Die Spiele des Computer-Killers
Kissen zurücksinken. Ohne meine Zustimmung. Es hat keinen Sinn mehr, zu schreien, dachte ich. Meine Bewußtlosigkeit war ihm zupaßgekommen und hatte mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Sollte mir einer noch mal einen Vortrag über den Dämon Alkohol halten; ich würde ihn daran erinnern ,daß David immer nüchtern war. Ich würde ihn am Reden halten müssen. Bis zu einem gewissen Grad konnte ich auch mit ihm sprechen.
»Hat’s dir Spaß gemacht?« fragte ich.
»Es war okay.«
»Bloß okay?«
»Dein Haar. Deine Haut. Es ist nicht das gleiche.«
»Es gefällt dir nicht?«
»Nicht so gut.«
»Wovor hast du Angst? Vor der Dunkelheit?«
»Vor ihr.«
»Wieso?«
»Sie hat mich geliebt.«
»Ich weiß. Sie hat ein Vermögen und ihren Ruf riskiert, um mich wie eine Idiotin aussehen zu lassen. Weshalb macht dir das Angst?«
»Ich hab’s dir schon mal gesagt, es ist zu gefährlich.«
»Verstehe ich nicht.«
»Liebe läßt die Leute herein. Da können sie dich vernichten. Du liebst mich nicht. Ich liebe dich nicht. Aber wir passen zusammen. Das ist vollkommen.«
»Ich habe mit ihr gesprochen. Sie will mich verletzen, nicht dich.«
»Du verstehst das nicht. Ich habe sie zu dir gemacht.«
»Was soll das heißen?«
»In der Maschine. Es war alles in Ordnung, bis sie herausfand, wer du wirklich warst. Ich wußte nicht, daß sie es wußte.«
Ich bekam allmählich Mitgefühl für Julie Jones. Man muß schon ein echtes Dreckschwein sein, wenn man seine Frau verkleidet, um seinen Fantasien über seine Geliebte nachzugehen. Er hatte sie gedemütigt. Sie hatte sich seinen Grillen geopfert, und er hatte sie betrogen, ohne das Zimmer zu verlassen. Ohne ihre Zustimmung. Ohne Zustimmung. O Gott, wieso hatte er mich nicht in Ruhe lassen können?
»Ich dachte, du hättest schon öfter Affären gehabt?« sagte ich.
»Hab’ ich auch. Aber das lief immer in eine Richtung. Ich konnte für sie da sein, aber ich konnte nie ich selbst sein. Es war eine Erleichterung, zu ihr zurückzukehren.«
»Sie hat mir gesagt, du hättest sie veranlaßt, Videoaufnahmen von mir zu machen und diese Disketten zu fabrizieren.«
»Das stimmt nicht. Nein. Sie hat es getan, um mich lächerlich zu machen. Ich hätte ihr nie das Recht geben sollen, mich zu kennen. Sie hat gegen die Regeln verstoßen.«
»Ich dachte, das hättest du getan.«
»Nein.«
Ich drehte ihm den Rücken zu und lehnte mich aus dem Bett, um nach meiner Handtasche und meinen Zigaretten zu suchen. Mein Kopf fühlte sich an, als wollte er auf den Teppich hinunterfallen und unter den Kleiderschrank kullern. Die Beziehung dieser beiden war so komplex und fragil wie ein Paarungstanz zweier Giftspinnen: Eine falsche Bewegung und es war Essenszeit. Ich nahm einen langen Zug von meiner Zigarette — vermutlich konnte man sagen, die »Zigarette danach«. Er war in Schweigen versunken und blickte starr über die Buckel und Berge meines Oberbetts. Ich stemmte mich auf einem Ellbogen hoch, legte den Kopf auf die Hand und betrachtete seine verschwommene, halb beleuchtete Gestalt neben mir. Er hatte einen Bluterguß auf der einen Wange, unter dem Auge, und seine Nase war angeschwollen. Ohne seine Brille gaben seine kurzsichtigen blauen Augen ihm einen Anschein von Verwundbarkeit, und das war er auch: verwundbar durch lauter Dinge, gegen die ich geschützt war. Er hatte sich einen Panzer dagegen aufbauen müssen — eine Gefühllosigkeit, die ihn schützte, wie eine Industriebrille das feuchte, entblößte Gewebe des menschlichen Auges vor umherschießenden heißen Metallsplittern schützte.
»Kannst du niemanden vertrauen, David?« fragte ich.
»Ich vertraue dir.«
»Um Gottes willen, warum?«
»Wir passen zusammen. Dir ist nicht klar, wie gut wir zusammenpassen. Julie hat es begriffen, und deshalb habe ich Angst. Es war falsch, daß ich es ihr gezeigt habe. Es war ein Fehler, daß ich sie hereingelassen habe.«
»Was hast du ihr gezeigt?«
»Mich.«
Ich wartete eine Weile, bevor ich wieder etwas sagte. Sie war verrückt. Er war verrückt. Er glaubte, er sei in Gefahr, aber wie groß war die Gefahr, in der ich selbst war? Ich war kaum ihre beste Freundin. Das war die Bedrohung Nummer eins, kurzfristig gesehen. Er hatte sich mir mehr als offenbart: Das empfand er als Bedrohung gegen sich selbst. Bedrohung Nummer zwei, langfristig. Nonchalant schnippte ich Zigarettenasche in eine alte Aluschale auf meinem Nachttisch und wünschte, ich wüßte den Namen seiner Ärztin.
»Sag
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