Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
Bewegungsfreiheit.«
    Ferbin kannte die Stimme. Er war ganz sicher. Der die Befehle erteilende Mann musste tyl Loesp sein.
    Mertis tyl Loesp, bester Freund seines Vaters und der Berater,
dem er am meisten vertraute. Was ging hier vor? Unten kam es zu Bewegung. Laternen warfen Schatten an die dunkle Decke über Ferbin. Er kroch zu einem nahen Spalt im Boden, durch den Licht kam. Ein breiter Leinenriemen führte dort von einem riesigen Rad weiter oben zu einer Maschine im Erdgeschoss. Ferbin schob sich näher heran und spähte nach unten.
    Lieber Gott der Welt, dort lag sein Vater!
    Mit erschlafftem Gesicht und geschlossenen Augen ruhte König Hausk auf einer breiten Holztür, die man auf improvisierte Böcke gelegt hatte. Auf der linken Brustseite zeigte sich ein Loch in der verbeulten Rüstung, und Blut sickerte durch eine Fahne, die man um ihn gewickelt hatte. Er schien tot zu sein, oder dem Tode nahe.
    Ferbin riss die Augen auf.
    Der königliche Arzt Dr. Gillews öffnete eilig Beutel und Kästen. Ein Assistent wuselte um ihn herum. Ein Priester, den Ferbin schon einmal gesehen hatte, dessen Namen er aber nicht kannte, stand neben dem Kopf seines Vaters, der weiße Umhang voller Blut oder Schmutz. Er las aus irgendwelchen heiligen Schriften vor. Mertis tyl Loesp – groß und ein wenig gebückt, noch immer in seine Rüstung gekleidet, den Helm in der einen Hand, das weiße Haar verfilzt – ging auf und ab, und seine Rüstung glänzte im Schein der Laternen. Die einzigen anderen Personen, die Ferbin sah, waren zwei Ritter an der Tür, ihre Gewehre bereit. Durch den schmalen Spalt sah Ferbin nicht weiter als bis zur Brust des hochgewachsenen Mannes auf der rechten Seite, doch das Gesicht des anderen konnte er erkennen, und es war ihm vertraut. Der Bursche hieß Bower, Brower oder so.

    Er sollte sich zu erkennen geben, dachte Ferbin. Er sollte die anderen auf seine Präsenz hinweisen. Vielleicht wurde er bald König. Es wäre falsch und absurd gewesen, weiterhin im Verborgenen zu bleiben.
    Er beschloss, nur noch einen Moment länger zu warten. Er empfand es wie einen Instinkt, und sein Instinkt war dagegen gewesen, auf den Höhenzug zu reiten.
    Sein Vater öffnete die Augen, verzog schmerzerfüllt das Gesicht und tastete mit dem einen Arm nach der verletzten Seite. Der Arzt sah seinen Assistenten an, der daraufhin die Hand des Königs ergriff, vielleicht um ihn zu trösten. Aber bestimmt wollte er auch verhindern, dass Ferbins Vater die Wunde berührte. Der Doktor trat mit Schere und Zange zu seinem Helfer, schnitt durch Stoff und zog Rüstungsteile beiseite.
    »Mertis«, brachte der König mühsam hervor, ohne auf den Arzt zu achten. Er streckte die freie Hand aus. Seine Stimme, normalerweise streng und stark, klang so schwach wie die eines Kinds.
    »Hier«, sagte tyl Loesp, ging zum König und nahm seine Hand.
    »Haben wir den Sieg errungen, Mertis?«
    Der andere Mann sah zu den übrigen Anwesenden. »Ja, wir haben gesiegt, Herr«, erwiderte er. »Die Schlacht ist gewonnen. Die Deldeyn haben kapituliert, nur unter der Bedingung, dass das Massaker aufhört und sie ehrenhaft behandelt werden. Bisher sind wir damit einverstanden gewesen. Die Neunte und all das, was sie enthält, liegt offen vor uns.«
    Der König lächelte, und Ferbin fühlte Erleichterung. Es schien alles gut gegangen zu sein. Er sollte sich jetzt besser
zeigen und holte tief Luft, um zu den Männern unten zu sprechen.
    »Und Ferbin?«, fragte der König. Ferbin erstarrte. Was war mit ihm?
    »Tot«, sagte tyl Loesp. Ferbin fand, dass es den Worten an Gram und Anteilnahme mangelte. Jemand mit weniger Nachsicht als er hätte vielleicht so etwas wie Genugtuung darin gehört.
    »Tot?«, jammerte der König, und Ferbin fühlte, wie seine eigenen Augen feucht wurden. Er musste seinen leidenden Vater jetzt wissen lassen, dass der zweitälteste Sohn noch lebte, ob er nach Scheiße roch oder nicht.
    »Ja«, sagte tyl Loesp und beugte sich über den König. »Der eitle und dumme verzogene Mistkerl wurde kurz nach Mittag auf dem Cherien-Kamm von einem Artilleriegeschoss zerfetzt. Ein großer Verlust für seine Schneider, Juweliere und Gläubiger, nehme ich an. Was wichtigere Leute betrifft …«
    Der König ächzte. »Loesp? Was sagst du da …?«
    »Wir sind uns hier alle einig, nicht wahr?«, entgegnete tyl Loesp glatt. Er ignorierte den König – den König! – und musterte die anderen Männer nacheinander.
    Stimmen brummten zustimmend. »Du nicht,

Weitere Kostenlose Bücher