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Die Sonnenposition (German Edition)

Die Sonnenposition (German Edition)

Titel: Die Sonnenposition (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Poschmann
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selbstverständlich etwas Trockenes über. Niemand war genötigt, irritierende Organe zu betrachten. Für den einen Moment konnten andere die Augen niederschlagen, sich abwenden, es war keine Zumutung. Wer aber sehen wollte, was zu sehen war – bitteschön, man hatte nichts zu verbergen, man fühlte sich von fremden Blicken nicht belästigt, es ging schließlich zu schnell vorbei.
    Die Touristen am Strand spielten Sex. Schaufelten sich heißen Sand auf die Knie, suchten Bernstein und verloren sich in den Schlieren der golden gestauchten Zeit, hoben kalkige Muschelschalen auf und fuhren mit dem Zeigefinger sacht über die rosigen Innenseiten. Sie sammelten glänzende Steine ein, die nach dem Trocknen sofort stumpf wurden, fahle Erinnerungen an Steine. Sie ließen Wasser durch die Finger gleiten, Tang. Sie saßen, nasse Sande in Händen, am Wellensaum und ließen sich überspülen, wieder und wieder.
    Meine Schwester und ihr Liebhaber waren noch nicht im Wasser gewesen. Odilo, zum Kongreß angereist, hatte keine Zeit gefunden, auch keine Lust verspürt, zu schwimmen. Er blieb zugeknöpft, blieb vollständig bekleidet, und er blieb dabei, auch seine neue Beziehung auf hochgeschlossene Weise zu führen, selbst wenn ihn während langweiliger Reden, in flittrigen Sekunden ein gutgelaunter Sportsgeist animieren mochte, sich in seine Badehose zu werfen, weit hinaus zu kraulen, einen athletischen Oberkörper vorzuführen, den man im Alltag nicht zur Kenntnis nahm. Er hätte gar nichts dagegen gehabt, einem griechisch interpretierten Körperkult zu huldigen. Allein: Ihn machten die vielen Leute ungeduldig.
    Mila traf am Vormittag aus Berlin ein, ein kurzes Wochenende, vergleichsweise unaufwendig, er war in der Nähe, sie hörte seinen Vortrag, er lud sie ein, über Nacht zu bleiben, damit es sich lohnte für sie, die so gern am Meer war. Sie hatte lange gezögert. Der Vortrag interessierte sie nicht. Das Verhältnis zu Odilo war ungeklärt.
    Mila hatte ihm zugehört; sie war nach draußen gegangen, als der nächste Redner das Podium betrat.
    Die Schwäne senkten ihre angeschmutzten Hälse in den Teich auf dem Institutsgelände. Sie gründelten, paddelten ziellos, dann wieder putzten sie ihr gleißendes Gefieder, es warf das steile Mittagslicht zurück. Sie fetteten die Federn eine nach der andern ein, trugen einen wachsähnlichen Stoff auf, an dem das Wasser abperlte. Am Hals blieb ein Grauschleier, fehlte die Glätte.
    Die Hitze umschloß sie wie ein Gummikleid, hinderte ausgreifende Bewegungen, hielt den Körper in Schach. Zwangsjackenmittag: Mila ging sehr langsam am Institut entlang, am Rand von erhitztem Getreide, mit kleinen, schleppendenSchritten entlang der überhängenden Ähren, Grannen streiften ihre bloßen Unterschenkel, hafteten mit winzigen Widerhaken für eine Sekunde an der Haut. Die in der Sommerhitze heller werdenden Felder. Felder durchsetzt mit Kornblumen, blond und himmelblau. Bleiche Blütenbäder, überbelichtete Tage, die, während sie noch stattfanden, bereits zu Erinnerungen wurden. Als sähen sie miteinander ein altes Album mit den Sommerfrischefotos anderer, längst verblichener Personen an, Menschen in Badekostümen der Jahrhundertwende, Menschen mit langen Gewändern, die sich unter Schirmen aufhielten, Fotos, deren Motiv sich beim Betrachten weiter zu verflüchtigen schien. Sie wußte, daß sie später immer wieder darauf zurückkommen würde, daß sich für sie der Gang der Ereignisse zu einem größeren Teil um diese Tage rankte, ein paar bedeutungsvolle Punkte, und das übrige Leben ein verschlungenes Ornament darum herum. Es lief auf nichts hinaus. Es führte zu nichts. Es fühlte sich nicht einmal besonders gut an. Trotzdem schien sich hier etwas zu zentrieren, schien sie sich einem Zustand anzunähern, der Intensität versprach, eine Intensität, auf die sie lange gewartet hatte, ein Geheimnis, in dem sie sich aufhalten wollte, als käme sie nach einer Zeit des Halbschlafs endlich zu sich.
    Sie setzte sich auf eine Bank unter Parkbäume, atmete den flirrenden Schatten. Die Schwäne glitten automatenhaft auf den Funken, die die Wasseroberfläche versprühte, es knisterte in ihrer Nähe. Man sah sie nur schlecht, der Tag, zu heiß und zu hell, verdeckte sie mit seinem Licht. Ein paar Wasserhühner zuckten hektisch durch den Glast. Mila kramte in der Handtasche nach ihrer Sonnenbrille. Die Schwäne hoben die Köpfe, merkten auf, einer von ihnen manövrierte sich ungelenk das Ufer hinauf. Sie

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