Die Spiele des Computer-Killers
nahmen an der Untersuchungsverhandlung nicht teil. Vielleicht wollten sie nicht hören, wie ihr strahlendes, erfolgreiches Mädchen gestorben war: in einem verdrahteten Overall, an einen Computer angeschlossen. Der Tod war durch Erwürgen eingetreten, und es war nicht der getürkte Anblick eines digitalisierten Videos, keine harmlose Sex-Übung in einem künstlichen Universum, kein gespieltes Gewürge auf einem Hotelbett. Das hier war echt: Ächzen, Keuchen, brennende Atemnot, qualvolles Zappeln und ein dauerhaftes Mal aus häßlichen kleinen Blutergüssen.
Der Druck-Feedback-Mechanismus des Computers hatte versagt — oder, besser gesagt, er hatte zu gut funktioniert. Die Luftkammern im Gewebe des Anzugs hatten sich über ihre Parameter hinaus gefüllt, ihr die Kehle zugedrückt und immer fester gepreßt, bis sie keine Luft mehr bekommen hatte. Die Realität des Todes war aus einem Computerraum entsprungen wie ein Pilz in einem Hexenring, über Nacht.
Die Polizei hatte David und mich vernommen, aber unsere Geheimnisse waren nicht enthüllt worden. Wir hatten ein Verhältnis, das war alles. Wir waren meilenweit weg gewesen, und sie war allein. Der Anzug war nicht defekt. Niemand hatte sich daran zu schaffen gemacht. Hardware und Software hatten sich normal verhalten. Das System war so angelegt, daß es extremen Anforderungen gewachsen war, und der Computer sandte und empfing Anweisungen aus der virtuellen Welt und aus den Sensoren des Anzugs. Es war dem Benutzer überlassen, die gewünschten Parameter einzustellen, und es stand außer Frage, daß Julie als erfahrene Benutzerin das auch getan hatte.
Warren hatte in der Zeitung davon gelesen und es im Fernsehen gesehen. Bei all dem Trubel hatte ich es fast eine Woche nicht geschafft, ihn zu besuchen, und er war alles andere als verständnisvoll.
»Nach allem, was passiert ist zwischen dir und ihm, zwischen dir und mir, schläfst du mit diesem Scheißtyp?« fragte er und hielt sich die Brust. Sie hatten den Schlauch herausgezogen und eine Naht an der Seite hinterlassen, aber seine Rippen waren noch nicht verheilt und taten weh. Und der Krach, den wir jetzt hatten, half natürlich auch nicht.
»Ich habe dir gesagt, was ich ihnen gesagt habe. Ich habe nicht mit ihm geschlafen. Ich hatte ein paar getrunken, aber beim Weglaufen bin ich auf den Kopf gefallen. Als ich wieder zu mir kam, lagen wir da.«
Warren verzog das Gesicht zu einem albernen Grinsen und äffte mich nach. »Es war alles nur ein Traum, Officer... Ich bitte dich! Was glaubst du, was das hier ist? Dallas, verdammt noch mal?«
»Ich war hier. Ich bin gegangen. Ich hab’ ein paar getrunken. Ich bin nach Hause gegangen — und da war er. Als ich vor ihm wegrannte, hab’ ich mir den Kopf angeschlagen. Das ist die Wahrheit.«
»Ach ja? Und wieso hast du nicht die ganze Scheißbude zusammengekreischt, als du aufwachtest und er sich an dich kuschelte? Wieso hast du den Bullen nicht erzählt, daß er dir ‘ne Heidenangst einjagt? Daß er dir gern die Hände um den Hals legt und zudrückt, wie jetzt bei ihr?«
»Findest du es nicht schlimm genug, daß er bei mir war, als sie starb, Herrgott nochmal? Wenn er seine Frau umgebracht hat, dann hat er es nicht mit bloßen Händen getan. Ich weiß nicht, was er mit seinen Händen getan hat. Er hat mich vergewaltigt, Warren. Das konnte ich niemandem sagen. Aber das hat er getan. Er hat mich vergewaltigt.«
»Du liebst das, nicht? Sein krankhaftes Zeug.«
»Oh, danke.«
»Wirst du ihn decken?«
»Hör mal, niemand weiß, was passiert ist. Am Anzug und am Computer wurde keine Manipulation vorgenommen, die sie nicht selbst vorgenommen haben oder die nicht zufällig geschehen sein könnte. Sie hätte den Anzug vorher prüfen müssen.«
»Hast du das etwa getan? Ich jedenfalls nicht, verdammt« sagte er.
Unsere Stimmen erfüllten das Zimmer, und Warren humpelte umher und suchte Platz für all seine Wut und Frustration. Als er sich mir zuwandte, waren seine Augen fest geschlossen. »Er hat sie reingelegt, du blöde Ziege. Er hat sie reingelegt.«
Das Gebrüll ließ ihn husten und prusten, aber als ich hinlief, um ihn zu stützen, stieß er mich weg.
»Meine Güte, man könnte denken, ich hätte sie umgebracht«, sagte ich.
»Du hast dabei geholfen.«
Ich wollte ihm ins ohnehin schon ramponierte Gesicht schlagen, aber er fing meinen Arm auf. Keuchend standen wir einander gegenüber, wie zwei Boxer, die sich zwischen zwei blutigen Attacken ausruhen. Es kam
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