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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Huelsmann
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der   Schwärze der Nacht verschwunden. Johann lag noch einen Moment wie benommen auf dem Boden bis er sich langsam auf die Ellenbogen stütze und schließlich aufrichtete. Hatte er das nur geträumt? Er fegte Laub von seiner Kleidung.
    Hat mir mein Gewissen einen Streich gespielt?
    Er betastete seinen Hals. Er schmerzte.
    Nein, das war Wirklichkeit.
    Er drehte sich zum Kloster und ging langsam auf das schwache Licht zu, das aus dem Türspalt nach draußen fiel. Benommen schlich er wieder hinein. Er versuchte zu verstehen, und doch passte einiges in seinem Kopf nicht mehr zusammen.
    „ Dietrich? Dietrich?“ die Stimme des Abtes rief Johanns Namen wie durch Nebel. Er war wieder in dem Speisesaal angekommen und sah, wie der alte Mann auf seinen Schritt verwies. Das Gürtel hing noch locker um die Hüfte. Der Rock war nass.
    „ Mir scheint, mein Neffe, es war des Bieres wohl genug für diesen Abend.“
    Johann ließ sich wieder auf seine Bank sinken.
    „ Du bist ja ganz schmutzig.“
    „ Ja, ausgerutscht auf dem nassen Boden.“, Johann sah hoch und versuchte verlegen zu grinsen.
    „ Hm, ausgerutscht.“, brummte der Abt und erhob sich nun seinerseits. „Vielleicht ist es ja auch genug geredet.“, fügte er hinzu. Er dachte wohl, Johann wäre zu betrunken, um noch sicher und gerade zu gehen. „Ich sehne mich nach der Stille des Gebets. Er ist Zeit, für mich das Gespräch mit Gott zu suchen und in seinem Rhythmus Ruhe zu finden. Hast du den Rhythmus des Schöpfers schon einmal vernommen, Dietrich?“ Der Abt schien das Thema ein letztes Mal an diesem Abend wechseln zu wollen. „Er ist tief in dir und begleitet dich dein ganzes Leben, wie ein ruhiger Paukentakt. Papam. Papam.“, der Abt klopfte lautmalerisch seinen Herzschlag auf den Tisch, als er sich langsam erhob.
    Johann sah ihn an und dachte nur, mein Herz hämmert eher Tatatatatam. Der nächtliche Überfall hatte ihn vollends aus der Bahn geworfen. Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Sollte der Abt doch lieber denken, dass er nicht viel vertrug und dass ihm der Gerstensaft zu Kopf gestiegen war. Er erhob sich ebenfalls.
    „ Weißt du, Dietrich, Stille ist ein wahrer Luxus, den ich mehr und mehr schätze, je älter ich werde. Habito mecum, ergo habito deocum. Und im tiefsten Schweigen spricht Gott zu mir.“
    Johann musste nun wirklich lächeln, dachte an den redseligen Novizen vom Nachmittag und an seinen nicht minder gesprächigen Abt und für einen Moment waren der tote Plettenberger, seine zukünftige Braut und der nächtliche Überfall vergessen. Er bemerkte, dass er den alten Mann mochte. Der Abt hatte den Abend geredet und geredet. Kein Wunder, dass er sich nach Stille sehnte. Auch Johann war müde, aber er fürchtete sich vor der Stille seiner Kammer in dieser Nacht. Er würde keinen Schlaf bekommen.
     
    Johann fiel. Dann schwebte er. Wie lange, konnte er nicht sagen. Augenblicke. Vielleicht. Johann verließ langsam aufsteigend den Boden, auf den sein Körper geprallt war. Eine eigenartige Leichtigkeit umfing ihn. Eine Leichtigkeit, die er nur als Kind gekannt hatte. Eine, wie sie im Vergessen aller Sorgen und in der Vergebung aller Sünden lag. Beinah körperlos fühlte sich Johann. Dann kam der Schmerz in seinen Kopf. So heftig, dass Johann nicht sagen konnte, aus welcher Richtung er kam. Totale Verwirrung wirbelte seine Gedanken durcheinander. Dann wurde der Schmerz deutlicher, beißender und noch lauter in seinem Kopf. Aber es war nicht sein Kopf, der ihn schmerzte, es war eine andere Stelle. Johann tastete in seinem gedanklichen Schmerz seine Arme, seine Beine und seinen Torso ab. In seiner rechten Seite klaffte ein Loch. Groß genug, dass seine Seele dadurch entweichen konnte. Dann war der Schmerz wieder der Leichtigkeit gewichen und Johann schwebte wieder. Dort war ein Licht. Heller als er sich die Sonne in Erinnerung rufen konnte. Doch er musste seine Augen nicht vor den blenden Strahlen verschließen. Seltsamer Weise glaubt er, auf das Licht zu zuschweben. Doch halt, das Licht kam auf ihn zu. Er selbst bewegte sich nicht. Wie Finger öffneten sich die Strahlen vor Johanns Gesicht und aus dem Weiß und Gelb des Lichtes erhob sich aus weichen Formen ein gütiges Frauengesicht. Johann lächelte. Dies war die Jungfrau Maria, bereit ihn in die Ewigkeit zu geleiten. Zu den Formen gesellten sich nun Farben. Aus tiefblauen Augen schaute sie Johann an. Sein Blick wiederum sog ihre Gesichtszüge in sich auf. Die spitz zulaufende Nase

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