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Die Sphaeren

Die Sphaeren

Titel: Die Sphaeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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Priester, aber das spielt keine Rolle«, sagte tyl Loesp zu dem heiligen Mann. »Lies ruhig weiter.« Der Priester kam der Aufforderung nach, die Augen noch größer als vorher. Der Assistent des Arztes sah den König an und wandte sich dann wieder an den Doktor, der seinen Blick erwiderte.
    »Loesp!«, rief der König, und etwas von seiner alten Autorität kehrte in die Stimme zurück. »Was meinst du mit dieser
Unverschämtheit? Und meinem armen Kind gegenüber … Welche Ungeheuerlichkeit …«
    »Ach, sei still.« Tyl Loesp legte den Helm auf den Boden, beugte sich noch weiter vor und stützte die in einem Kettenhemd steckenden Ellenbogen auf die gepanzerte Brust des Königs. Es war eine solche Respektlosigkeit, dass Ferbin fast noch schockierter war als von dem zuvor Gehörten. Das Gesicht des Königs wurde zu einer Grimasse, als ihm Loesps Gewicht die Luft aus den Lungen presste. Ferbin glaubte, ein gurgelndes Geräusch zu hören. Unterdessen war der Doktor damit fertig, die Wunde in der Seite freizulegen.
    »Ich meine, das feige kleine Arschloch ist tot, du alter Narr«, sagte tyl Loesp und sprach so zu seinem Herrn und Meister, als wäre er nichts weiter als ein Bettler. »Oder er wird es bald sein, wenn er durch irgendein Wunder mit dem Leben davongekommen ist. Ich glaube, den anderen Jungen verschone ich vorerst, in meiner Eigenschaft als Regent. Allerdings wird der arme, stille und gelehrsame kleine Oramen nicht die Thronfolge antreten. Es heißt, er ist an Mathematik interessiert. Ich bin es nicht, abgesehen von dem Teil, der die Flugbahn eines Geschosses betrifft, aber wenn ich seine Chancen berechne, den nächsten Geburtstag und damit die Volljährigkeit zu erreichen … Ich fürchte, sie sind umso geringer, je näher das Ereignis rückt.«
    »Was?« Der König schnappte nach Luft und keuchte. »Loesp! Um Himmels willen, hab Mitleid mit …«
    »Nein«, sagte tyl Loesp und drückte noch mehr auf die Rüstung. Ein Stöhnen kam von den Lippen des Königs. »Kein Mitleid, mein lieber, dummer alter Krieger. Du hast deinen Teil geleistet und deinen Krieg gewonnen. Das ist Monument
und Epitaph genug, und damit geht deine Zeit zu Ende. Nein, kein Mitleid. Ich werde anordnen, alle Gefangenen erbarmungslos zu töten und die Neunte mit aller Härte zu erobern, auf dass Gossen, Flüsse – meinetwegen auch Wasserräder – voller Blut sind. Und das Geschrei, möchte ich meinen, wird grässlich sein. Alles in deinem Namen, tapferer König. Um dich zu rächen. Und auch deine dämlichen Söhne.« Tyl Loesp brachte sein Gesicht ganz nahe an das des Königs heran und rief: »Das Spiel ist aus, alter Sack! Es war immer größer, als du geahnt hast!« Er richtete sich auf, indem er sich von der Brust des Königs abstieß, der daraufhin erneut stöhnte. Tyl Loesp nickte dem Arzt zu. Der Mann schluckte sichtlich, nahm ein medizinisches Instrument und schob es tief in die Wunde des Königs. Ferbins Vater erbebte am ganzen Leib und schrie.
    »Ihr Verräter und feigen Mistkerle!«, stieß der König hervor, als der Arzt einen Schritt zurückwich, das Gesicht grau. Blut tropfte von dem Instrument. »Will mir niemand helfen? Verräter, ihr alle! Ihr ermordet euren König!«
    Tyl Loesp schüttelte den Kopf, starrte auf den zuckenden König hinab und sah dann den Arzt an. »Sie gehen Ihrem Beruf zu gewissenhaft nach.« Er trat auf die andere Seite des Königs, der schwach nach ihm schlug. Als tyl Loesp an ihm vorbeikam, streckte der Priester die Hand aus und griff nach der Manschette des Adligen. Tyl Loesp blickte ruhig auf die Hand an seinem Unterarm.
    »Sir«, sagte der Priester heiser. »Dies ist zu viel, Sir. Es ist … falsch.«
    Tyl Loesp sah ihm in die Augen und dann wieder auf die Hand, bis der Priester ihn losließ. »Misch dich nicht in Dinge
ein, die dich nichts angehen, Schwätzer«, sagte er. »Kehr zu deinen Worten zurück.«
    Der Priester schluckte, senkte den Blick und konzentrierte sich wieder auf sein Buch. Die Lippen bewegten sich, aber diesmal las er völlig lautlos.
    Tyl Loesp ging um die auf Böcken ruhende Tür herum, schob den Arzt fort und blieb an der anderen Seite des Königs stehen. Er bückte sich ein wenig und betrachtete die Verletzung. »Eine tödliche Wunde, in der Tat, Herr«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Du hättest den Zaubertrank unseres Freundes Hyrlis nehmen sollen. Ich hätte das getan.« Er stieß eine Hand in die Seite des Königs, und der Arm verschwand fast bis zum Ellenbogen in

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