorstadt und zündete Container an. Sie versteckte sich in einer Grünanlage, einem Hauseingang und sah zu, wie die Flammen aufstiegen, wie der Müll rauchte, wie das Gehäuse ausbrannte. Niemand kam, um zu löschen, es war spät, und wenn das Feuer in sich zusammensank, war das Geschehen kaum noch zu bemerken. Es roch nach verschmortem Plastik, aber das roch nur, wer sich jetzt in der Nähe aufhielt, draußen. Sie ging aus dem Gebüsch, das sie verborgen hatte, auf den Geruch zu und wühlte in der Asche. Bestrich sich die nackten Beine mit Ruß. Sie wischte über die Unterschenkel, fuhr hoch unters Nachthemd, hielt sich mit Rußfingern die Knie, rieb sich die Asche in die Haut. Dann wieder putzte sie mit einem Fetzen, den sie in der Faust verborgen gehalten hatte, über ihre weißen Schuhe, spuckte auf das Tuch, wienerte, polierte. Die Ascheflocken ließen sich entfernen, aber ein Glutrest hatte Brandflecken ins Oberleder gefressen, die sie nicht wegbekam. Als man sie aufgriff, sah sie schrecklich aus. Schlohweißes Haar, aschgraues Gesicht. Die Beine fast schwarz.
    Die Anamnese verlief wenig ergiebig. Es war aus ihr kaum etwas herauszubekommen, sie wirkte verwirrt. Seit gut vierzig Jahren lebte sie in einer Genossenschaftswohnung in diesem Stadtviertel. Niemals war sie aufgefallen. Ihr Haushalt ordentlich geführt. Keine von denen, die ihre Schwerhörigkeit nicht einschätzen können und den Fernseher zu laut stellen, keinevon denen, die mit dem Krückstock gegen die Heizungsrohre schlagen, um Hilfe zu fordern, keine von denen, die die eigene Wohnungstür nicht mehr finden und regelmäßig versuchen, durch die Nachbarstür hineinzukommen, als ließe sich ein widerspenstiger Schlüssel durch Geklingel und Geklopfe wieder passend machen.
    Monika Kramme war still gewesen, hatte niemanden belästigt, auch jetzt sprach sie kaum. Als sie dann

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